Saitek Conquistador

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Saitek Conquistador (Art.271)

Prospekt

Hersteller Saitek
Markteinführung 1988
CElo 1556 (Turnier) / 1613 (Aktiv)
Programmierer Kaplan, Julio, Barnes, Craig
Prozessor HD6301Y0 (rom G84)
Prozessortyp 8 Bit, Singlechip
Takt 12 Mhz (3 MHz internal)
RAM 256 Bytes
ROM 16 KB
Bibliothek 5000 Halbzüge
Einführungspreis 298 DM
Rechentiefe
BT-2450 1638
BT-2630
Colditz
Verwandt SciSys Astral, SciSys Turbo 16K
Zugeingabe Drucksensoren
Zugausgabe 16 Rand LEDs
Display 2 mal 4-stellige 7-Segment LCD Anzeige der Bedenkzeit
Stromversorgung Batterie = 4 x C, Netz = 9V (Plus innen), z.B. HGN5001
Spielstufen 17, incl. Handicap und Mattsuche (Level H)
Maße 41,8 x 28,3 x 3,9 cm
Sonstiges
8 Lehrpartien zur Einschätzung der Spielstärke, Schachlehrbuch
Level Info
Bedenkzeit Level
30 Sek. / Zug 6
30 Min. / Partie
60 Sek. / Zug 7
60 Min. / Partie
Turnier B
Analyse G

Im Gegensatz zu anderen Geräten berechnet dieser Schachcomputer in der Permanent Brain Phase nicht nur einen möglichen Gegenzug, sondern gleich drei. Wie seine programmverwandten Brüder ist er dadurch zu der von Saitek so benannten Sofortantwort fähig.

"Ein Trainingspartner für Hobbyspieler"

Frederic Friedel beschreibt den Saitek Conquistador (aus Computer Schach & Spiele / Heft 4 / August-September 1988)

Der Mark 12 war ein sehr erfolgreiches "Anfängergerät" der Firma Saitek. Im neuen Design, mit gesteigerter Spielstärke und zusätzlichen Lehrfunktionen kommt nun der Nachfolger auf den Markt.

"Conquistador" nennt sich der Neue, der erklärtermaßen als "Trainingspartner für Anfänger und Hobbyspieler die Freude am königlichen Spiel" zu steigern gedenkt (so die Bedienungsanleitung). Das geschieht nicht nur mit Hilfe der neuen Lehrfunktionen, die den unsicheren Novizen vor Drohungen und groben Fehlern warnt. Auch die acht festgespeicherten Lehrpartien bieten laut Anleitung "einzigartige Gelegenheit, die schönsten und lehrreichsten Partien der Schachgeschichte unmittelbar nachzuerleben". Das Gerät wird mit vier Mignonzellen betrieben, die 250 Stunden halten sollen. Das habe ich nicht im Dauerversuch überprüft, aber die mittelteuren (nicht-alkalischen) Batterien halten immer noch, obwohl der Computer über einen Monat lang quasi im Dauerbetrieb ungezählte Partien gegen Freunde und Kollegen ausgetragen hat. Womit wir gleich bei der praktischen Spielstärke-Einschätzung sind. Die beträgt nach meinen Ermittlungen 1509 Elo-Punkte. Woher ich das so genau weiß? Nun, das Spielprogramm ist mit dem des Turbo 16K identisch, und dieser Computer wird mit dieser Punktzahl in der schwedischen Elo-Liste geführt!

Aus der Sicht von eingefleischten Schachcomputer-Fans ist das gewiss ein sehr bescheidenes Ergebnis. Ich mache indes immer wieder die Erfahrung, dass der Normalverbraucher bereits hier recht deutlich seine Grenzen zu spüren bekommt. Was glauben Sie, wie viele Partien die Mitarbeiter einer großen Fernsehredaktion, wo der Conquistador einige Wochen verbrachte, für sich verbuchen konnten? Keine einzige! Ich musste ihnen die "Anfänger-Stufe" einschalten und einige simple Eröffnungsfallen verraten, bevor sich die ersten Erfolgserlebnisse ein-stellten.

Die insgesamt 17 Spielstufen des Conquistador sind geschickt unterteilt und umfassen neben der bereits erwähnten Anfänger-Stufe (0) auch solche für informelle Partien (1 Sekunde bis 3 Minuten pro Zug), Schnellschach (5 Minuten für die gesamte Partie, 10 Sekunden pro Zug), Turnierspiel (z.B. 40 Züge in zwei Stunden, danach 20 Züge pro Stunde), Analyse (unbegrenzt, mit PLAY unterbrechen) und Problemschach (der Computer spielt nur dann einen Zug aus, wenn er ein erzwungenes Matt gefunden hat). Der Wechsel der Spielstufen geht jederzeit, auch in der Rechenphase, sehr einfach mittels LEVEL (sooft drücken, bis die gewünschte Spielstufe durch die Randleuchten angezeigt wird).

Sofort-Züge

Eine interessante Einrichtung ist die von Saitek erfundene Mehrfach-Vorausberechnung, die auch bei diesem Gerät voll zum Tragen kommt. Auf den informellen Spielstufen stellt man immer wieder fest, dass der Computer so gut wie keine Bedenkzeit verbraucht, auch wenn man ihm ein großzügiges Pensum zugeteilt hat. Die Erklärung: Während der Bedenkzeit des Gegners berechnet das Programm gleich mehrere mögliche Fortsetzungen, anstatt nur die eine (nämlich die Hauptvariante der vorangegangenen Suche) unbegrenzt weit zu vertiefen. Entsprechend steigen die Chancen, dass er einen Treffer landet und den nächsten Zug sofort ausführen kann. Eine Unart der "Low-end"-Saitek-Computer ist indes geblieben: Die Schachuhren, die offensichtlich der Produktion eines Armbanduhren-Herstellers entstammen, beginnen die Zeitzählung bei 1:00. Das heißt, dass die Anzeige "2:10" nicht einen Zeitverbrauch von zwei Stunden und 10 Minuten signalisiert, sondern nur 70 Minuten (Interpretationshilfe der Anleitung: "10 Minuten in der zweiten Spielstunde"). Eine Notlösung aus der Gründerzeit, die allmählich abgestellt werden sollte. Positiv dagegen, dass die Zeiten " ebenso wie die Brettstellung und alle übrigen Parameter " beim Ausschalten des Geräts grundsätzlich immer erhalten bleiben. So kann man jederzeit, auch während der Rechenphase, getrost die STOP-Taste drücken, auch wenn nur eine kurze Unterbrechung zu erwarten ist.

Informationen vom Computer

Die Info-Anzeige ist karg aber gefällig: Mittels Randleuchten, die plötzlich gelb leuchten (normalerweise sind sie grün, bei der Zugrücknahme rot), wird zunächst der beste Zug angezeigt, sodann die Stellungsbewertung auf einer achtstufigen Skala. Eine einmal gewählte Info-Art bleibt auch für die folgenden Züge eingestellt " ja sogar für die nächste Partie und nach Unterbrechungen mit STOP. Man braucht also nicht jedes Mal die INFO-Anzeige per Tastendruck abzurufen. Die Stellungskontrolle (ebenfalls mit gelben Lämpchen) geht ähnlich einfach wie beim Vorgänger Mark 12: Figurentasten drücken, ggf. COLOR (= Farbwechsel), und die entsprechende Figurenart wird auf dem Brett angezeigt. Das kann jederzeit geschehen und braucht nicht mit irgendeiner Tastenfolge "abgeschlossen" zu werden (womit sicher der sonst übliche "Verify-Mode" endgültig aussterben wird). Ein gewaltiger Fortschritt ist die Möglichkeit, Stellungen einzugeben, was beim Mark 12 " man höre und staune " einfach nicht möglich war.

Die Hilfsstufen

Was tut ein Anfänger, wenn er seine Stirn in Falten legt und über einem Zug brütet. Entwickelt er einen Plan, um die gegnerische Bauernstruktur zu schwächen? Trachtet er nach einer dunkelfeldrigen Überlegenheit am Königsflügel? Oder will er bereits in ein vorteilhaftes Endspiel abwickeln? Nichts dergleichen " er versucht alle legalen Züge des soeben gezogenen gegnerischen Springers zu erzeugen, um festzustellen, ob dieser ihm "was anhaben kann". Anschließend spielt er noch einen optimistischen Angriffszug (e5, um "das Pferd zu verscheuchen") und übersieht dabei glatt LxD ("ach, die konnte er wegnehmen?!").

Wie kann man einem solchen Schachneuling helfen? Nach der Philosophie von Saitek mit einer "Blunder warning", eine wahlweise zuschaltbare Warnung vor allzu schlimmen Fehlern. Das funktioniert so: Auf der ersten Hilfsstufe (F) schlägt der Computer nicht freudig zu, wenn er sieht, dass der Gegner mit seinem letzten Zug Material verliert. Es gibt vielmehr einen Warnton und der nächste Computerzug wird mit den Brettlämpchen nur angedeutet. Man kann nun (ohne TAKE BACK zu drücken) den soeben gemachten Zug zurücknehmen und einen anderen spielen. Oder natürlich einfach den angezeigten Computerzug ausführen und weiterspielen (soll er beweisen, dass ich einen Fehler begangen habe!). Es gibt noch eine zweite Hilfsstufe (E). Hierbei warnt der Computer nicht nur vor Fehlern, wie gerade beschrieben, sondern zeigt darüber hinaus an, wenn eine Figur angegriffen ist " genauer gesagt, wenn sie von einer weniger wertvollen Figur des Gegners bedroht wird. Beide Hilfsfunktionen sind sehr nützlich und wurden von meinen Versuchskaninchen in der TV-Redaktion reichlich in Anspruch genommen.

Lehrreiche Partien

Doch nun zu den acht Lehrpartien, die im ROM-Speicher fest programmiert sind. Diese kann man mit Hilfe des Computers nachspielen, wobei er an den entscheidenden Stellen anhält und den Benutzer auffordert, den nächsten Zug zu erraten. Jede Partie hat acht solcher markierten Stellungen, so dass insgesamt 64 Schlüsselzüge zu erraten sind. Eine sehr intelligente Speicherausnutzung: Für die acht Partien und die 64 Übungsstellungen sind höchstens 1 KByte ROM erforderlich. Wenn man beim Nachspielen einer Partie eine Übungsstellung erreicht, hält der Computer an und erwartet einen Zug vom Benutzer. Ist dieser "richtig" (also der Zug, der in der historischen Partie geschah), spielt er sofort weiter, sonst gibt es eine Fehlermeldung. Man muss den Zug zurücknehmen und einen anderen versuchen. Ein ratloser Benutzer kann auch einfach PLAY drücken, wonach der Computer ihm zeigt, wie die Partie weiterging.

Natürlich kann man die Lehrpartie auch jederzeit verlassen und gegen den Computer weiterspielen, z.B. um zu sehen, ob man auf andere Weise gewinnen könnte. Doch hier zeigen sich die Grenzen des 16K-Programms: Die fehlende Spielstärke führt dazu, dass mitunter auch schlechte Züge für den Sieg ausreichen. Die typischen Fragen eines Anfängers ("warum kann Schwarz die Figur nicht einfach schlagen") werden indes recht zuverlässig beantwortet.

Bei den Lehrpartien gibt es eine Reihe von sinnvollen Bedienungsfunktionen, so z.B. das "Express takeback" (Schnellrücknahme), mit dem man zur letzten Übungsstellung zurückspringen kann, etwa wenn man mit verschiedenen Fortsetzungen experimentiert hat; oder das Laden einer beliebigen Übungsstellung über die Felder des Schachbretts (c4 = vierte Stellung der dritten Lehrpartie). Im ausführlichen Begleitbuch zu den Lehrpartien, das vom IM Elliot Winslow verfasst wurde, findet man jede Übungsstellung als Diagramm abgebildet, mit Hinweisen, die dem Benutzer bei der Lösung behilflich sein können. In diesem Begleitbuch sind die Partien unterhaltsam kommentiert, zu jeder gibt es noch eine kurze biographische Einleitung. Das Buch enthält auch ganz allgemeine Ratschläge zum Lernen mit dem Computer (das nennt man "CAL" für "Computer aided learning"), mit Kapiteln über Entwicklung, Königssicherheit, Zentrum, langschrittige Figuren, Macht der Bauern und die Eröffnung.

Beispiel einer Conquistador-Übungsstellung

Partie 4: Capablanca - Tanerov, New York 1910: 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.-?


Antwort: 4.0-0. Der Bauer wird indirekt verteidigt, denn wenn Schwarz nun schlägt (4...Sxe4), gewinnt Weiß mit 5.Tel oder 5.d4 (5...exd4? 6.Tel fesselt den Springer tödlich) den Bauern zurück. Da Weiß nicht mechanisch 4.Sc3 gespielt hat, kann er später d4 und c3 erwägen.

Einschätzung der Benutzer-Elo

Es gibt noch eine interessante Funktion: Während man die Lehrpartien nachspielt und die Schlüsselzüge zu erraten versucht, führt der Computer Buch über die Trefferquote. Jedes Mal, wenn der Benutzer den richtigen Zug findet, bekommt er Punkte auf sein "Konto", am meisten natürlich dann, wenn er es beim ersten Mal schafft (ob die Zeit eine Rolle spielt, habe ich nicht herausgefunden). Das Punktekonto bleibt im Speicher des Computers erhalten, auch wenn dieser ausgeschaltet wird. Nur wenn man die Batterien entfernt oder die ACL-Taste betätigt, wird der Speicher gelöscht.

Die "Wertung" erfährt man auf Anfrage (SET UP, LEVEL) über die Lämpchen auf der linken Brettseite. Für jede Kategorie gibt es noch eine Gewichtung durch die LEDs unterhalb des Brettes (1 =niedrig, 8= hoch). Das Begleitbuch gibt Auskunft darüber, wie jede Kategorie zu interpretieren ist, sowohl numerisch in Elo-Zahlen (1 = < 1000, Anfänger, 2 = 1000-1200, Amateur, 3 = 1200-1400, Schwacher Vereinsspieler, usw. bis 8 = > 2400, Starker IM, Großmeister) wie auch informell mit witzigen Umschreibungen. Beispiel: Erreicht man die höchste Punktzahl, so heißt es: "Sie sind entweder Garry Kasparov oder ein bekannter Internationaler Großmeister. Oder Sie haben ein enzyklopädisches Gedächtnis und kannten alle Partien bereits aus Büchern. Oder Sie haben geschummelt und die Antworten in den Partiekommentaren nachgelesen."

Apropos enzyklopädisches Gedächtnis: Einige Versuche mit starken Spielern haben tatsächlich gezeigt, dass Sie die meisten Partien auf Anhieb erkennen. Der indische Jungstar Anand schlug dabei alle Rekorde, als er Partie 7 nach einem einzigen Halbzug (1.b3) treffsicher als die Begegnung Larsen-Spassky, Belgrad 1970, UdSSR gegen den Rest der Welt, identifizieren (und natürlich alle Züge fehlerfrei herunterbeten) konnte.