6. WMCCC Dallas 1986

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  • Dallas USA, 1986.10.31 - 1986.11.05
  • World Microcomputer Chess Champion: Mephisto Dallas


P Player Hardware Score SOP 1 2 3 4 5 6 7
1: Mephisto 3 68020 6.0 / 7 27.0 11b+ 7w+ 4w+ 2b+ 8w+ 9b+ 6w-
2: Fidelity A 68020 5.5 / 7 25.0 14w+ 3b+ 5b+ 1w- 6b= 8w+ 12b+
3: Mephisto 2 68020 5.0 / 7 24.5 10w+ 2w- 6b= 11b+ 7w= 13b+ 4b+
4: Fidelity C 68020 4.5 / 7 28.5 9w+ 6w+ 1b- 8b= 5w+ 12b+ 3w-
5: Mephisto 1 68020 4.5 / 7 26.0 8w+ 10b+ 2w- 7w+ 4b- 11b+ 9w=
6: Recom A 6502 4.0 / 7 29.5 12w+ 4b- 3w= 10b+ 2w= 7b- 1b+
7: Fidelity B 68020 3.5 / 7 26.0 13w+ 1b- 12w+ 5b- 3b= 6w+ 10w-
8: Recom C 6502 3.5 / 7 24.5 5b- 14w+ 11b+ 4w= 1b- 2b- 13w+
9: Recom B 6502 3.5 / 7 22.5 4b- 11w- 14b+ 12b+ 10w+ 1w- 5b=
10: Cyrus B 68020 3.0 / 7 22.0 3b- 5w- 13b+ 6w- 9b- 14w+ 7b+
11: Cyrus A 68020 2.5 / 7 24.0 1w- 9b+ 8w- 3w- 13b= 5w- 14b+
12: Cyrus C 68020 2.0 / 7 22.5 6b- 13w+ 7b- 9w- 14b+ 4w- 2w-
13: Chess Monster Compaq 386 1.5 / 7 19.5 7b- 12b- 10w- 14b+ 11w= 3w- 8b-
14: Kempelen Atari ST 0.0 / 7 21.5 2b- 8b- 9w- 13w- 12w- 10b- 11w-

49 games: +20 =6 -23


Sechste Mikrocomputer-Schachweltmeisterschaft in Dallas

(Turnierbericht von Helmut Weigel, Quelle: "Das österreichische Schachcomputer-Magazin MODUL" Heft 4-86))

Dallas, Texas, U.S.A. Eine Stadt, in der, wenn man einer berühmten Fernsehserie glauben darf, schlaue Schachzüge und geschicktes Taktieren alltäglich sind. Genau der richtige Platz also, um dort die 6. Microcomputer-Schachweltmeisterschaft auszutragen. Leider, und das scheint bei Veranstaltungen dieser Art allmählich Tradition zu werden, waren auch diesmal nicht alle Firmen, die Schachcomputer erzeugen, präsent. Positiv zu vermerken, dass die Firma Fidelity, die ja bekanntlich in Amsterdam auf eine Teilnahme "verzichtet" hatte, sich dieses Mal wieder der Konkurrenz stellte. Dem gegenüber stand aber das Fernbleiben der Firmen SciSys und Novag. Sollte sich etwa auch in Hongkong die Philosophie von Fidelity-Firmenchef Sid Samole: "Zu einer WM fährt man nur, wenn man sie auch gewinnen kann", durchgesetzt haben? Wir wissen es nicht, und offizielle Verlautbarungen über die Nichtteilnahme gibt es nicht.

Auch bei den Softwarehäusern, das sind professionelle Programmautoren, die ihre Schachprogramme an Erzeugerfirmen weiterverkaufen, fand in Dallas eine Ablöse statt. Nicht dabei waren gegenüber der WM in Amsterdam Plymate (Ulf Rathsman) und Orwell (Thomas Nitsche). Wieder dabei war dafür Intelligent Software (Levy,O'Connor,Taylor) und neu hinzu gesellte sich RECOM (Ed Schröder) aus Holland.

Ebenfalls angemeldet hatten sich zwei Amateurprogramme, eines aus Ungarn, auf einem Atari 1040 ST laufend, und eines aus Amerika, auf einem Compaq PC. Und last but not least Mephisto, der regierende Schachcomputer-Weltmeister, auf dem die schwierige Aufgabe lastete, bei erheblich verbesserter Konkurrenz an die Erfolge des Vorjahres anzuschließen.

Augenfällig war, wenn man sich die genauen Daten der einzelnen Geräte und Programme anschaute, dass das Zeitalter der 32-bit-Prozessoren angebrochen war. Nicht weniger als neun der vierzehn teilnehmenden Geräte liefen auf 32-bit-Prozessoren, zwei auf dem etwas kleineren 16-bit-Prozessor und nur 3 (RECOM) spielten auf dem guten alten 8-bit 6502.


Erste Runde

Als nach längeren Diskussionen über die Auslegung der Regeln und die Teilnahmebedingungen endlich die erste Runde gestartet wurde, erreichte die Spannung das erste Mal einen Höhepunkt. Vorher konnte man über die Spielstärke der einzelnen Teilnehmer nur mutmaßen, jetzt mussten sie sie erstmals unter Beweis stellen. War es Richard Lang gelungen, sein Amsterdam-Programm wirklich noch einmal entscheidend zu verbessern? Welchen Spielstil- und welche Stärke zeigt das 32-bit Fidelity-Programm? Ist Intelligent Software für eine Überraschung gut? Wird sich RECOM gegen die 32-bit-Riesen halten können und werden die beiden Amateure dem einen oder anderen Profi einen Punkt wegschnappen?

Mephisto scorte 3 aus 3, ebenso wie Fidelity. RECOM erreichte einen Punkt und für Intelligent Software war die erste Runde ein böses Erwachen: 0 aus 3. Ebenfalls 0 für die beiden Amateurprogramme. Und eigentlich zeichnete sich schon in der ersten Runde der Trend der WM ab: Um den Titel spielten Mephisto und Fidelity, RECOM hatte das drittbeste Programm, und Intelligent Software war doch eine Klasse schwächer.


Zweite Runde

Hier kam es zum ersten Mal auf zwei Brettern zum direkten Aufeinandertreffen von Mephisto und Fidelity, und diese Auseinandersetzung endete 1:1. Da jedoch das jeweils dritte Gerät jeder Firma gegen RECOM bzw. Cyrus einen Punkt holte, setzte sich die Punktegleichheit (Mephisto zwei Geräte mit 2 aus 2 und Fidelity zwei Geräte mit 2 aus 2) fort.


Dritte Runde

Erneut auf zwei Brettern die Auseinandersetzung Mephisto gegen Fidelity im Kampf um die Spitze: Und erneut endete sie 1:1. Das führte dazu, daß nach drei Runden nur mehr zwei Geräte mit einem Score von 3 aus 3 übrig blieben: Mephisto Dallas 3 und Fidelity A.


Vierte Runde

Der zweite Höhepunkt des Turniers: das direkte Aufeinandertreffen der beiden Spitzenreiter. Spannung bei den Programmierern, Spannung im Turniersaal, Spannung auf den Analysebrettern. Nach nur 35 Zügen einer sehenswerten Partie hieß es Schachmatt und 0:1 für Mephisto, der nun erstmals in diesem Turnier die alleinige Führung übernahm. Gleichzeitig stand fest, da Mephisto 3 schon gegen alle drei Fidelity-Geräte gespielt und gewonnen hatte, dass Fidelity aus eigener Kraft Mephisto den Weltmeistertitel nicht mehr streitig machen konnte, sondern dazu die Unterstützung eines anderen Programms brauchte. Ein Umstand, der Fidelity-Chef Samole so nervös gemacht zu haben schien, dass er von nun an seine Aktivitäten vom Schachbrett weg zur Schreibmaschine hin verlagerte und Protestbriefe verfasste, in denen die Annullierung des gesamten Turniers gefordert wurde.


Fünfte Runde

In dieser Runde fiel eine weitere Vorentscheidung: das führende Mephisto-Dallas-3-Gerät punktete wieder voll, wogegen der Verfolger über ein Unentschieden gegen RECOM nicht hinauskam und damit 1½ Punkte hinter dem Führenden lag. Zwei Runden vor Schluss ein fast nicht mehr aufzuholender Rückstand.


Sechste Runde

Als in dieser Runde Mephisto Dallas 3 erneut voll punktete, war die WM entschieden. Der neue Weltmeister stand fest. Er hieß, wie bereits in Amsterdam, Richard Lang, und alles in allem kann man wirklich behaupten, dass das beste Programm gewonnen hat. Heftig gekämpft, und das kommt in meinem Bericht nicht so klar zum Ausdruck, (und darum empfehle ich den Lesern, die Turniertabelle genau zu studieren), wurde aber auch um die Folgeplätze.


Siebente Runde

Die Runde der Überraschungen. Sowohl der neue Weltmeister gab gegen RECOM einen Punkt ab, als auch Fidelity gegen das sonst chancenlose Cyrus-Programm.


Kuriositäten gab es auch bei dieser WM. So spielten sowohl bei einem Aufeinandertreffen Mephisto gegen Fidelity als auch bei Mephisto gegen RECOM beide Geräte die gleiche Eröffnung wie schon einmal im Turnier zuvor, und alles schien darauf hinzuweisen, dass sich auch hier das Ergebnis der Spiele zuvor wiederholen würde. Doch irgendwann zwischen dem 20. und 30. Zug kam es in beiden Partien zu Zugabweichungen (wahrscheinlich doch verschiedene Bedienungszeiten oder genau gleiche Bewertung zweier Züge) und somit letztendlich auch beide Male zu unterschiedlichen Resultaten.

Zwei Spieler von über 2400 ELO wollten es genau wissen und forderten den neuen Weltmeister zu jeweils zehn Blitzpartien, wobei es unter den Teilnehmern und Zuschauern zu reger Wetttätigkeit kam. Endergebnis: 4:6 und 6:4, also insgesamt ein beachtliches 10:10.

Bei der an dieses Turnier anschließenden ICCA-Tagung wurden zwei Dinge festgelegt: Erstens, die Weltmeisterschaft 1987 findet in Italien (wahrscheinlich in der Nähe von Florenz) statt. Zweitens, die Regeln, mit denen diese WM ausgetragen wird, werden von einer Regelkommission neu festgelegt und rechtzeitig bekanntgegeben.


Weblinks


siehe auch