Lang, Richard

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Richard Lang [Homepage]

Der 1956 geborene Engländer Richard Lang ("König Richard") gilt als einer der genialsten bzw. erfolgreichsten Schachprogrammierer aller Zeiten. Insbesondere im Bereich der Schachcomputerprogrammierung erreichten seine Programme, besonders im Endspiel, ein Niveau, welches von keinem Programmierer übertroffen werden konnte. Diese Meinung wird auch durch die herausragenden Erfolge der Lang-Programme im Spiel gegen stärkste menschliche Gegnerschaft nachhaltig unterstützt.

Richard Lang kam eher durch Zufall zur Schachprogrammierung. Nach Abschluß seines Physik-Studiums trat er eine Stellung bei den Königlichen Gaswerken an. Die Anschaffung eines Homecomputers markierte den Wendepunkt in seinem Leben. Seine ganze Freizeit opferte er nun, um sich der intellektuellen Herausforderung durch die Maschine zu stellen. In den späten 70er Jahren war kaum Software für die Computer zu bekommen, der Anwender mußte zwangsläufig selbst programmieren. Innerhalb weniger Monate erlernte Richard Lang mehrere Programmiersprachen und beschäftigte sich intensiv mit den Prozessoren und deren Architektur. Anschließend begann er die Suche nach einer wirklich schwierigen und komplexen Aufgabe und beschäftigte sich schon bald mit der Entwicklung von Schachprogrammen. Ein guter Schachprogrammierer muß übrigens kein guter Schachspieler sein, Richard Lang ist für diese These der lebende Beweis. Bei vielen Computerturnieren war dieser Autor sogar auf die Hilfe Dritter bei der Eingabe der Züge angewiesen.

Innerhalb kurzer Zeit entwickelte er sein erstes spielstarkes Programm und begann damit, seine Kreation auf Computerturnieren mitspielen zu lassen. Im Jahr 1981 konnte dann sein Programm Cyrus die Europameisterschaft in London gewinnen. Dieser Erfolg beeindruckte den bekannten Computerspezialisten David Levy so sehr, daß er Richard Lang sofort engagierte. Bald darauf machte Richard Lang sich selbstständig und entwickelte Auftragsarbeiten für verschiedene Systeme, z. B. Apple Macintosh, Sage II oder Sinclair QL. 1984 bei der 4.WMCCC in Glasgow, belegte Richard Lang mit seinem Programm Psion auf einem Sinclair QL, den geteilten 1.Platz. Hätte man bei der 4.WMCCC nicht auf die Buchholz Wertung verzichtet, wäre Psion alleiniger Weltmeister geworden.

1985 trat die deutsche Firma Hegener + Glaser an Richard heran und sein bekanntes Programm Psion bildetet die Grundlage für sein erstes Programm für Mephisto. Das neue Programm, der Mephisto Amsterdam, hatte auf der folgenden Computer-WM in Amsterdam durchschlagenden Erfolg, alle möglichen Titel wurden gewonnen. Nach diesem überzeugenden Durchbruch gewann der Engländer mit seinen Mephisto-Programmen alle folgenden Weltmeisterschaften fast ungefährdet bis 1990. Bei der Entwicklung seiner Programme wurde er von vielen Schachexperten nachhaltig unterstützt, die seine Programme immer wieder auf Fehler und Ungenauigkeiten untersuchten. Die tatkräftige Hilfe starker Schachspieler und die Genialität des Programmierers ermöglichten die Entwicklung von Schachprogrammen, die bis dahin noch nie erlebte Erfolgsergebnisse gegen starke Spieler, sogar Großmeister, erreichten.

Das WM-Programm von 1989, der Mephisto Portorose 68030, gewann souverän die deutsche Blitzmeisterschaft 1990, konnte Exweltmeister Karpov und den deutschen Ausnahmespieler Dr. Robert Hübner während einer Simultanvorstellung bezwingen. 1991 konnte der Nachfolger des Portorose, das Lyon Programm ein Blitzmatch gegen Exweltmeister Michail Tal unentschieden halten. Das Vancouver Programm deklassierte im März 1992 die gesamte deutsche Schachelite in einem Turnier mit 1 Std. Bedenkzeit pro Partie, der Computer gewann souverän.

In dem Zeitraum von 1985 bis 1991 hatte Richard Lang eine unangefochtene Position in der Szene, bei der Weltmeisterschaft 1991 in Vancouver wurde aber deutlich, daß die Konkurrenz in der Zwischenzeit nicht untätig gewesen war. Richard Lang konnte seinen Titel "nur" in der Herstellergruppe verteidigen. Der Titel in der Software Gruppe ging an den bekannten holländischen Programmierer Ed Schröder, der mit der ChessMachine "König Richard" vom Thron stürzen konnte. Auch andere Programmierer setzten superschnelle Hardware ein, der Preisverfall bei den sehr schnellen Personalcomputern ermöglichte auch unbekannten Programmierern, schnelle Prozessoren einzusetzen, die der Hardware der Mephisto - Computer deutlich überlegen war. Richard Lang sah sich mit immer größerer Kritik konfrontiert und schlug auf seine Weise zurück. Binnen kürzester Zeit transportierte er sein Programm auf den PC, sogar die grafische Oberfäche programmierte er selbst. Diese Leistung erbrachte er innerhalb eines halben Jahres, eine besonders bewunderungswürdige Leistung, da seine Programme in Assembler, einer komplizierten Maschinensprache geschrieben waren. Dieses neue PC-Programm, Chess Genius, konnte sich binnen kürzester Zeit in der schwedischen Eloliste für Schachcomputer auf einem der Spitzenplätze etablieren. Da Richard Lang nur ein halbes Jahr Zeit für die Entwicklung inklusive der grafischen Oberfläche hatte, er mußte das Programm auch noch auf den für ihn neuen Prozessor optimieren, kann diese Leistung gar nicht hoch genug bewertet werden und beweist, welches Potential dieser geniale Programmierer besitzt. 1993 erreichte er mit Chess Genius 2 in der Software Gruppe einen guten 3.Platz. In der Hersteller Gruppe konnte Mephisto und Richard Lang mit ihrer Wundermaschine (dabei handelte es sich um einen 486-PC/66 MHz mit Chess Genius 2, verbaut in einem Mephisto München Brett) knapp vor dem TASC R40 gewinnen. Den Stichkampf um den "Absoluten Weltmeister", konnte Mephisto mit 1,5 : 0,5 gegen HIARCS ebenfalls für sich entscheiden. 1994 holte Richard Lang mit seinem Genius 3 zum ultimativen Schlag aus und besiegte den damaligen Weltmeister Garry Kasparov beim Intel World Chess Grand Prix in zwei 25 Minuten Partien mit 1,5 : 0,5!


Intel World Chess Grand Prix London


Zum ersten Mal wurde der "menschliche Weltmeister" in einem offiziellen Wettkampf von einer schachspielenden Maschine geschlagen. 1995 auf der 13.WMCCC in Paderborn, teilte sich Richard Lang mit Marty Hirsch den Titel "Professioneller Microcomputer-Schachweltmeister", obwohl sein Chess Genius nach Feinwertung nur den 2.Platz belegt hatte. Ausschlaggebend waren wieder einmal kommerzielle Gründe. Im folgenden Stichkampf um den Titel des "Absoluten Microcomputer-Schachweltmeisters" unterlag Richard dann aber dem neuen Weltmeister M-Chess. Zwar folgten noch einige Versionen seines Erfolgsprogramms Chess Genius, aber der ganze große Wurf sollte "König Richard" nicht mehr gelingen.