Saitek Renaissance

aus Schachcomputer.info Wiki, der freien Schachcomputer-Wissensdatenbank
Saitek Renaissance (Art.512)
Hersteller Saitek
Markteinführung 1989
Programmierer Kaplan, Julio & Barnes, Craig
Prozessor HD6301Y0 (SX5A & SX8A) or HD6303Y
Prozessortyp 8 Bit, Singlechip
Takt 10 MHz (2.5 MHz internal)
RAM 8 KB
ROM 32 KB (internal ROM of MCU disabled)
Bibliothek 5.000 Halbzüge
Einführungspreis 1198 DM (600 €)
CElo 1602
Module Sparc, Brute Force, Analyst, Maestro
Rechentiefe
BT-2450 -
BT-2630 -
Colditz -
Verwandt SciSys Turbo S-24K, Leonardo
Zugeingabe Magnetsensoren
Zugausgabe 81 Feld-LEDs
Display LCD-Schachbrett
Stromversorgung Batterie = 4 x C, Netz = 9V / 300 mA
Spielstufen 32
Maße 52 x 52 x 5,4 cm / Spielfläche 38 cm / Feldgröße 4,8 cm / Königshöhe 95 mm
Sonstiges
Durch offene Systemarchitektur (OSA) Anschluss an PC möglich: OSA for Arena oder (INCHECK). Durch zusätzliche Module lässt sich die Spielstärke auf ca. 2200 Elo erhöhen.

1989 wurde der Renaissance auf der Nürnberger Spielzeugmesse als neues Flaggschiff und ganzer Stolz des Unternehmens Saitek vorgestellt. Auf dem "fortschrittlichsten Schachcomputer der Welt" (Firmenspruch) lässt sich wirklich gut spielen, dank dem ausgereiften "Blitzbrett", das jeden noch so schnellen Schlagzug erkennt, sowie den 81-Feld-LEDs.

Das Renaissancebrett ist, wie auch schon der Leonardo bzw. Galileo, vergleichbar mit der modularen Serie von Hegener & Glaser (Mephisto). Im Vergleich zu den seelenlosen Mephistobrettern, handelt es sich bei der Modularen Serie von Saitek, um vollwertige Schachcomputer, d.h. in den verschiedenen Brettern ist bereits ein Grundprogramm enthalten.

Mit 52 x 52 cm (Spielfeld 38 x 38 cm) besitzt der Renaissance ein äußerst großzügiges Edelholzbrett, das zusätzlich ein kleines LCD-Schachbrett beherbergt. Dieses kann zur Stellungsüberprüfung genutzt werden, Hauptvarianten optisch vorführen oder ganze Partien automatisch vor- und zurückspielen. In punkto Bedienungskomfort läßt der Renaissance keinen Wunsch offen: ein 16-stelliges Display, das mit einer Taste direkt gesteuert werden kann, zeigt die Hauptvariante, Bewertungen, Knoten, Zeiten und noch vieles andere mehr an. Er besitzt vier versenkte, aber gut sichtbare LEDs in jeder Feldecke, was dem Auge sehr zur Hilfe kommt. Desweiteren kann er mittels eines Interfaces an einen PC angeschlossen werden, was seine Einsatzmöglichkeiten noch einmal beträchtlich erhöht.

Da seine empfindlichen Magnetsensoren (Blitzbrett) auch nicht ganz sauber ausgeführte Figurenbewegungen registrieren, ist er aus technischer Sicht vorzüglich für Blitz- und Schnellpartien geeignet. Doch das eingebaute Schachprogramm des Renaissance steht leider im krassen Gegensatz zur fantastischen Ausstattung und besitzt eine für seine Preisklasse völlig unzumutbare Spielstärke. Glücklicherweise kann er wegen der modularen Erweiterungsmöglichkeit problemlos aufgerüstet werden.

Auto-Analyse und TPA

Die neuen Funktionen des Kasparov Renaissance

Frederic Friedel (aus Computer Schach & Spiele / Heft 5 / Oktober-November 1989)

1986 brachte die Firma Saitek den Leonardo heraus, vor einem Jahr erschien der Galileo, eine kosmetisch überarbeitete Variante. Jetzt kommt aber ein neues Spitzengerät des Hongkonger Herstellers, das grundlegend überholt und weiterentwickelt wurde: der Kasparov Renaissance, laut Handbuch einer der fortschrittlichsten Schachcomputer der Weit". Frederic Friedet hat sich die Wundermaschine genauer angeschaut.

Am besten Sie kaufen sich einen kleinen Blumentisch, einen einfachen Trethocker oder etwas dergleichen. Ich habe in einem Möbelmarkt einen zierlichen Mini-Fernsehwagen mit Fächern und Rollen für unter hundert Mark gefunden. Der ist ganz ideal. Er verschwindet vollständig unter dem Rechner, und man hat Stauraum für Figuren, Netzteile, Verbindungskabel und anderes Zubehör. Eine eigenständige Schachstation neben dem Schreibtisch.

Über die Infrastruktur eines modernen turniergroßen Holzschachcomputers muss man sich schon Gedanken machen. Er kann nicht auf dem Wohn oder Esszimmertisch stehen, wenn Schach nicht der einzige Inhalt des Lebens ist. Wegpacken und bei Bedarf wieder aufbauen ist unerträglich. Wichtig, dass man eine Möglichkeit findet, den elektronischen Partner unauffällig aber immer spielbereit unterzubringen. Der Renaissance leistet durch seinen breiten Rand einen wichtigen Beitrag dazu: Dort kann man ganz vorzüglich die geschlagenen Figuren planieren. Der Computer belegt nicht einen Tisch, er ist selber der Schachtisch.

Einen ersten Blick auf das neue Spitzengerät von Saitek habe ich im vorletzten Heft geworfen. Damals hatte ich vermutet, dass weitaus mehr in diesem Rechner steckt, als ich ohne Anleitung herausfinden konnte. Als dann aus der Programmierwerkstatt von Julio Kaplan in Kalifornien eine Ergänzung zu den ursprünglichen Datenblättern eintraf, wurden meine schlimmsten Erwartungen übertroffen. Machen Sie sich auf eine lange, technisch detaillierte Beschreibung dieses ungewöhnlichen Rechners gefasst.

Der Renaissance gleicht in vielem seinen Vorgängern Leonardo und Galileo. Ich werde im Folgenden nicht extensiv auf Features eingehen, die allen dreien gemeinsam sind, auch nicht auf diejenigen, die heutzutage praktisch jeder anspruchsvolle Schachcomputer hat. Es geht in erster Linie um Unterschiede und Fortschritte. Wer also grundlegende Informationen vermisst, sollte vergangene Hefte von CSS konsultieren, wo zahlreiche Berichte über den Leonardo/Galileo zu finden sind. Andererseits werden Simultano-Besitzer einige der nun zu beschreibenden Features vielleicht bekannt vorkommen. Der Renaissance profitiert nämlich von der seit einem Jahr erprobten Technologie dieses Geräts, das wir in CSS 5/88 vorgestellt haben.

81 Dioden überlegen

Dass der Renaissance im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die eine karge X-Y-Koordinaten-Anzeige für die Züge hatten, und zu der Konkurrenz, die bei den besseren Modellen mit Leuchtdioden in jedem Feld aufwarten, nunmehr 81 versenkte Brettlämpchen hat, also je vier, die jedes Feld umgeben, habe ich bereits im vorletzten Heft erwähnt. Anfangs war mir das Saitek-System ein wenig suspekt, da ich nicht immer benachbarte VON-NACH-Felder in den ersten Millisekunden zweifelsfrei zu erkennen vermochte. Sollte die konventionelle Anzeige mit 64 Dioden überlegen sein? Eine Zeitlang schien das denkbar. Aber inzwischen schlägt das Herz eindeutig für die 81-Dioden-Anzeige, besonders da die LEDs so diskret an den Schnittpunkten der Felder zu verstecken sind.

Schon beim ersten Aufstellen der Figuren fällt ein weiterer Unterschied auf. Noch bevor alle Steine in der Grundstellung sind, ertönt schon das Neue Partie-Signal (tief-hoch tief-hoch). Diese Verbesserung" gegenüber Leonardo/Galileo - dort wird New Game erst ausgelöst, wenn alle Figuren auf der Grundreihe sind - macht den Neubeginn noch flexibler. Doch hier ist jemand ein bisschen zu klug gewesen. Warum das neue System in manchen Situationen von Nachteil ist, lesen Sie in der Meckerecke weiter unten.

Eine weitere Veränderung, wofür ein großer Dank an die Entwicklungsabteilung von Saitek geht, ist, dass man bei der Stellungseingabe nicht mehr das Brett auch physikalisch leerräumen muss. Man kann vielmehr, wie es sich für jeden anständigen Schachcomputer gehört, zunächst an der Stellung tüfteln, dann in den Eingabemodus gehen und die Figuren jeweils kurz anheben. Kaplan und Co. haben diese Veränderung beschlossen, als ich ihnen einmal eine komplizierte Mittelspielstellung auf dem ausgeschalteten Leo aufbaute. "Probiert mal, was er hier spielt", sagte ich. Julio musste die Stellung auf Papier notieren, die Figuren wegräumen und dann mit der Eingabe beginnen! "Schon gut, das ändern wir" versprach er mir mürrisch.

LCD-Bildschirm ala Simultano

LCD-Schachbrett

Der wichtigste Fortschritt gegenüber den Vorgängern - neben den 81 Brettlämpchen - ist aber der LCD-"Bildschirm" ala Simultano. Über dessen Verwendung für das Simultanspiel hatte ich mich seinerzeit mokiert (CSS 5/88, S.14 ff "Nette Funktion sucht erfindungsreichen Anwender"), da ich mir partout nicht vorstellen konnte, wie eine Simultanrunde gegen den Computer ausschauen könnte. Ansonsten sind die Annehmlichkeiten eines solchen LCD-Displays schon gewaltig: ständige Stellungskontrolle, Partiekommentare, Schachuhren, Stellungsbewertung, Suchtiefe, Knoten, Hauptvariante grafisch ausgeführt, und anderes mehr. Auch die Möglichkeit, eine laufende Partie in ihrer Genese auf dem LCD-Schachbrett zu verfolgen oder hinterher zu rekonstruieren, eine in der Bibliothek gespeicherte schnell nachzuspielen, ohne dabei die Figuren anfassen zu müssen, oder die komplette Lösung eines Schachproblems bereits nach dem ersten Zug auf dem LCD-Brett abzurufen, alles das kennt und schätzt man schon seit der Einführung des Simultano.

Auch die Tatsache, dass beim Anwählen einer der 64 Spielstufen die Zeiteinteilung angezeigt wird (z.B. "2:00 / 40 - 1:00 / 20" = 2 Stunden für die ersten 40 Züge, danach 1 Stunde für 20 Züge; "Probl L" = Problemstufe oder "Handi L 1" = Handicapstufe 1) und dadurch das ständige Nachblättern in der Bedienungsanleitung entfällt, ist nach wie vor positiv zu vermerken. Eine kleine Eigentümlichkeit in der Renaissance-Implementierung ist mir dabei aufgefallen: "0:05/99" heißt laut Handbuch 5 Minuten für die ganze Partie - klar: 99 wird als Konvention für "alle Züge" eingeführt. Man versteht danach "1:30 / 35 - 0:15 / 99" auf Anhieb: 1 h 30' für 35 Züge, dann 15 Minuten für alle restlichen. Aber "9:59 / 1" für die Analysestufe irritiert doch ein wenig. "9:99" für "unendliche Zeit" wäre für uns konzeptionell diffuse Menschen einleuchtender.

Die soeben genannten Vorteile des LCD-Bildschirms sind im Prinzip schon vom Simultano her bekannt. Ich war gespannt, welche neuen Verwendungen den Saitek-Leuten beim Renaissance eingefallen waren. Anfangs fand ich nur das eine: die ungeliebte Simultanfunktion war verschwunden. Das sollte der ganze Fortschritt sein?

Er war es nicht. Die neue Anleitung eröffnete eine Funktionsvielfalt, die ich allein unmöglich herausfinden konnte.

Beginnen wir mit dem Selbstspiel auf dem LCD-Schachbrett. Mit Function Play kann man den Renaissance veranlassen, von der augenblicklichen Brettstellung aus weiter gegen sich selbst zu spielen. Wichtig: Alle Züge werden auf dem LCD-Schachbrett ausgeführt. Auf der Holzspielfläche leuchten die Brettlämpchen, aber man braucht die Figuren nicht nachzuführen (man kann es, wenn man will). Natürlich lässt sich die Partie jederzeit unterbrechen und man kann gegen den Computer weiterspielen. Dann sind die Figuren auf dem Hauptbrett vorher zu korrigieren. Das geht sehr leicht mit Hilfe des LCD-Bretts, unterstützt, wenn man sie beachtet, durch die Info-Zeile darunter und durch die LEDs auf dem Schachbrett. LCD-Brett, "Setze wL auf g2" und Brettanzeige g2 - der Renaissance sichert sich dreifach gegen die Unzulänglichkeit von uns Menschen ab.

Das Selbstspiel ist von größter Nützlichkeit, weil damit ganz vorzüglich Stellungen zu analysieren sind. Man stellt eine hohe Spielstufe ein - eine Stunde pro Zug - und lässt den Renaissance über Nacht im Selbstspiel-Modus an der Aufgabe tüfteln. Am nächsten Morgen liegt eine wohldurchdachte Fortsetzung bereit, die man auf dem LCD-Brett schnell nachspielen kann.

Orthogonale Ansteuerung

Für solche Analysen auf dem LCD-Schachbrett, aber auch, wenn man einfach die laufende Partie oder eine aus der Bibliothek nachspielen will, gibt es etliche nützliche Hilfsmittel. Nachspielen von der kompletten Partie geschieht sehr einfach mit New Game (= Ausgangsstellung, aber die zuletzt gespielte Partie wird noch nicht gelöscht!), dann Analysis, +, +, +,... (= Züge auf dem LCD-Brett vorwärtsspielen, und mit -, -, -,... natürlich rückwärts). Um das alles noch bequemer zu machen, gibt es noch die Möglichkeit, Stellungen zu markieren, damit man sie später direkt anspringen kann. Wenn man beispielsweise in einer Partie das Gefühl hat, an einer kritischen Stelle angelangt zu sein, markiert man einfach (mit Function Setup) die Stellung und spielt seelenruhig weiter. Anschließend kann man beim Nachspielen der Partie mit Function + oder Function - zu den markierten Stellungen springen, und wenn es in der gewählten Richtung keine weiteren gibt, gelangt man zur Schluss- bzw. Ausgangsstellung.

Mir gefällt die Orthogonalität der Ansteuerung recht gut:

  • Setup = Stellung eingeben/verändern
  • Function Setup = Stellung markieren

Im Analysemodus:

  • +,+,+, = Züge vorwärts
  • -,-,-, = Züge zurück
  • Function + = nächste markierte Stellung
  • Function - = letzte markierte Stellung

Der Partiespeicher, den man von Leonardo, Galileo, Simultano, Corona, usw. her kennt, wurde beim Renaissance in gleicher Weise implementiert und arbeitet mit den neuen Nachspiel- und Analysefunktionen ausgezeichnet zusammen. Für diejenigen, die ihn nicht kennen, hier eine kurze Datenliste: 383 Speicherfächer für Eröffnungen, Partien oder Stellungen, insgesamt 5.120 Byte bei einem Byte pro Zug und 32 für eine Problemstellung. Gespeicherte Züge können auch zum Bestandteil der aktiven Eröffnungsbibliothek gemacht werden. Partien aus der Bibliothek kann man direkt laden oder nach Eingabe der Anfangszüge suchen lassen. Wichtig auch, dass die Stellungsmarkierungen nicht durch das Abspeichern verlorengehen.

Automatische Analyse

Für viele Anwender ist der Schachcomputer ein elektronischer Spielpartner, mit dem sie Partien spielen - und sonst nichts. Für den geplagten CSS-Redakteur, und insbesondere für den Autor dieser Zeilen, hat er leider schon lange aufgehört, das zu sein. Seine wichtigste Daseinsberechtigung ist viel-mehr, mir schachliche Dinge zu erläutern, Stellungen zu kontrollieren, Probleme zu lösen. Er muss die Nächte durcharbeiten, damit das Heft möglichst fehlerfrei bleibt.

Nicht zuletzt deshalb richtete ich im erwähnten Simultano-Bericht einen Appell an den Hersteller: "Kombinieren Sie doch das vollautomatische Spiel mit dem Simultanmodus, so dass man Partien oder Stellungen über Nacht analysieren lassen kann und am nächsten Tag gediegene Hauptvarianten präsentiert bekommt. Alle Fernschachspieler, Analytiker und Problemfreunde werden es Ihnen danken!" (CSS 5/88, S.17).

Man hat auf uns gehört. Das bilde ich mir jedenfalls ein, da ich weiß, dass Firmenchef Eric Winkler unsere Zeitschrift sehr sorgfältig liest (als Schweizer hat er diesbezüglich keine sprachlichen Schwierigkeiten) und alle Beanstandungen oder Vorschläge von Redakteuren und Lesern sofort an die jeweiligen Entwicklungsabteilungen weitergibt. Das Ergebnis heißt Terminal Position Analysis" (Schlussstellungsanalyse), kurz TPA. Diese Funktion macht den Renaissance zu einer Analysestation der absoluten Sonderklasse.

Die Handhabung ist recht einfach, wenn man einmal das Prinzip begriffen hat. Zunächst teilt man dem Rechner mit, welche Stellungen er analysieren soll. Das tut man, indem man sie mit der Tastensequenz Function Play (statt normalerweise Function+) im Partiespeicher ablegt. In der LCD-Anzeige erscheint "Lib-t" (statt nur "Lib" wie sonst). Alles andere bleibt gleich. Die Partie wird ganz normal abgespeichert, man kann sie wieder laden und nachspielen wie jede andere auch.

Nachdem nun eine oder mehrere Stellungen für die Auto-Analyse (TPA) gespeichert sind, schaltet man den Computer mit Function Library in den TPA-Modus. Das veranlasst den Renaissance, in seinem Speicher nach der ersten TPA-Partie zu suchen, diese zu laden, zur Schlussstellung zu springen und mit der Analyse zu beginnen. Mit TAB kommt man zur nächsten TPA-Stellung und kann durch wiederholtes Drücken dieser Taste alle TPA-Stellungen auf den LCD-Bildschirm bringen.

Bei der TPA-Analyse nimmt der Renaissance die Zeitvorgabe der eingestellten Spielstufe mal 60 (aus Sekunden werden daher Minuten, aus Minuten Stunden). Das ist durchaus sinnvoll, da die Analyse meist über Nacht mit langen Zeitvorgaben vorgenommen wird. Da einige Spielstufen (z.B. Turnierstufe mit mehreren Zeitabschnitten) sich nicht für die automatische Analyse eignen, schaltet der Renaissance, falls sie eingestellt waren, im TPA-Modus auf fünf Minuten pro Zug. Das geschieht alles, um zu verhindern, dass jemand durch Vergesslichkeit eine Nacht oder das Wochenende verliert: Man hat fünf Sekunden pro Zug eingestellt und alle zehn Stellungen waren bereits nach einer Stunde mit Matt zu Ende. Wer unbedingt die ursprünglichen Spielstufen verwenden möchte, muss diese einfach im TPA-Modus verstellen.


TPA und Auto-Play kombinieren

Wirklich spannend wird die Sache aber erst, wenn man die TPA-Analyse mit dem Selbstspiel-Modus kombiniert. Das geht so:

  • a.- Man speichert die Stellungen, die untersucht werden sollen, mit Function Play als TPA-Partien in der Bibliothek ab.
  • b.- Es wird eine passende Spielstufe gewählt, z.B. E4 = eine Minute pro Zug = 1 Stunde pro Zug im TPA-Modus.
  • c.- Man drückt Function Play, um den Selbstspiel-Modus einzuschalten.
  • d.- Mit Function Library wird die TPA-Funktion ge-startet.
  • e.- Sound beseitigt die stündlichen Piepser, die Familienmitglieder und Haustiere beunruhigen könnten.
  • f.- Mit Scroll stellt man noch eine passende LCD-Info-Anzeige (z.B. bester Zug, Bewertung und Suchtiefe) ein, wenn man ab und zu einen Blick auf das bislang Geleistete zu werfen gedenkt.


Aufgaben für Computer

Genauso bin ich an diesem Wochenende mit den fünf Stellungen aus Aufgaben für Mensch und Computer" verfahren. Als ich am Sonntagabend von einem Kurzurlaub zurückkehrte, hatte ich folgende Ergebnisse (mit eingesetztem Maestro D, 5 MHz, ohne Endspiel-ROM):

  • Aufgabe 1 (Romanowsky-Platz): korrekter Gewinnweg, nach meinen Notizen die Nebenvariante ab Zug 2 von Schwarz. Dennoch einwandfrei remis.
  • Aufgabe 2 (Reti): komplette Gewinnvariante mit optimaler Verteidigung von Schwarz.
  • Aufgabe 3 (Nosek): korrekte Hauptvariante - der Maestro wählte die 1...a2 Verteidigung für Schwarz und setzte für Weiß im 7. Zug matt.
  • Aufgabe 4 (KDKT): Der Rechner fand 1.Dg5+! Kb6? (Kc6!, -1) 2.Df6! Kb5! 3.Kb7! Te8? (Tdl!, -1) 4.Dc6+! Kb4 5.Dxe8 usw. Wie Sie erkennen können, ist die Gewinnführung durch zwei suboptimale schwarze Verteidigungszüge um zwei Züge verkürzt. Das kann wegen der etwas eingeengteren schwarzen Königsstellung nach der Turmeroberung vom Programm gewollt sein, also im Sinne einer beschleunigten Mattsetzung. Für die KDKT-Datenbank ist ganz schlicht Turmeroberung = Gewinn = Ende der Chose.
  • Aufgabe 5 (Hort-Sokolov): Gespeichert war 30. Tal? De2, was auch in der Partie geschah, und dann 31.Tel Dd3 32.Dxd3 Sxd3 33.Tal Txb3 34.Txa7 Tb6 35.Se4 f5 36.gxf5 Txf5 37.Ta8+ Kg7 usw. mit 1,74 Bauerneinheiten für Schwarz. Also kein Schimmer vom genialen Gewinn, der auch Vlastimil entgangen ist.

Nun weiß ich, dass das heute nicht die absolute Spitze der analytischen Kunst darstellt. Ich habe mindestens zwei Rechner, die alle fünf Aufgaben einwandfrei lösen, und zwar erheblich schneller als der Maestro D (der beste Analytiker unter ihnen findet den Hort-Gewinn in weniger als 15 Minuten!). Aber keiner von ihnen arbeitet für mich übers Wochenende, keinem kann ich fünf oder zehn Aufgaben geben, hinterher alle Ergebnisse abspeichern, sie über die serielle Schnittstelle zu meinem PC übertragen und das Ganze zu einem Artikel verarbeiten.

Brute-Force-Modul gewünscht

(Anmerkung: Das Saitek Brute Force-Modul erschien im Jahr 1992.)

Dennoch eine erste ernste Beschwerde und ein Appell an Winkler/Kaplan. Der Maestro D ist im reinen Partieschach, wie ich aus den Berichten von Dirk Frickenschmidt und anderen zweifelsfrei erkennen kann, ein sehr starkes Programm mit viel Schachverstand. Aber wir Analytiker brauchen auch ein extrem schnelles, taktisch absolut wasserdichtes Instrument, das der Maestro nicht ist. Geben Sie uns entweder die Möglichkeit, über besondere Spielstufen die Positionsheuristiken einzuschränken und dafür größere kombinatorische Tiefe zu bekommen, oder ein zusätzliches Brute-Force-Modul, das im wahrsten Sinne des Wortes alle Probleme löst.

Auch zum TPA-Modus gibt es einige Beanstandungen: In der laufenden TPA-Analyse habe ich noch keine Möglichkeit gefunden, die Zugnummer in die Anzeige zu bekommen - wünschenswert, weil man mit dieser Zahl am schnellsten erkennt, wieweit die Analyse gediehen ist. Andererseits ist es Sache von wenigen Tastendrucken, aus dem TPA-Modus auszusteigen, den Stand zu kontrollieren und dann wieder fortzusetzen. Schwieriger ist es, eine einmal durchgeführte Analyse zu wiederholen (z.B. auf einer anderen Spielstufe mit mehr Zeit), 'weil die vom Computer gefundene (und abgespeicherte) Fortsetzung nicht ohne weiteres von der Stammpartie oder Stellung zu löschen geht. Die TPA will immer weitermachen, nicht wiederholen. Und schließlich ist es ärgerlich, dass jede in der TPA untersuchte Stellung automatisch vom Rechner markiert wird. Die schönen Ansprungmöglichkeiten werden hinfällig, wenn alle Stellungen einer Zugfolge markiert sind.

Es kann natürlich sein, dass ich alle Feinheiten des Renaissance noch nicht kenne und dass es doch Lösungen für die obigen Probleme gibt. Ich muss sogar davon ausgehen, da mir folgendes widerfuhr: Ich habe mich in einem Fax an Kaplan & Co. darüber beschwert, dass man mit der TPA nicht eine Partie analysieren lassen kann. Das geht sehr wohl, faxte man zurück, und zwar sehr flexibel. Man spielt die Partie im Analyse-Modus nach und speichert jede Stellung, die untersuchungswürdig erscheint, als TPA-Stellung ab. Nach der TPA hat man dann eine schöne Hauptvariante und Bewertung für jede dieser Stellungen. Aha!

Doch wo wir gerade beim Meckern sind, will ich noch verraten, wie die eingangs erwähnte verbesserte New-Game-Funktion von Nachteil sein kann. Nehmen wir an, ich habe alle Figuren in der Ausgangsstellung, was ja durchaus der normale Aufbewahrungsmodus für den Computer ist. Nun lade ich eine Partie oder Stellung aus der Bibliothek - vielleicht den ersten TPA-Auftrag der vergangenen Nacht -, springe zur Schlussstellung und will diese auf das Hauptbrett übertragen. Das will der Renaissance auch, schon aus Prinzip, und sagt mir bereits, wie ich anfangen soll: "Clr h8", also den schwarzen Turm von H8 entfernen. Aber wehe ich fasse diese Figur an. Dann registriert der Renaissance plötzlich eine "Beinahe-Ausgangsstellung" und bricht die ganze Sache ab: Herrchen will offensichtlich doch nicht analysieren, sondern eine neue Partie beginnen! Ein Glück, dass er alles im Partiespeicher hält, sonst wäre die ganze Arbeit verloren. So ist der Fehler ganz harmlos und Abhilfe sehr einfach: Man entferne 4-5 Figuren, bevor man die Stellung lädt.

Parameter einstellen

Wie Sie vielleicht wissen, ist es eine sehr löbliche Eigenschaft von fast allen Saitek-Geräten, dass man sie jederzeit ohne Rücksicht auf die gerade ablaufende Tätigkeit ausschalten kann. Die gesamte Elektronik wird in den Tiefschlaf versetzt, beim Einschalten macht der Rechner weiter, als wäre nichts geschehen. Und wenn dazwischen ein Jahr liegt. Auch sämtliche Einstellungen - Spielstufe, Anzeige-Einstellung etc. bleiben erhalten. Wenn ich da an die zwei anderen denke, die stärker spielen und schneller analysieren - für die müssen die Stadtwerke eine lückenlose Stromversorgung garantieren. Bei einer Unterbrechung von einem Bruchteil von einer Sekunde, wozu auch das Ausschalten gehört, wird alles in den fabrikneuen Zustand zurückversetzt.

Die Annehmlichkeiten des Saitek-Systems wurde im Renaissance sehr viel weiter getrieben. Man kann Einstellungen und Parameter verändern, von denen man überhaupt nicht wusste, dass es sie gab. Mit der Tastenkombination Setup Info, Info, Info,... kann man sie in das Display rufen und mit "+" ggf. verändern. Folgende Einstellungen lassen sich beeinflussen:

Verzögerung im Selbstspiel-Modus - normalerweise zeigt der Computer jeden ausgeführten Zug auf dem LCD-Schachbrett drei Sekunden lang an. Das kann man ausschalten, damit es schneller geht.

Blinkende Zuganzeige im LCD-Bildschirm - beim Zurück- und Nachspielen von Zügen, wie auch bei der Hauptvariante auf dem LCD-Brett, springt die Figur des aktuellen Zuges hin und her. Das lässt sich ebenfalls abschalten. Die Figur geht direkt zum Zielfeld.

Turnier-Zeitkontrolle - normalerweise hält der Renaissance die internen Schachuhren an, sobald er einen Zug anzeigt, und erst nach dem Ausführen des Zuges auf dem großen Schachbrett wird die gegnerische Uhr in Gang gesetzt. Das kann zu einer Verlängerung der Gesamtzeit der Partie um einige Minuten führen (Bedienungszeit), was in formellen Turnierpartien womöglich zum Verlust führt. Schaltet man die Turnier- Zeitkontrolle ein, so lässt der Computer seine Uhr weiterlaufen, bis der Zug auf dem Schachbrett ausgeführt ist.

OSA-Version - zeigt die eingebaute OSA-Version des Gerätes an. Diese Einstellung lässt sich natürlich nur dadurch verändern, dass man neue Eproms vom Hersteller einsetzt. Aber es sieht ganz nach späterer Programmpflege aus.

Zusatzmodul - zeigt an, ob ein Programmodul (Maestro, Analyst) eingesetzt ist, und ob es mit dem Renaissance erfolgreich kommuniziert.

OSA-Sprache - hiermit kann man zwischen den Kommunikationssprachen Bosal, Mosal-A und Mosal-B schalten.

OSA-Protokoll - man kann zwischen Stream, Pause und Echo wählen. Das alles wird im OSA-Handbuch genauer erläutert.

Sprache - auch die menschliche Kommunikationssprache (für Befehle wie "Ziehen", "Vor", "Zurueck") ist wählbar: Englisch, Deutsch, Französisch, Holländisch, Spanisch, Italienisch oder Schwedisch. Was die Russen machen, weiß ich nicht.

Brett ein/aus - es ist manchmal sehr nützlich, wenn man das Sensorbrett abschaltet, etwa beim Selbstspiel, TPA-Analyse oder während der Kommunikation mit einem Personalcomputer.

Schreibweise der Notation - eine feine Sache! Man kann bestimmen, in welchem Format Züge an den Drucker oder PC geschickt werden sollen: Langnotation ("Tal-el"), Kurznotation ("Tel" oder ggf. "Tael"), mit oder ohne Zeitverbrauch für jeden Zug.

Übertragungsgeschwindigkeit - die serielle Kommunikation kann mit 110, 300, 1200 (voreingestellt), 2400, 4800 oder 9600 Bit/Sekunde (Baud) vorgenommen werden.

Zeilenvorschub nach Wagenrücklauf - falls Ihr Drucker das nicht tut, sendet der Renaissance einen Zeilenvorschub (LF) nach jedem Wagenrücklauf (CR).

Verzögerung nach Wagenrücklauf - bei manchen Druckern nötig, damit der Druckkopf wieder an den linken Rand fahren kann.

Wie gesagt, alle Einstellungen bleiben permanent erhalten, auch beim Batteriewechsel. Dabei muss man allerdings ein wenig aufpassen und die neuen schnell einsetzen, damit auch der Inhalt des Partiespeichers erhalten bleibt. Bei schwachen Batterien zeigt die Anzeige "B" und der Renaissance piepst regelmäßig, um einen zu warnen. Wenn man danach keine sehr ausgedehnten Partien mit Batteriestrom austrägt, hat man immer noch ca. einen Monat Zeit, bevor die letzten Speicherinhalte aufgegeben werden.

Auch ohne Diplom

Wir sind am Ende dieser technisch aufwendigen Beschreibung, und wer den Eindruck gewonnen hat, den Renaissance kann man nur mit einem Hochschulabschluss in Elektrotechnik oder Informatik betreiben, dem kann ich nur sagen, dass es auch eine andere Seite dieses Rechners gibt. Man kann nämlich auch die Klappe schließen und die gesamte Elektronik verschwinden lassen (das war ja auch die Philosophie des Leonardo). Dann hat man praktisch ein schönes Brett, das Schach spielt. Mein Sechsjähriger brauchte, nachdem er einmal gesehen hatte, wie ich den Computer einschaltete, überhaupt keine Instruktionen, um mit ihm wochenlang zu spielen. New Game erfolgt automatisch, und wenn man einen Zug zurücknimmt, begreift der Computer, was man will. Erst wenn man eine neue Spielstufe braucht, muss man vielleicht das Handbuch konsultieren. Es ist wie mit einer leistungsfähigen Textverarbeitung - sie kann unendlich viel, aber anfangs ist man mit den 10% der Funktionen, die man intuitiv begreift, vollkommen zufrieden. Und doch ist es beruhigend, die große Flexibilität und die gewaltigen Leistungsreserven im Hintergrund zu wissen.

Bilder - C Theodor Heinze


siehe auch

YouTube Video by Vince Gum