SciSys Intelligent Chess

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SciSys Intelligent Chess

Copyright Thorsten Czub

Hersteller SciSys
Markteinführung 1980
CElo 1179
Programmierer Johnson, Mike & Levy, David & O'Connell, Kevin
Prozessor 6502
Prozessortyp 8 Bit
Takt 2 MHz
RAM 1 KB
ROM 8 KB
Bibliothek 800 Halbzüge
Einführungspreis 890 DM (445 €)
Rechentiefe
BT-2450
BT-2630
Colditz
Verwandt
Zugeingabe Tasten
Zugausgabe Display + Fernsehgerät
Display 4-stellige 7-Segment Anzeige (LED)
Stromversorgung 8,8V / 1,3A
Spielstufen 13
Maße 42.9 x 24.7 x 8.3 cm
Sonstiges
- eingebauten Kassettenrekorder, der es ermöglicht, jede gegen den Computer ausgetragene Partie auf Tonkassetten aufzuzeichnen / Anschluss an TV möglich
Prospekt

Bei dem von der englischen Firma Intelligent Games Limited vertriebenen und vom Internationalen Schachmeister David Levy entwickelten Heimschachcomputer Intelligent Chess handelte es sich um ein außergewöhnliches Gerät, das verschiedene Eigenschaften besaß, über die kein anderes der auf dem Markt befindlichen Konkurrenzfabrikate verfügte. Erhältlich war es ab Spätsommer 1980 in den großen Kaufhäusern zu einem Preis von unter 900,- DM.

Intelligent Chess besitzt 13 wählbare Spielstufen, die pro Zug eine mittlere Bedenkzeit von 10 Sekunden bis 2 Stunden aufweisen. Vier zusätzliche Problemstufen lösen ein- bis vierzügige Schachaufgaben und geben auf Wunsch - falls vorhanden - auch sämtliche Nebenlösungen an. Eine Eröffnungsbibliothek und ein Zufallsgenerator sorgen für abwechslungsreiche Partien, ein Endspielalgorithmus bewältigt auch vielzügige Mattführungen.

Mit Hilfe eines beigefügten Kabels lässt sich der Schachcomputer an ein Fernsehgerät anschließen, wodurch auf dem Bildschirm der augenblickliche Spielstand erscheint. Zur Kontrolle wird weiterhin jeder Zug auf dem vierstelligen LED-Display angezeigt. Durch Betätigung einer Taste können bis zu 120 Züge der gespielten Partie zurückgenommen werden. Anschließend kann die Partie bis zur erreichten Stellung Zug für Zug verfolgt und analysiert werden.

Als einmalige Besonderheit besitzt Intelligent Chess einen eingebauten Kassettenrekorder, der es ermöglicht, jede gegen den Computer ausgetragene Partie auf handelsüblichen Tonkassetten aufzuzeichnen. Bis zu 1.000 Partien lassen sich auf diese Weise auf eine einzige Kassette überschreiben. Auch Partien, die nicht gegen den Computer gespielt wurden, lassen sich ebenfalls auf Band elektronisch archivieren.

Bereits im August 1980 waren drei Kassetten erhältlich, die sämtliche Turnierpartien von Bobby Fischer, alle Weltmeisterschaftspartien der Schachgeschichte sowie alle gängigen Eröffnungsvarianten enthielten. Der Verkaufspreis derartiger Kassetten lag bei ca. 10,- DM.

Von der Herstellerfirma wurden ab August 1980 ebenfalls besprochene Unterrichtskassetten geliefert, die neben den gespeicherten Schachzügen für die Wiedergabe auf dem Bildschirm die verbale Unterweisung des Großmeisters Dr. Helmut Pfleger enthielten.


Was können Schachcomputer?

Von Helmut Schöler, Kempten (aus dem Jahr 1981)

Computertest "Intelligent Chess"

Das Jahr 1981 wird für mich ein hartes Jahr, denn etliche neue Computer drängen auf den Markt. Im Juli-Doppelheft widmete ich mich dem ersten deutschen Computer "Mephisto", heute werde ich "Intelligent Chess" unter die Lupe nehmen. Später folgen Testberichte über "Chess Challenger Sensory Voice" und "Morphy Edition Master Chess". Für den Herbst 1981 hat die Firma Novag (Hongkong) zwei neue Geräte angekündigt: "Savant" (eine Verbesserung des Mychess) und Super Sensor IV. Beide sollen über einen nie dagewesenen Bedienungskomfort verfügen (Anschluss an vollelektronische Quartz-Schachuhr usw.). In Bezug auf Spielstärke und Schnelligkeit kann ich noch nicht viel sagen. Jedenfalls werden sie die Hürden über Morphy / SARGON 2.5 nehmen müssen! Ausführliche Tests mit Vergleichspartien werde ich dann bringen.

Auf der Nürnberger Spielwarenmesse stellte vor einigen Monaten die Firma SciSys (ebenfalls Hongkong) den MK 5 vor, der große Spielstärke besitzen soll, mit einer Elo-Einstufung von 1804 - 1900, während "Morphy Edition" in Turnierversion zwischen 1700 und 1800 pendelt. Nebenbei bemerkt sei hier, dass ich persönlich nicht viel von derartigen Elo-Angaben halte; denn wer kann sie jemals reell nachprüfen?! Man kann allenfalls ein "Ingo-Turnier" zwischen Computern abhalten, was sehr zeitraubend sein würde, bzw. ein großes Turnier mit bestimmten Vorgabezeiten, wie es vor einiger Zeit die "Münchner Schachschule" unter der Leitung von Ossi Weiner tätigte. Ein Tester, der z. B. wie ich alleine arbeitet, kann sich nur an die Angaben halten, ohne sie im Testsinne überprüfen zu können. Wettkämpfe zwischen zwei Spitzencomputern können auch niemals exakt die Spielstärke wiedergeben in Bezug auf den Menschen als Gegner.

Mein heutiges Testgerät heißt "Intelligent Chess". Es wird von der englischen Firma "Intelligent Games Limited" vertrieben. Bei der Entwicklung stand kein Geringerer als der bekannte Internationale Meister und Computerexperte David Levy Pate. In der Tat besitzt dieser Heim-Schachcomputer Eigenschaften, über die kein anderes bisher auf dem Markt befindliche Gerät verfügt. Preis DM 900, die 17 Stufen teilen sich in 13 Spiel- und 4 Problemstufen ein. Zugzeiten zwischen 10 Sekunden und mehreren Stunden. Markantestes Merkmal dieses komfortablen Computers ist sicherlich sein Äußeres: Er sieht aus wie ein HiFi-Kassettenrekorder, denn welcher Laie könnte bei seiner Form gleich eines Flachradios mit Kassette an einen Schachcomputer denken? In der Tat könnte man mit einer anderen Kassette auch Musik hören. Gedacht haben die Konstrukteure aber an etwas anderes: Aufzeichnung von Partien gegen den Computer (bis zu mehreren hunderten pro Kassette!). Auch Partien, die nicht gegen den Computer gespielt wurden, können elektronisch archiviert werden! Später kann man komplette Kassetten mit sämtlichen WM-Partien, allen Partien Bobby Fischers usw. dazu-kaufen (ca. DM 12,- pro Stück). Auf diese Weise kann man sich im Laufe der Zeit eine umfassende elektronische Schachbibliothek zulegen. Mitgeliefert wird von der Herstellerfirma eine von Großmeister Dr. Helmut Pfleger besprochene Unterrichtskassette mit, elementarer Einführung in das Schachspiel. Da das Gerät mittels eines Kabels an den Antennenanschluss jedes normalen Fernsehgerätes angeschlossen werden kann, sieht man die Einführung Dr. Pflegers auch bildlich! "Intelligent Chess" verfügt somit als bisher einziger Heimschachcomputer über einen TV-Anschluss.

Natürlich geht es auch ohne diesen, denn am Display ist der jeweilige Zug groß und deutlich abzulesen. Die Kontrollstellung auf dem Bildschirm erlaubt jedoch fehlerlose Überprüfung der Position! Das direkte Spielen gegen den Fernseher ist nicht jedermanns Sache, denn der vom Computer gezeigte Zug wiederholt sich dreimal, bevor er stillsteht. Beim Spiel in den untersten Spielstufen z. B. sieht man sich mit unermüdlich umherhüpfenden Springern konfrontiert, die einem noch im Traum begegnen. Dabei war es so gut gemeint: Das Wiederholen des Zuges soll dem Spieler dreimal zeigen, was geschehen ist - ohne Rücksicht auf dessen Nerven!

"Intelligent Chess" bietet dem Käufer eine weitere Besonderheit: Sämtliche Züge einer Partie (bis zu 120) können mit einer Rücktaste bis zur Ausgangsstellung zurückgenommen werden, während die "Vor"-Taste das erneute Aufwickeln der Partie ermöglicht. Dabei kann in jeder beliebigen Stellung die Partie unterbrochen und neu aufgenommen werden. Für lernende Schachspieler sehr von Vorteil.

"Intelligent Chess" kann als einziger Computer ohne Hilfe gegen sich selbst spielen. Ist die Partie zu Ende, beginnt er eine neue! Die erste Partie kann man dann nicht mehr zurückverfolgen, es sei denn, man hat sie aufzeichnen lassen. Auf diese Weise konnte ich in Stufe 11 (ca. 10 Min./Zug) Eigenpartien produzieren, während ich schlief; nur musste ich aufwachen, bevor eine Partie mattgesetzt war, da sonst die nächste Partie angefangen hätte (Aufzeichnungskassetten hatte ich keine).

Der Computer beherrscht alle Schachregeln einschließlich der 3- und 50-Züge-Regel, verwandelt seine Bauern bei Erreichen der 8. Bzw. 1.Reihe in die geeignete Figur (also nicht nur automatisch in eine Dame!) wie Chess Champion Super System III; er besitzt jedoch leider keine "Halt"-Taste, die das vorzeitige Unterbrechen des Rechenvorgangs ermöglicht (Bei den vielen Besonderheiten verständlich!). Die gegnerische Bedenkzeit wird jedoch ausgenutzt. Als letztes Kuriosum verfügt der Computer über eine Taste namens "ALTERN" (= Alternative), über die der Spieler den Rechner auffordern kann, den zweit- oder drittbesten Zug auszuführen. Mehr eine Spielerei, doch im Praktischen zum Finden von Nebenlösungen bei Problemen geeignet. Bei einer normalen Eröffnung kann es folgendermaßen aussehen: 1.e4 e5 2.Dh5 Sc6 3.Dxf7+ - der schwarze König wird gezwungen, die kecke weiße Dame auf f7 zu schlagen: 3.Kxf7. Drückt man nun die Taste ALTERN, so erscheint auf dem Display "LOSE" (= Aufgeben), da es für den sK keine zweite Möglichkeit (= Alternative) als das Schlagen gibt. Bei einem Schachproblem, bei dem nach dem Lösungszug auf ALTERN wiederum ein Matt in derselben vorgegebenen Zügezahl möglich ist, handelt es sich folglich um ein nebenlösiges Problem. Im Übrigen löst "Intelligent Chess" Probleme sehr schnell wegen seines speziellen Problem-Modus (P1-P4) ähnlich wie Chess Champion Super System III (= MK III). Die Programme sind meiner Meinung nach identisch und somit leider gleich schwach. Für die breite Käuferschicht weniger qualifizierter Spieler ist der Computer jedoch gut geeignet, besonders für diejenigen, die nicht vorhanden, sich in nächster Zeit spielerisch zu verbessern. Nun ein Streifzug durch die verschiedenen Spielstufen: In Stufe 5 (2 Min./Zug) spielt Intelligent Chess wesentlich stärker, wenngleich er auch hier gegen SARGON 2.5 (Stufe 3 = 35 Sek./Zug) nichts auszurichten vermag: In Stufe 7 zieht Intelligent Chess durchschnittlich einmal in vier Minuten. Was kann man von einem 900,- DM-Computer hier verlangen? Dass er wenigstens nicht schon im 5. Zug eine Figur los ist, meinen Sie? Richtig,-das meine ich auch! Trotzdem verhält er sich seinen finanzkräftigen Käufern gegenüber nicht gerade gentlemanlike, wie Sie sogleich sehen werden: Sofort spielte ich auf Stufe 7 eine weitere Partie: Enttäuscht über das Ergebnis von ca. 4 Min./Zug in Stufe 7 stellte ich das Gerät auf Stufe 8; mittlere Rechenzeit hier 4 Min. 45 Sek., was mich auch nicht viel mehr erwarten ließ. Es kam auf einen Turm nicht an, den ich in 15 Zügen eroberte. Die Revanche verlief so: In Stufe 9 benötig "Intelligent Chess" bereits die doppelte Zeit eines durchschnittlichen Turnierspiels, nämlich 6 Minuten pro Zug. Die Leistung ist nur geringfügig besser: In Stufe 11 mit ca. 10 Min./Zug wird die Geduld eines menschlichen Gegenübers beim direkten Spiel sicherlich schon überzogen. Sie ist aber nicht nur als Analysestufe, sondern auch als Spielstufe für das Produzieren von Partien in Abwesenheit geeignet: Selbstschach! Da man, wie erwähnt, alle Züge wieder zurücknehmen kann, um sie erneut aufzuwickeln und zu analysieren, sollte ein schachhunriger Käufer zufrieden sein: Hier gewann jetzt Weiß, ein anderes Mal Schwarz, also abwechselnd. Die Qualität der Partien nun klar besser - aber die Zeit!!

Zum Abschluss möchte ich Ihnen einen sog. "Initiativtest" vorstellen, der den Stellungsaufbau des Computers demonstrieren soll. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass ein Computer bei keinem Gegenspiel binnen 25 Zügen "entscheidenden Vorteil bzw. Mattangriff" haben müsste. Beeindruckend souverän zeigt uns der SARGON 2.5, wie er zunächst seinen eigenen König sicherstellt, um anschließend den stillhaltenden feindlichen König zu attackieren: Genauso wollte ich mit "Intelligent Chess" verfahren. Bitte sehen Sie, was daraus geworden ist: Eine richtige "Partie"! Im technischen Teil eines Endspiels kann man den "Intelligenten" ohne Gewissensbisse total abschreiben. Die Mattführung mit Dame gegen bloßen König klappt ebenso wenig wie mit Turm oder zwei Läufern, von einem Gewinnweg mit Läufer und Springer gegen König einmal ganz abgesehen (dies kann bisher nur Chess Challenger Voice!). Interessant ist die Tatsache, dass der Computer sein "Mattnetz" enger zieht, falls der Gegner noch irgendwelche Figuren auf dem Brett hat. Dann fühlt er sich "verpflichtet", etwas zu tun! Hat der Gegner jedoch nichts mehr als den König, arbeitet er nach dem Motto "Tu Du mir nichts, tu ich Dir auch nichts!". Da in höheren Spielstufen das Mittelspiel für Anfänger durchaus akzeptabel erscheint, dürfen jene auch im Endspiel auf Gnade hoffen - vorausgesetzt, der Computer hat sie nicht schon vorher erwischt.