Die Geschichte der Firma Fidelity - Teil 3

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DER ABSTIEG

3. Teil: 1985 bis 1989

Dieses Mal lasse ich für Sie die Jahre 1985 bis 1989 Revue passieren. Anfang 1985 gab es 3 wirkliche Spitzengeräte auf dem Markt: Den Mephisto Exclusive-S 68.000 für schlappe 2.998,00 DM, den Novag Super Constellation für ca. 798,00 DM sowie den Fidelity Elite Glasgow. Wie bereits in Teil 2: 1982 - 1984 angedeutet, wurde es für Fidelity ab 1985 aufgrund des damals schwindelerregend hohen Dollarkurses immer schwieriger, auf dem deutschen Markt eine entsprechende Zahl an Geräten abzusetzen. Wen wundert’s, wenn für die bereits vorgestellten Elegance zeitweise bis zu ca. 1.700,00 DM und für einen Elite Glasgow rd. 2.500,-- DM auf den Ladentisch hingelegt werden mussten. Der Elite Private Line war mit 1.400,00 DM bis 1.600,00 DM da noch ein Sonderangebot, da dieser direkt von Fidelity Deutschland gefertigt wurde.

Fidelity hatte aber angesichts des ungünstigen Dollarkurses noch einen Trumpf in der Hand: Mit dem Excellence, einem "Plastikbomber" in Sensory 9 Format, jedoch nur mit Rand-LED's, ohne eigene LED-Anzeige und einem 3 MHz schnellen 6502 CMOS-Prozessor sollte die Wende geschafft werden. Er erschien zum damaligen Kampfpreis von 498,00 DM und enthielt ein verbessertes Elegance-Programm (Programmgrösse: 16 KB). Mit 4-Baby-Zellen konnte das Gerät sogar bis zu 100 Stunden (!) ohne Netzteil betrieben werden.

Eine weitere Neuentwicklung von Fidelity für noch schmalere Geldbeutel hieß schlicht und einfach Chess Challenger und war für 298,00 DM zu haben. Er besaß ein 4-KB-Programm, welches auf einem 1-Chip-Prozessor lief. Vom Design lehnte er sich ebenfalls stark an den CC 9 an und war ausschließlich für Batteriebetrieb ausgelegt. Mit 4 Babyzellen konnte sogar bis zu 1000 (!) Stunden gespielt werden. Übrigens stammte das Programm nicht aus der Feder des Ehepaars Spracklen, sondern von Ron Nelson, der bereits die ersten Chess Challenger-Maschinen programmiert hatte (CC 1, CC 3, CC 10 etc.).

Mitte Juni 1985 -also kurz vor der WM in Amsterdam- konnte Fidelity in Mobile (Alabama) bei der ersten Offenen US Meisterschaft mit einem Experimental Gerät sogar den ehemaligen Computerschach-Weltmeister Belle mit 5,5 Punkten aus 6 Runden hinter sich lassen und erzielte eine für damalige Verhältnisse Traum-Elo von 2.240. Das Siegergerät enthielt ein verbessertes Elite Glasgow-Programm, welches auf einem 6,1 MHz 65C02-Prozessor seine Arbeit verrichtete. Das Mobile-Masterprogramm wird heute noch von vielen Fachleuten als eines der besten bezeichnet, welches von Fidelity je für einen 8-Bit-Prozessor konzipiert wurde. Es sollte einer der letzten großen Erfolge bei einem bedeutenden Turnier bleiben.

Zur WM in Amsterdam im September 1985 trat Fidelity nicht an. Die Fa. hatte ganz andere Sorgen. Wie bereits anfangs erwähnt, hatte sich die geschäftliche Situation auf dem deutschen Markt wegen des hohen Dollar-Kurses sowie Lieferschwierigkeiten aus den USA so dramatisch verschlechtert, dass die Fidelity Electronics Deutschland Konkurs anmelden musste. Trotz des Plastikgeräts Excellence mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis schaffte die Firma nicht mehr den "Turnaround", um aus den roten Zahlen wieder herauszukommen.

Mephisto Amsterdam im Modular

Die WM bescherte Hegener + Glaser mit dem Mephisto Amsterdam des "genialen" englischen Programmierers Richard Lang den totalen Triumph. Die WM wurde vom Spitzengerät "Mephisto Amsterdam 1", einer Spezialkonstruktion mit einem 68020-Motorola-Prozessor (!) mit schier unglaublichen 22.2 Punkten gewonnen und die Konkurrenz (u.a. Novag + SciSys) regelrecht zu Mitläufern deklassiert. Die spätere "Serienversion" des Amsterdam (68000-Prozessor mit 12 MHz Takt und 64 KB ROM und 16 KB RAM) war ab Ende 1985 als Modulset für 2.298,00 DM im Handel erhältlich.

Richard Lang

Die Wachablösung auf dem deutschen Markt im High-End-Bereich war somit endgültig perfekt. Ab diesem Zeitpunkt konnte Fidelity sowohl von der Hardware als auch spielstärkemässig nie mehr an das deutsche Vorzeigeprodukt heranreichen. Der erste 16-Bit-Fidelity erschien erst ab 1987! Doch dazu später mehr.

Ende 1985 gründete Peter Reckwitz, der ehemalige Geschäftsführer der Fidelity Electronics Deutschland, die Fa. "RCS" (Remote Control System GmbH) mit Sitz in Mühlheim, um die ehemalige Fidelity Kundschaft weiter zu betreuen und den Service aufrecht zu erhalten. Diese Firma verstand sich speziell auch auf das "Tunen" von Schachcomputern. Die Taktfrequenz bei den Elite-Versionen (Budapest, Glasgow, Mobile) sowie für den Sensory 9, Playmatic und Excellence konnte bis auf damals traumhafte 8 MHz (!) hochgeschraubt werden, und das zu einem Preis von nur rd. 250,00 DM. Die Geräte kamen z.T. auch unter der Bezeichnung "RCS GRANIT" heraus. Ein Mephisto Amsterdam konnte auf Wunsch für schlappe 400,00 DM sogar bis auf 20 MHz hochgezüchtet werden! Allerdings traten -zumindest am Anfang- vermehrt Programmabstürze sowie schlechte Verarbeitung zu Tage, was einige Kunden verärgerte. Weitere Serviceadresse war die Fa. Türk + Türk Service OHG aus Köln, die damals mit RCS eng kooperierte.

Zum Jahresende 1985 brachte Fidelity den Elite Avantgarde für rund 1.998,00 DM auf den deutschen Markt. Vom Äußeren Gewand glich er dem bereits vorgestellten Elite Budapest bzw. Glasgow nur mit dem Unterschied, dass er nun über 2 LED-Displays verfügte, die jedoch -wie bereits damals beim Prestige - an der rechten Seite neben den Bedienungsknöpfen angebracht waren. Mit dem elektronischen Gegner konnte somit noch besser "kommuniziert" werden, denn während des Rechenvorganges konnte der Avantgarde neben der verbrauchten Zeit des Spielers nunmehr auch noch gleichzeitig die eigene Zugzeit, Suchtiefe, Variantenzahl, Positionsbewertung usw. anzeigen.

Avantgarde

Mit diesem wunderschönen und eleganten Gerät konnten somit auch 2 menschliche Gegner Blitzmatches austragen. Vom Ausstattungsumfang und den Features glich er den bereits beschriebenen Elite-Versionen wie ein Ei. Im Inneren werkelte bei den ersten Elite Avantgarde das Mobile Master-Programm (Größe: 24 KB ROM, 4 KB RAM) mit einer auf 5 MHz getakteten 65C02-CPU. Spielstärkemässig konnte er sich mit in der Spitzengruppe der Schachprogramme etablieren. Der Mephisto Amsterdam war für ihn jedoch ein zu großer und unverdaulicher Brocken, wie diverse Testpartien bestätigten (nachzulesen in Computer-Schach & Spiele Ausgaben 6/85, 1/86 und 2/86).

Displays des Avantgarde

Im Jahr 1986 setzte sich das "Bäumchen-wechsele-dich-Spiel" bei den Vertriebspartnern von Fidelity fort. Die Geräte wurden nun über Frau B. Larsson, welche unter der Adresse der Hobby Computer Centrale GmbH in München firmierte, vertrieben. Dahinter verbarg sich natürlich Ossi Weiner. Dieser übernahm kurz darauf auch "offiziell" den Vertrieb in Deutschland, womit der Bock zum Gärtner gemacht wurde, da jedem Insider von Anfang an klar war, dass dieser Schachzug von "Mephisto-Mann" Weiner lediglich dazu diente Fidelity auf dem deutschen Markt komplett auszuschalten.

Als einige der wenigen Neuerscheinungen im Jahr 1986 kam der Par Excellence für 748,00 DM auf den deutschen Markt. Er glich äußerlich dem Excellence wie ein Zwilling, lediglich die Rand-LEDs waren ein wenig eckiger. Im inneren verrichtete jedoch ein weiter verbessertes Mobile-Master-Programm mit 32 KB ROM und 8 KB RAM Umfang sowie eine 6502-CPU mit 5 MHz seinen Dienst. Die Eröffnungsbibliothek umfasste stattliche 16.000 Halbzüge.

Der Elite Avantgarde 2100 wurde ebenfalls 1986 für rund 2.000,00 DM neu aufgelegt. Er enthielt ein zum Par Excellence artverwandtes Programm, welches aber mit 52 KB ROM und 16 KB RAM noch wesentlich umfangreicher ausfiel. Das Eröffnungsrepertoire beinhaltete ebenfalls 16.000 Halbzüge und konnte durch die bereits besprochenen Eröffnungsmodule CB 9 und CB 16 erweitert werden.

Bei der 7-rundigen Mikro-WM im November 1986 in Dallas (Texas) trat Fidelity mit insgesamt 3 Geräten an. Zwei davon spielten erstmals auf einem schnellen 68020-Prozessor, ein Gerät auf einem 68000-Prozessor mit 20 MHz. Das Programmier-Ehepaar Spracklen hatte in das bisher stark ausgeprägte Brute Force-Programm eine Menge "Schachwissen" implementiert, was sich bei diesem Turnier besonders deutlich in den Endspielleistungen widerspiegelte, die denen von Mephisto zum Teil sogar überlegen waren. Letztlich reichte es aber doch nur zum "Vizeweltmeister"-Titel mit 5,5 Punkten, welcher sogar nur mit dem 68000-Prozessor errungen wurde. Die beiden anderen Geräte konnten sich auf Rang 4 (4,5 Punkte) bzw. Rang 7 (3,5 Punkte) platzieren. Verdienter "Weltmeister" wurde der Mephisto Dallas 68020 (ein stark verbessertes und nun wesentlich aktiver spielendes Amsterdam-Programm) mit 6 Punkten.

Auch der errungenen Vizeweltmeister Titel konnte das Firmenimage von Fidelity nicht mehr aufpolieren. Das Vertriebspartner-Wechselspiel setzte sich ab März 1987 fort. Neue Generalvertretung war nach der Trennung von Ossi Weiner nunmehr die Eurotoy KG aus Soest. Dieser Umstand trug natürlich zur weiteren Verunsicherung der treuen Fidelity Kunden bei.

1987 erschien der Silver Bullet für 149,00 DM, ein Reisegerät mit Stecksensorbrett und Koordinatenanzeige für Netz- und Batteriebetrieb. (300 h) und 8 Spielstufen sowie 100 Eröffnungszügen, dessen 4-KB-Programm durch ein Zusatzmodul verstärkt werden konnte.

The Gambit

Ferner war für Einsteiger und Fortgeschrittene der GAMBIT für 245,00 Märker im Angebot. Es handelte sich um ein braun-weißes Drucksensorbrett, welches vom äußeren Erscheinungsbild sehr nahe an den vorgestellten Sensory 8 herankam. Netz- und Batteriebetrieb war möglich. Er beinhaltete das gleiche Programm wie das des Silver Bullet. Eine Erweiterung und Verbesserung des bereits besprochenen Excellence (dessen VK-Preis wurde ab 1987 auf 348,00 DM reduziert) stellte der Excel Dislay dar, der zusätzlich mit den bekannten Vorteilen eines vierstelligen LED-Displays ausgestattet war und für 395,00 DM über den Ladentisch ging. Das 32 KB Programm lief auf einem 6502-Prozessor mit 3 MHz. Die Eröffnungsbibliothek umfasste 8.000 Halbzüge, wahlweise war Netz- und Batteriebetrieb möglich.

Wer bei den Plastikgeräten von Fidelity die bisher nur dem Elite vorbehaltene Blechstimme vermisste, konnte für ebenfalls 395,00 DM den Excellence Voice ordern. Die Sprachausgabe konnte auf deutsch, englisch, französich sowie spanisch eingestellt werden und war für allem für Sehbehinderte eine sehr Große Hilfe. Außer dem fehlenden Display war das Gerät ansonsten mit dem Excel Display identisch.

Ebenfalls im Laufe des Jahres 1987 erschien ein winziges Tastengerät mit der Bezeichnung "Micro-Chess-Challenger" für 115,00 DM, welches zusammen mit einem Kunststoff-Etui ausgeliefert wurde. Er wurde mit 3 x 1,5 V Mikrozellen betrieben und kam damit für rund 500 Std. Betriebszeit aus. Der Ausstattungsumfang war, wen wundert es bei diesem Preis, sehr kärglich: kein Eröffnungsrepertoire, keine Unterbrechnungsmöglichkeit während des Rechenvorganges, keine Stellungseingabe. Aber immerhin waren 8 Spielstufen und ein Stellungsspeicher vorhanden.

Bei der Micro-WM in Rom im Herbst 1987 nahm Fidelity aus "Verärgerung" nicht teil und zog sich in den Schmollwinkel zurück. Offizielle Begründung per Telex aus den USA (in Auszügen) ,,...1986 wurde das Turnier in Dallas mit einem halben Punkt verloren, weil unser bestes Programm mit Multiprozessor und Hash Funktionen nicht teilnehmen durfte. Uns wurde versichert, dass wir bei der nächsten WM mitspielen könnten. Jetzt hat das Organisationskomitee wieder beschlossen, dass unser bestes Programm nicht mitspielen kann. Wir haben es laut und deutlich vernommen: Fidelity ist bei der WM unerwünscht. Dennoch werden wir, sobald alle Restriktionen und Parteilichkeit aus dem Reglement entfernt worden sind, sofort wieder zu den Teilnehmern einer WM gehören..." Zitat Ende.

Durch die weiteren Absagen von SciSys und Novag verblieb in der kommerziellen Gruppe ein Teilnehmerfeld von genau 2 Programmen! Durch den Sieg des Mephisto Roma 68020 (68020-Prozessor mit 28 MHz) konnte Hegener + Glaser seine Vormachtstellung und das Image im Bereich der Schachcomputer Spitzenklasse weiter ausbauen, während Fidelity immer weiter hinterherhinkte. Lange musste man auf den ersten 16Bit-Rechner von Fidelity warten. Dieser erschien dann endlich Ende 1987 in Gestalt des Excel 68000 für rund 850,00 DM auf dem Markt. Es handelte sich um das bekannte Plastik-Drucksensorbrett mit 64-Feld-LED und einer roten, 4 stelligen LED-Siebensegmentanzeige. Das Gehäuse und der Figurensatz waren in schwarz-silber gehalten. Die Fertigungsqualität des Gehäuses konnte nicht immer überzeugen. Das Schachprogramm mit 64 KB Umfang lief auf einem 68000er Motorola-Prozessor mit 12 MHz. Insgesamt standen 33 Spiel- Mattsuch- und Analysestufen zur Verfügung, davon 8 Stufen mit festgelegter Anzahl von Zügen innerhalb einer bestimmten Zeit, 8 Count-Down-Stufen, 8 Stufen mit begrenzter Rechentiefe, 8 Mattsuchstufen sowie eine Analysestufe. Die Eröffnungsbibliothek umfasste zwar stattliche 16.000 Züge, war aber nicht sonderlich gut auf die Stärken des Schachprogramms abgestimmt und viel zu unausgegoren. Oftmals stand der Excel 68000 schon kurz nach Verlassen der Bibliothek total "auf Verlust" . Da half dann auch nicht mehr das seinerzeit überragende Endspielverhalten, da ohne entsprechendes Figurenmaterial natürlich kein Blumentopf mehr zu gewinnen war!

Excel 68000

Das Geheimnis des "Endspielkünstlers" war die damals erstmals zum Einsatz kommende "Hashtable-Technologie", wofür dem Gerät ein Arbeitsspeicher mit 16 KB RAM (!) Umfang zur Verfügung stand. Zudem besaß der Excel 68000 eine Eigenart, wie ich Sie bei keinem anderen Schachcomputer bisher feststellen konnte: Während des Rechenvorganges, z.B. auf Turnierstufe, teilte einem das Gerät auf Wunsch mit einer "internen Count-Down Uhr" mit, wie lange es noch an seinem Zug zu brüten gedenkt.

Mach II - C Foto von Kurt Kispert

Überlegte er es sich plötzlich anders (Weiterverfolgung eines neuen Astes in der Baumsuche) wurde urplötzlich wieder etwas auf die verbleibende Restzeit "dazu addiert". Der gelangweilte und gestresste Bediener konnte sich dann in der Zwischenzeit anderweitig sinnvoller beschäftigen (z.B. um sich etwas Essbares aus der Küche zu holen). Alles in allem waren die Erwartungen damals an dieses Gerät viel zu hoch gesteckt. Die Spracklens hatten das Programm noch nicht optimal auf den 16Bit-Prozessor abgestimmt. Zudem traten bei den ersten, ausgelieferten Geräten einige kleinere Programmfehler auf, die jedoch dann nach und nach behoben wurden. Spielstärkemässig konnte er es nicht mit dem Mephisto Dallas 68020 bzw. Mephisto Roma 68020 aufnehmen, von denen er, vor allem im positionellen Bereich, regelrecht "plattgewalzt" wurde (vgl. u.a. auch Testbericht aus CSS 6/1987). Der Excel 68000 war einfach noch zu unausgereift.

Ende 1987 kam mit dem Mach II bereits ein stark verbesserter Nachfolger des Excel 68000 heraus, für den man allerdings schon 1.275,00 DM locker machen musste. Vom Gehäuse, Ausstattungsumfang und der Hardware war er mit dem Excel 68000 identisch. Programmtechnisch war er stark verbessert und überarbeitet worden. Zudem wurde der Arbeitsspeicher damals auf die sagenhafte Zahl von 144 KB (!) erweitert, davon 128 KB dynamisches RAM für die Hash Tables und 16 KB statisches RAM. Diese Maßnahme wirkte sich wie eine "Wunderwaffe" auf das bereits vorhandene, überdurchschnittliche Endspielverhalten des Schachprogrammes aus. In diesem Partieabschnitt war es bärenstark und ließ sogar den Weltmeister Mephisto Roma, der über diese Technologie noch nicht verfügte, z.T. deutlich hinter sich. Aufgrund des Bestrebens von Fidelity, das Programm stetig zu verbessern, geisterten vom Mach II bis Ende 1988 alsbald verschiedene Versionen herum, (A, B, C, C+), welche nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden waren. Dieser Umstand machte sich z.B. durch verschiedene Lösungszeiten bei diversen Teststellungen bzw., durch eine modifizierte Eröffnungsbibliothek bemerkbar. Bei der stärksten und letzten Version, dem Mach II C+, handelte es sich um die sogenannte "Los-Angeles-Version", welche beim American Open in Los Angeles im November 1987 aus 48 Partien 28 Punkte gegen einen ELO-Schnitt von 2.122 erzielte.

Im Laufe des Jahres 1987 wechselte wieder einmal der Vertriebspartner von Fidelity. Die Eurotoy KG aus Soest übernahm von der Türk + Türk OHG die Geschicke. Es war damals deutlich das Bemühen von Fidelity zu erkennen, den in der Vergangenheit doch recht unbefriedigenden Kundenservice zu verbessern. Um das Marketing, den Verkauf und die Public Relations kümmerte sich ab Anfang 1988 Lorenz Siwek aus Fürth, welcher damals bereits die Repräsentanz des Schachcomputerherstellers Newcrest/CXG (White & Allcock) in Deutschland wahrnahm. Es wurde mit der Fidelity Electronis unter der Bezeichnung "Schach-Union" eine neue Vertriebsgemeinschaft gegründet. Mit der Eurotoy KG wurde aber weiterhin kooperativ zusammengearbeitet.

Auf der Nürnberger Spielwarenmesse im Februar 1988 stellte Fidelity eine Gruppe von neuen Kunststoffgeräten sowie weitere, neue Kleingeräte vor.

Unter der Bezeichnung "Designer" kam ein neues Gerätekonzept in die Fachgeschäfte. Es handelte sich um einheitliche 31x31 cm messende und nur 2,3 cm hohe Drucksensorbretter mit 16 Rand-Leuchtdioden und LCD-Display. Sie waren durch ein Dreieck an jeder Brettseite optisch originell gestaltet.

Der Designer 1500 für 348,00 DM besaß ein 4 KB-Programm mit einem auf 6 MHz laufenden 8-Bit-CMOSProzessor 80C50. Die Eröffnungsbibliothek umfasste ganze 100 Halbzüge. Es handelte sich um ein Gerät mit geringerer Spielstärke und war vorwiegend für Lernende gedacht. Mitgeliefert wurde eine VHS-Videokassette der amerikanischen Schachföderation USCF.

Designer 1500

Der Designer 2000 war aus einem etwas anderen Holz geschnitzt. Es handelte sich um ein verhältnismäßig starkes Allroundgerät, mit dem man sich per Netzteil oder per Batterie (Betriebszeit bis zu 75 Std.) duellieren konnte. Sein Programm umfasste 32 KB mit 12 Spielstufen, welches auf einem 65C02-Prozessor mit 3 MHz lief. Es konnten bis zu 256 Halbzüge zurückgenommen werden, das Eröffnungsbuch umfasste immerhin 12.000 Halbzüge. Sein Preis lag bei 498,00 DM.

Den krönenden Abschluss bildete damals der Designer 2100, der die gleichen Eigenschaften wie der Designer 2000 aufwies, nur mit dem Unterschied, dass sein Prozessor mit 5 MHz getaktet war und die Batterien dadurch schon nach 15 Stunden Betriebszeit schlapp machten. Die Erhöhung der Taktrate um 2 MHz hatte auch seinen Preis. Für ihn mussten 598,00 DM hingeblättert werden. Das Programm war eng mit dem Par Excellence bzw. Avantgarde 2100 verwandt.

Designer 2100

Aus der Kooperation mit CXG/White & Allcock wurde der Winzling Microchess mit einem 12 x 6,5 x 2,5 cm messenden und 200 g schweren, taschenrechnerähnlichen schwarzen Gehäuse für 89,00 DM angeboten.

Der Genesis, ebenfalls ein Plastikgerät mit Drucksensoren, entsprach dem Crown CXG 228 und war für 225 Mark zu erstehen.

Der Mini Chess für 99,00 DM entsprach dem Portachess II CXG 223 mit einem Starchess-ähnlichen Gehäuse.

Auch Micro Chinese Chess und Mirco Backgammon entstammten aus der Zusammenarbeit mit CXG und hatten das gleiche, taschenrechnerähnliche Gehäuse wie der Mico Chess.

Der sich schon länger im Programm befindliche Bridge Challenger für 498,00 DM wurde durch den Bridge Challenger III für 848,00 DM abgelöst.

Und schließlich gab es noch den Gin & Cribbage Challenger für 398,00 DM, welcher neben Cribbage auch Gin Romme beherrschte.

Den Knüller am Stand der Nürnberger Spielwarenmesse stellte damals aber der Phantom dar, der für anfangs 1.600,00 DM auf den Markt kam. Vom Gerätekonzept handelte sich dabei um den schon angestaubten Milton Schachcomputer vom Spielehersteller MB, welcher im Jahr 1983 für Furore in den Schaufenstern der Fachgeschäfte und Kaufhäusern sorgte. Der Phantom erhielt nur noch zusätzlich ein LCD-Display verpasst. Der findige Sid Samole witterte damals seine Chance und kaufte die bereits eingemotteten Produktionswerkzeuge von Milton Bradley. Ein unsichtbarer, im Gehäuse verborgener Mechanismus bewegte dabei die Figuren durch Schleifen auf dem Schachbrett wie von Geisterhand! Hatte der Milton ein relativ schwaches Programm, war das des Phantom schon wesentlich besser. Software- und Hardware entsprachen dem Designer 2100. Einige Zeit später kam sogar noch eine englisch-sprechende Version, welche spielstandsbezogene Kommentare ablieferte, unter der Bezeichnung Phantom Chesster über den großen Teich zu uns nach Deutschland. Dessen Preis lag, je nach Dollarkurs, bei ca. 1.600,00 bis 1.800,00 DM.

Milton

Mitte des Jahres 1988 erschien ein Prototyp des Mach III Master, welcher ein weiter verbessertes und verfeinertes Mach II-Programm mit der Philadelphia-Version beinhaltete. Es hatte seine Feuertaufe beim bekannten Porz-Open vom 9. bis 17. Juni 1988. Die dortige Maschine, welche versiegelt (!) an den Start ging, hatte lt. Angaben des Importeurs Siwek um einen 68020-Prozessor mit 20 MHz, mit dem auch bei der kommenden WM im spanischen Almeria an den Start gegangen werden sollte. Die dort gezeigte Leistung war jedoch noch "durchwachsen".

Chesster Phantom

Ab September 1988 war der Mach III Master in der Motorola 68000er Version, nun auf 16 MHz beschleunigt, für rd. 1.500,00 DM offiziell im Handel erhältlich. Die Spracklens hatten das 64 KB Programm noch einmal wesentlich überarbeitet und im Bereich der Mobilität sowie der Selektivität (Extensions nach der Brute Force-Suche) verbessert. Zudem wurde die Eröffnungsbibliothek stark modifiziert, welche nun einen Umfang von 28.000 Positionen aufwies. Allerdings wurde bei diesem Gerät der Platz für die Hash Tables von bisher 128 KB (Mach II) auf 64 KB reduziert, später aber wieder auf 80 KB aufgestockt. Der Grund für diese Sparmaßnahme war der damals hohe Preis für die Speicherbausteine.

Mach III

Ein ausführlicher Bericht über den MACH III mit Partiematerial kann in MODUL 3/1988 bzw. 1/1989 sowie in der CSS 2/1989 nachgelesen werden.

Die 8. Micro-WM in Almeria (Spanien) Ende September 1988 entwickelte sich zu einem der spannendsten und zugleich schönsten Computerturniere überhaupt. Wiederum gingen die Titel allesamt, wenn auch nur knapp, an die teuflischen Mephistos und Fidelity konnte sich, trotz größter Anstrengungen, nur an 2. Stelle behaupten. Bei dieser WM startete Fidelity mit den legendären "Aquariengehäusen" aus Plexiglas. Hierbei wurde ein Mach III-Gehäuse einfach auf einen Plexiglaskasten gesetzt. Die damals im Gehäuse enthaltene "Superhardware Motorola 68.030" mit dynamischem RAM Speicher musste aufgrund der Klimaverhältnisse mit 2 Ventilatoren gekühlt werden. Detaillierte und interessante Hintergrundinformationen zur WM finden sich in der EUROPA-ROCHADE 12/1988 und 1, 2, 3, 4/1989, 2/1989, in der CSS 5/1988 bzw. in MODUL 3/1988 und 1/1989.

Ende 1988 wurde die Ehe in Form der "Schachunion" zwischen Fidelity und CXG Newcrest Technology nach kurzer Dauer wieder geschieden. Die Eurotoy KG war aber weiter Servicepartner von Fidelity in Deutschland.

Zu dieser Zeit knüpfte Fidelity auch Kontakte mit der Fa. Peri GmbH, einem Spielzeughersteller, welcher im benachbarten ÃâC“sterreich seinen Sitz hatte. Peri verstand sich auf dem Gebiet der "Veredelung" von Fidelity-Schachcomputern. Im inneren versteckten sich die Programme der Designer-Serie. Ab Mai 1989 war folgende Gerätepalette vorzufinden: Beim Peri Beta handelte es sich um ein Gerät für Einsteiger, dessen Programm aus der Feder von Ron Nelson stammte (Kostenpunkt 248,00 DM). Beim Peri Gamma (398,00 DM) und Peri Delta (498,00 DM) waren es Weiterentwicklungen der Spracklen-Programme Par Excellence und Avantgarde. Die Geräte waren sehr ansprechend und mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet worden. Sie hoben sich von der breiten Masse der Billiggeräte deutlich ab und auch die Bedienungsanleitungen verrieten sehr viel Sorgfalt.

Mit dem Tod von Peter Reckwitz am 15.6.1989, dem langjährigen Vertreter der Fidelity-Schachcomputer in Deutschland (RCS), erlitten die Vertriebs- und Entwicklungsaktivitäten der amerikanischen Schachcomputerfirma einen weiteren, herben Rückschlag.

Im Laufe des Jahres 1989 wurde für den komfortorientierten und verwöhnten Brettcomputerfan der Elite Avantgarde in verschiedenen "Versionen" neu aufgelegt. Er enthielt ein auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnittenes sowie weiter verbessertes Mach III-Programm . Die gewohnte "Blechstimme" entfiel jedoch und es gab nur noch eine gewöhnliche Tonausgabe. Alle Geräte dieser Reihe (Version 1 - 10) wiesen einige, revolutionäre Neuerungen auf:

  • Der Elite "lernte" aus einem fehlerhaften Zug in einer Partie durch einen sogenannten "Permanentspeicher", welcher allerdings auf 1.177 Positionen begrenzt war und dann, wenn er voll war, wieder vom Programm nach bestimmten Kriterien überschrieben wurde (vgl. Modul 2/90)
  • Die Eröffnungsbibliothek wurde auf einen Umfang von 64.000 Stellungen erweitert
  • Es wurde eine Verbindungsmöglichkeit zu einem PC für zusätzliche Analysen geschaffen
  • Der Umfang des Arbeitsspeichers u.a. für die Hash-Table-Verwaltung wurde drastisch erweitert (je nach Version von 128 KB bis 1.024 KB!)
  • Der Elite konnte die Spielstärke seines Gegners bewerten und zeigte dessen ELO an!
  • Ein programmierbarer Dauerspeicher für bis zu 3.000 eigene Eröffnungszüge war vorhanden
  • Erstmals kam ein sog. "Multiprozessor System" bei einem Schachrechner zum Einsatz (Version 5 mit zwei 68000-Prozessoren)
Datei:Designer 2265.jpg
Designer 2265

Auf dem deutschen Markt waren dann später jedoch "offiziell" nur die Versionen 2, 5, 6, 9 und 10 erhältlich. Bis zum 3. Quartal 1989 erschien zunächst nur der Elite Avantgarde 2265 (Version 2), welcher für 2.500,00 DM über den Ladentisch ging . Der Programmumfang belief sich auf 128 KB ROM und 128 KB RAM mit einem 68000-Prozessor, getaktet auf 16 MHz. Besitzer von älteren Prestige oder Elite konnten ihr Gerät durch einen nicht ganz billigen "Aufrüstsatz" auf Version 2 für 1.395,00 DM updaten lassen.

Ab August 1989 war der Designer 2265 Master im Handel erhältlich. Er war identisch mit dem Mach III-Programm, welches nunmehr in dem bereits vorher besprochenen Designer-Gehäuse untergebracht wurde. Allerdings kostete er nur noch 998,00 DM. Des Weiteren war Netz- und Batteriebetrieb wie beim Vorläufer Mach III möglich.

Bei der Micro-WM im jugoslawischen Portoroz in der 2. Septemberwoche 1989 wollte Fidelity nicht ohne ihre neue, sagenumwobene Motorola 68040 Hardware antreten, da diese bis zur WM noch nicht voll lauffähig war. Und mit dem "alten" 68030-Prozessor vom Vorjahr in Almeria waren sie in der Vergangenheit bei drei Turnieren hinter dem Hauptkonkurrenten Mephisto gelandet. Ohne diesen neuen Super-Prozessor sah man keine Siegchancen und glänzte somit lieber wieder einmal mit Abwesenheit. Folglich stand der Mephisto Portorose ziemlich allein auf weiter Flur ohne ernsthafte Konkurrenz da und wurde wieder Weltmeister.

Am 14. September 1989 wurde in einer Pressemitteilung aus München eine sog. "Elefantenhochzeit" bekanntgegeben. Was sich genau dahinter verbarg, erfahren Sie in Teil 4: 1990 - 1993 und letztem Teil meiner Fidelity-Historie.


Alwin Gruber