Mephisto III Special: Unterschied zwischen den Versionen

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<br><br>
== Briketts für kleine Kohle ==
==<BR > Das MEPHISTO 3-Projekt ==
=== Der erste deutsche Schachcomputer ===
''von Thomas Nitsche''  
''(Karsten Bauermeister aus Computer Schach & Spiele / Heft 6 / Dezember 1997)''


Ende 1980 begann die Erfolgsstory um Hegener & Glaser mit einem kleinen schwarzen Kästchen, dem Mephisto I. Das Programm stammte von den zwei Münchenern Thomas Nitsche und Elmar Henne. Mit dem [[Mephisto III]] endete dann diese Geschichte, und es begann eine neue. Karsten Bauermeister erzählt.
aus der Schach Zeitschrift '''[["Schach-Echo" 7/1984]]''' eingescannt und aufbereitet.


Ende der 70er Jahre trat der Programmierer Thomas Nitsche an die kleine bayerische Firma Hegener & Glaser heran, die bis dahin elektronische Schaltungen und optische Elemente baute. Seine Idee war es, einen deutschen Schachcomputer zu entwickeln. Bis dahin war der durchaus nicht kleine Markt der Schachcomputer unter den amerikanischen Unternehmen [[Applied Concepts]] und [[Fidelity]] sowie den Hongkonger Firmen [[Novag]], [[Saitek]] und einigen kleineren aufgeteilt. Manfred Hegener war nach einigem Zögern begeistert, und man beschloss tatsächlich, einen Schachcomputer zu bauen. Es sollte ein kleines Modell mit Tasteneingabe werden, bei dem zunächst auf ein eigenes Brett verzichtet wurde. Das Ergebnis der Bemühungen konnte der Käufer dann Anfang August 1980 in Augenschein nehmen. Während der Prototyp, der in einigen Büchern zu bestaunen war, noch ganz in Silber gehalten war, erschien das Serienmodell in einem mattschwarzen Gehäuse. Mephisto war geboren und trat einen zur damaligen Zeit nicht absehbaren Erfolgsmarsch an.
[[Bild:SchachEcho.jpg|thumb|right|250px|'''Schach-Echo 7/1984''']]


=== Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ===


Der kleine Computer überraschte mit einer guten Ausstattung (zwei Halbzüge Zugzurücknahme, ausreichend Spielstufen, Permanent Brain) und einem externen Anschluss (gedacht für Drucker oder TV-Interface). Zudem konnte das Gerät über 100 Stunden mit Batterien betrieben werden und besaß ein großes, gut ablesbares Display. Das alles für gerade einmal 548,- DM " da konnten, trotz fehlenden Brettes, nur wenige Kaufwillige widerstehen. Seinen Spitznamen hatte der kleine Computer aufgrund seiner Farbe und des vorne abgerundeten Gehäuses schnell weg: Bei Insidern hieß der Mephisto bald nur noch »das Brikett«! Erfreulich war zudem, dass er sich auch schachlich gegen die Konkurrenz zu behaupten wusste. Er war mindestens genauso stark wie die etablierten Programme. Schon bei diesem ersten Mephisto kam übrigens eine Strategie zum Tragen, die später noch für Furore sorgen sollte: die selektive Suche, auch A/B-Strategie genannt.
=== Die Autoren ===
<br style="clear:both;" />
 
{| style="float:left; background:transparent; padding:0px; margin:0px;"
'''Elmar Henne''' (29 Jahre, Diplom Informatiker) und '''Thomas Nitsche''' (31 Jahre, Diplom Mathematiker) sind Mitbegründer der Münchner Software Firma '''P1 GmbH'''. Seit einigen Jahren befassen sie sich intensiv mit der Entwicklung von Schachprogrammen.
|[[Bild:CSS 97-6-63 Mephisto I.jpg|left|thumb|345px|C Computer - Schach & Spiele / Heft 6 Dezember 1997]]
Unter anderem haben sie 1980-1982 Experimentalprogramme für den BTX-Einsatz, sowie den Parallelrechner SMS 201 von Siemens entwickelt.
|Unser Foto, aufgenommen im September 1979 in Stuttgart, zeigt ein historisches Ereignis: Der Computerschach-Pionier David Levy, der gerade den MK3 für SciSys/Novag programmiert hat, testet das handgebastelte Produkt zweier junger Amateure, indem er die beiden Geräte gegeneinander spielen läßt. Das kleine Kästchen spielt nicht schlecht, aber Levy sieht dafür keine große Zukunft. Die beiden, Thomas Nitsche und Elmar Henne, nehmen ihr Produkt zu einem einheimischen Elektronikbauteile-Hersteller, dessen Chef nach anfänglichem Zögern (Manfred Hegener damals: »Können wir uns auf einem so fremden Gebiet etablieren?«) die Produktion des ersten deutschen Schachcomputers beschließt. Es war die Geburtsstunde von Mephisto. Das Bild zeigt Thomas Nitsche (rechts) bei der Partie mit Levy (links), im Hintergrund stehend beobachtet von Frederic Friedel.
 
|}
Seit 1980 arbeiten P1 und [[Mephisto|Hegener + Glaser]] eng im Bereich der Mephisto Schachcomputer-Entwicklung zusammen. [[Nitsche, Thomas & Henne, Elmar|E.Henne und T.Nitsche]] haben dabei von Anfang an die Programme [[Mephisto]] [[Mephisto I|1]], [[Mephisto II|2]] und [[Mephisto III|3]] entworfen und realisiert, wobei z.B. die Eröffnungsbibliothek mit Hilfe von '''Ossi Weiner''' entstand.
<br style="clear:both;" />
Neuerdings zeichnet P1 in Zusammenarbeit mit '''R.D. Klein''', vielen aus der NDR-Informatik-Serie und von seinen Büchern her bekannt, auch für die Entwicklung der "schnellen"-bzw. der Mephisto-Experimental-Hardware, verantwortlich.
=== Mephisto II ===
 
=== Der Anfang ===
 
[[Bild:Mephisto_III.jpg|thumb|250px|right|Mephisto 3, das '''Brikett''']]
 
Sommer '[[1981|81]] standen wir vor der Notwendigkeit ein neues Mephisto Schachprogramm zu konzipieren. Zwar war [[Mephisto II|MEPHISTO 2]] ein gutes Programm, aber erstens geht die Entwicklung weiter und zweitens hatten wir das Gefühl, daß trotz laufender Verbesserungen eine Grenze absehbar war. Etwas Neues mußte passieren.
 
Vorstellungen davon, wie MEPHISTO 3 aussehen könnte, hatten wir bereits:
* er sollte noch mehr dem Menschen vergleichbar Schach spielen.
 
Sorgfältig begannen wir, MEPHISTO 3 zu planen. Alles, was uns einfiel, wurde aufgeschrieben. Insbesondere hatten wir eine MEPHISTO 3 Eigenschaftsliste aufgestellt, die all das enthalten sollte, was wir uns für die Zukunft unter einem guten Schachprogramm vorstellten.
Sicherlich waren und sind die Ziele hochgesteckt, doch mit weniger wollten wir uns nicht zufrieden geben.
Uns war klar, daß die Brute-Force-Programme nur noch minimal zu steigern seien.  
* Der jetzige Weltmeister Cray-Blitz verlor erst kürzlich 4Partien klar gegen David Levy (etwa 2300 Elo). Anzumerken ist, daß Cray-Blitz mit einem Rechner arbeitet, der etwa 200 mal schneller rechnet, als der [[1806]]-Micro-Prozessor des Mephisto.
 
=== MEPHISTO 3 Ziele ===
 
* Klare Unterscheidung zwischen einer ruhigen und einer dynamischen Stellung.
* Das Programm soll in der Lage sein zu planen und zielgerichtet zu handeln (z.B. Bauerndurchmarsch).
* Die Stellungsbewertung soll Feinheiten in jeder Tiefe des Baumes erkennen (z.B. rückständige Bauern).
* Taktisch erzwungene Zugfolgen sollen durchgerechnet werden. Taktische Wendungen am Ende einer solchen Zugfolge sollen erkannt werden. Insbesondere sollen lange Mattkombinationen gesehen werden.
* Abspiele in positionell vorteilhafte Stellungen sollen erkannt werden (z.B. gewonnenes Endspiel).
* Opferkombinationen der eigenen Seite wie des Gegners sollen gesehen werden.
* Bei Abspielen (erzwungene Zugfolgen) soll der Baum nicht exponentiellen Charakter haben.
* Der [[Horizonteffekt]] soll weitgehend eliminiert werden.
 
=== Die technischen Aspekte ===
 
In Verbindung mit der Ziel-Vorgabe war ein weiteres Problem zu lösen. - Die Wahl der Programmiersprache. Assemblerprogrammierung kam nicht in Frage, denn unsere Zielvorgaben enthalten insbesondere die Forderung nach viel Schachwissen, welches aber in adäquater Zeit nur mit einer angepaßten höheren Sprache zu lösen ist. PASCAL, von uns in anderen Bereichen bevorzugt, schied aus, dazu ineffiziente ablauffähige Programme entstehen (Faktor 5-6 gegenüber Assembler), ebenso "Nicht-Sprachen" wie BASIC, FORTRAN etc.
In einem kleinen Fachzeitungs-Artikel stießen wir auf '''CDL2''', das unseren Forderungen sehr nahe kam:
 
==== Effizienz ====
 
nur Faktor 1,5-2,0 langsamer als Assembler.
 
==== Möglichkeit der '''angepaßten Formulierung''' ====
 
hohe Sprach-Konstrukte, wie etwa Freibauer, rückständiger Bauer etc. sind direkt und bequem, nach einmaliger Definition, im Programm als Begriffe verfügbar.
 
==== '''Portabilität''' ====
 
Die Anpaßbarkeit an neue Prozessoren ist mit vertretbarem Aufwand möglich, so daß MEPHISTO 3 gleichzeitig in der jeweils neuesten Programm-Version auf 3 verschiedenen Ziel-Prozessoren läuft: DEC '''PDP11''' (als Test-und Trace-Version), RCA '''[[1806]]''' (als Markt-Normal-Version) und Motorola '''[[68000]]''' (als Spitzen-Version).
 
Einige Sätze zu den mehr technischen Teilen des Programms. Sicherlich stellt die Art der legalen Zuggenerierung mit all ihren Facetten (schnell/langsam, legal/pseudolegal) ein Problem dar. Dies ist aber bei MEPHISTO 3 im Vergleich zu der schachlichen Seite stark in den Hintergrund getreten; schließlich wußten wir nach M1 und M 2 ziemlich genau, wie ein effizienter Zuggenerator auszusehen hat. Etwas aufwendiger war da schon die EA-Konzeption. Der Ruf nach Systematik, Klarheit und Einfachheit wurde laut.
 
==== Folgende gänzlich neue Zielvorgaben waren zu beachten ====
 
* Die Information über das Spielgeschehen ist jederzeit, (unabhängig, ob der Computer am Zug ist oder nicht) abrufbar.
* Die Benutzereingaben sind durch eine Menüwahl gekennzeichnet, die klar unterschiedene Bereiche des Programms ansprechen.
 
:'''MEMO:'''  Spielhistorie, Züge vor und zurück etc.
:'''POS:'''    Kontrolle der aktuellen Spielsituation, neue Stellung aufsetzen etc.
:'''LEV:'''    Kontrolle der Spielweise Level, Problem, Zufall, Zeitverhalten etc.
:'''INFO:'''  Information über die aktuelle Zugentscheidung, Hauptvariante, Wert, Zeit, Knoten, Tiefe etc.
 
=== Menschliche Spielweise und der erste Blick ===
 
Stellen Sie sich vor, Sie rechnen eine Schach-Kombination durch. Sie haben einen netten Schlüsselzug gefunden, etwa eine Gabel mit Opfer, und der Gegner hat nur wenige Antworten. Bei ihnen und bei Mephisto wird jetzt vor allen Dingen eine Fähigkeit gefordert:
 
* Auf einen '''"ersten Blick"''' zu entscheiden, welche vernünftigen Züge es für den Gegner gibt und was es darauf lohnt, weiterzuspielen.
 
Gibt es in einer Stellung lohnende Züge, so müssen diese weiterverfolgt werden, gibt es keine, so muß die Stellung bewertet werden und damit die hinzuführende Zugfolge. Man hat dafür nur wenig Zeit. Nach '''De Groot''' bewerten Großmeister etwa 180 Stellungen pro Zug, haben also für diesen ersten Blick jeweils nur eine Sekunde Zeit. Das Problem des ersten Blickes ist nicht trivial. Werden in einer Stellung systematisch zu viele "interessante" Züge ausgewählt, so verliert man sich im Dschungel der Kombinationen, werden aber zu wenige ausgesucht, so übersieht man evt. eine gewinnversprechende Variante.
D.h. die ausgewählten Züge sollen möglichst exakt bewertet werden und sollte ein Zug mit interessanten Möglichkeiten vorkommen, so sollte er auch mit hoher Sicherheit gefunden und entsprechend bewertet werden.
 
 
=== Die Zieleinengung ===
 
Wesentlich beim Erfolg dieser Idee ist das Konzept der Zieleinengung:
"Je tiefer man sich in einer Kombination befindet, desto weniger wird nach sensationellen Zügen gesucht." Es gilt jedoch der Grundsatz, daß ein Zug, der den Gegner zu einer einzigen klar definierten Reaktion zwingt, immer angeschaut wird. - Der Entscheidungsbaum (Darstellung der untersuchten Varianten) wird durch solche Züge '''nicht''' wesentlich ('''exponentiell''') größer.
 
 
=== MEPHISTO 3 unterteilt den Entscheidungsbaum in 3 Abschnitte ===
 
* '''Utopische''' Züge (gut, falls der Gegner nichts tut):
Eine Stellung kommt in einer '''Tiefe''' von etwa '''1-3''' vor. Der Beginn einer Kombination. Fast jeder irgendwie erfolgversprechende Zug wird selektiert, auch wenn die Wahrscheinlichkeit des Erfolges recht gering ist. Der Mensch nennt manche dieser Züge Opfer.
 
* '''Optimistische''' Züge (gut, falls der Gegner nur die zweitbeste Antwort hat):
Die Kombination hat eine '''Tiefe''' von '''4-8''' erreicht. Nur noch Züge mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von größer als 30% werden selektiert. I.A. sind dies Züge, bei denen hohe Figuren angegriffen werden, Schach gedroht wird, etc. Diese Züge sollen aber selbst nichts opfern.
 
* '''Realistische''' Züge (gut, falls der Gegner den besten Gegenzug wählt):
Die Stellung kommt in einer '''Tiefe größer als 8''' vor. Nur noch klare Abwicklungen werden untersucht. D.h. das Programm greift nicht mehr auf Verdacht an, sondern verfolgt Züge mit hoher Trefferrate. Etwa eine angegriffene Figur in Sicherheit bringen, d.h. realisieren, daß die Figur auch wirklich sicher ist und nicht etwa gefesselt oder überlastet ist.
 
=== Noch eine kurze Bemerkung zum Wesen der Kombination beim Schachspiel ===
 
"Finde einen Schlüsselzug, der dem Gegner zu einer oder zu wenigen Antworten zwingt; setze 1-2 Züge mit Druck fort; rechne sie i.A. klare Abwicklung durch." Wenn Sie als Leser die mehr oder weniger berühmten Kombinationen unter diesem Gesichtspunkt betrachten, so werden Sie feststellen, daß sich 90%-95% unter diesem Schema subsumieren lassen.
 
=== Die "Kopec-7-Teststellung" ===
 
Zur Klarheit wird an folgendem Beispiel, welches sicherlich vielen bereits aus Bild der Wissenschaft bekannt ist, die Arbeitsweise von MEPHISTO 3 verdeutlicht.
2-3 Gründe machen das Beispiel interessant.
 
1.) Als die Stellung etwa 30 menschlichen Schachspielern vorgelegt wurde (es war nicht klar, ob die Lösung taktischer oder positioneller Natur sei), war nur ein einziger, ein Großmeister, in der Lage, den Schlüsselzug innerhalb der vorgegebenen Zeit zu finden.
 
2.) Alle mir bisher bekannten Brute-Force Programme scheitern an dieser Stellung wegen eines interessanten '''"Horizonteffektes"'''. Der Zwischenzug - La4xc2 (Horizont) schiebt den für dei Kombination entscheidenden Zug - Bf6-f7 (Gabel- und kein Schlagzug) in die Tiefe 7 und das Ansetzen der Schlagfolgen in dieTiefe9. Ein Brute-Force Programm braucht somit eine Tiefe von 8, um den Schlüsselzug zu finden (BELLE, das bisher schnellste Brute-Force Programm, schafft im Mittelspiel etwa die Tiefe 7).
 
3.) Für uns war es diejenige Stellung, in der MEPHISTO 3 das erste Mal sein ganzes Können unter Beweis stellen konnte.
 
'''Partie: Golyak - Gaiduk'''
 
[[Bild:M3-Kopec-7.png]]
 
 
Sh5-f6  Bg7xf6  Be5xf6  Se7-g6  Bf6-f7  0,53
                        -0,54
                        Se7-c6  Bf6-f7  0,53
                        -0,54
                        La4xc2  Dd1xc2  Se7-g6  Bf6-f7  -0,53
                                        -0,54
                                        Se7-c6  Bf6-f7  -5,70
                        -0,54  0,53    -5,70
                        Sb8-c6  Bf6-f7  2,14
                0,53    -2,14
                La3-b4  -0,14
        -0,54
        Sb8-d7  Sf6xe8  0,53
        -0,54
        La4xc2  La3xe7  Lc2xd1  Ta1xa5  Ld1xe2  Sf6xg8  Le2xf3  Ta5-c5  Kc8-d7  -0,35
                                                0,34    -0,35  0,34
                                                Sf6xe8  Tg8xe8  Tf3-e3  0,12
                                                                Tf3-f2  0,00
                                0,34    -0,35  0,34    -0,35
                                Le2xd1  Da5xa1  -0,35
                0,34    -0,35  0,34
                Sf6xe8  Lc2xd1  -0,35
                0,34
                Dd1xc2  Bg7xf6  Be5xf6  Se7-g6  Bf6-f7  0,53
                                        -0,54
                                        Se7-c6  Bf6-f7  5,70
        -0,54  0,53    -0,54  0,53    -5,70
        Bh7-h6  Sf6xe8  0,53
        -0,54
        Te8-f8  Sf6xg8  0,53
        -0,54
        Tg8-h8  Sf6xe8  0,53
        -0,54
        Tg8-f8  Sf6xe8  0,53
0,53    -0,54
h5xf6  g7f6    e5f6
Le2xc4  d5xc4  La3-b4  Da5-b5  -0,54
                0,53
                La3xe7  Te8xe7  -0,54
Baum: 1 127.194 0,53 0287
 
==== Folgendermaßen findet MEPHISTO 3 die Lösung ====
 
* '''"Utopischer Zug":''' MEPHISTO 3 opfert zwar den Springer, erwartet aber bei "Nichtstun" die Qualität.
 
[[Bild:M3-U.png]]
 
* '''"Optimistischer Zug":''' MEPHISTO 3 steht zwar 2 Bauern schlechter, erwartet aber bei  "Nichtstun" einen Springer als Gewinn.
 
[[Bild:M3-O.png]]
 
* '''"Realistischer Zug":''' Das Ergebnis der Gabel am Schluß ist bei Springer-Wegzug 2 Bauern, sonst 1 Bauer.
 
[[Bild:M3-R.png]]
 
 
=== Die Knotenentscheidung ===
 
In einer gegebenen Stellung findet MEPHISTO 3 unabhängig von der Tiefe folgende taktisch motivierten Züge in etwa einer halben Sekunde ([[1806]]-Modular) bzw. einer zehntel Sekunde ([[68000]]-Excalibur).
 
==== Gabel ====
[[Bild:M3-1.png]]
 
 
==== Abzugsangriff ====
[[Bild:M3-2.png]]
 
 
==== Angriff auf eingesperrte Figur ====
[[Bild:M3-3.png]]
 
 
==== Gegenpläne: "Gegen-Bauern-durchmarsch" ====
[[Bild:M3-4.png]]
 
 
==== Angriff auf überlastete Figur ====
[[Bild:M3-5.png]]
 
 
==== Angriff auf gefesselte Figur ====
[[Bild:M3-6.png]]
 
 
==== Schlagzug mit rückschlagen einer unbeweglichen Figur ====
[[Bild:M3-7.png]]
 
 
==== Bauern aufhalten ====
[[Bild:M3-8.png]]
 
 
==== Schach mit "0 Antworten" ====
[[Bild:M3-9.png]]
 
 
==== Schach mit "1 Antwort" ====
[[Bild:M3-10.png]]
 
 
==== MEPHISTO 3-Endspielpläne: Plan: Bauerndurchmarsch ====
[[Bild:M3-11.png]]
 


Drucker oder TV-Interface kamen zwar nie auf den Markt, dafür aber im Dezember 1981 ein neues Programm. Das Mephisto II-Programm war doppelt so groß (16 KByte), besaß ein deutlich größeres Eröffnungsrepertoire (4.000 Halbzüge statt 220) und war darüber hinaus erheblich stärker. Immerhin war es dem Weltmeister von Travemünde, dem Mark V, überlegen. Erst nach ein paar Monaten musste es sich den neuen Fidelity-Stars Sensory 9 und Prestige geschlagen geben, obwohl es den Prestige sogar in einem aufsehenerregenden Schaukampf unter Aufsicht eines Bundesliga-Schiedsrichters bezwingen konnte. Hier die zwar nicht fehlerlose, aber ganz nette Partie.
==== König ins Quadrat ====
<pgn>
[[Bild:M3-12.png]]
[Event "6/97-64 Bauermeister"]
[Site "CSS"]
[Date "1982.10.08"]
[White "Fidelity Prestige"]
[Black "Mephisto II"]
[Result "0-1"]
[ECO "A34"]
[PlyCount "80"]


1. c4 c5 2. Nc3 Nf6 3. g3 g6 4. Bg2 Bg7 5. d3 O-O 6. Bd2 Nc6 7. Nf3 e5 8. O-O
d6 9. Qb3 Na5 10. Qa3 Be6 11. Nd5 Bxd5 12. cxd5 b6 13. Rac1 Nb7 14. e4 Qd7 15.
Qa6 Rfd8 16. Ng5 Qe7 17. f4 exf4 18. Bxf4 Nh5 19. Be3 Rf8 20. b3 Bh6 21. Bd2
Bxg5 22. Bxg5 Qxg5 23. Qxb7 Qe3+ 24. Kh1 Qh6 25. Kg1 Nf6 26. Rce1 Qd2 27. Qc7
Ng4 28. Ra1 $2 Qe3+ 29. Kh1 Nf2+ 30. Rxf2 ({nach} 30. Kg1 $4 {käme es zu dem
bekannten Erstickungsmatt} Nh3+ 31. Kh1 Qg1+ 32. Rxg1 Nf2#) 30... Qxf2 31. Qxd6
Qb2 32. Rf1 Qxa2 33. b4 Rad8 34. Qf6 cxb4 35. Ra1 Qd2 36. Rxa7 Rc8 37. Ra1 Rc2
38. Rg1 Rb8 39. d4 b3 40. Qe5 Rbc8 0-1
</pgn>
Zusätzlich konnte man beim Mephisto II nun auch noch eine Stellungsbewertung (hexadezimal!) und die Zugnummer abrufen. Das Beste aber war, dass das neue Programm auch als Modul für das alte Grundgerät erhältlich war, womit die Besitzer des Mephisto I ihren Computer aufrüsten konnten. Zwar waren damals laut Herstellerangaben fast sämtliche Schachcomputer updatefähig, aber nur allzu häufig erwiesen sich diese Versprechungen als Luftblasen. Als dann Ende 1982 auch noch eine schnellere Version mit 6,1 statt 3,5 MHz und außerdem das turniergroße und über 8 cm hohe Edelholzbrett [[Mephisto ESB 6000|ESB 6000]] auf den Markt kamen, war die Welt in Ordnung. Doch die eigentliche Sensation erschien erst ein Jahr später zum Weihnachtsgeschäft 1983.


=== Bis zwei Stellungen pro Sekunde ===
=== Weitere Kriterien ===


Thomas Nitsche, Elmar Henne und das übrige Team von Hegener & Glaser entwickelten ein völlig neues Gerätekonzept und ein gänzlich neues Programm. Die Rede ist von der modularen Reihe, die bis heute aktuell ist und schon aus diesem Grunde eine Besprechung wert wäre, sowie vom Programm Mephisto III. Neu war nicht nur das menügesteuerte Bedienkonzept und die hervorragende Ausstattung mit Vierzeitenuhr, Magnetsensorbrett und Zugzurücknahme auf dem Brett, sondern vor allem das Programm. Während nämlich damals der Trend bereits eindeutig zu immer schnelleren Programmen ging und die Konkurrenz bis zu 1.000 Stellungen pro Sekunde rechnete ([[Fidelity Prestige|Prestige]], [[Novag Constellation 3.6|Constellation 3.6]]), bewertete der Mephisto III lediglich ein bis zwei Stellungen pro Sekunde!
Zusätzlich zum prinzipiellen Finden dieser taktischen Züge muß MEPHISTO 3 aber noch einiges mehr bewältigen:


Es versteht sich von selbst, dass bei ca. 500 berechneten Stellungen pro Zug auf Turnierstufe keine Brute-Force-Suche zum Einsatz kommen konnte. sondern eines der »intelligentesten« Programme der Welt am Werk war. Blitzschach war nicht gerade die Domäne von Mephisto III, aber auf Turnierstufe konnte er jedem Computergegner gefährlich werden. Trotzdem gab das Programm so einige Rätsel auf, denn die taktische Schlagkraft war nicht so unterentwickelt, wie man meinen sollte. Ein Kostprobe seines Könnens gab das neue Programm bei einer Simultanveranstaltung 1983 in München gegen Anatoli Karpov. Nach einem fulminanten Angriff setzte der damalige Weltmeister in Gewinnstellung nicht korrekt fort und musste sich schließlich mit einem Remis zufriedengeben. Dies war der erste halbe Punkt eines Serienschachcomputers gegen einen amtierenden Weltmeister, wenn auch nur im Simultan!
==== Stellungsbewertung ====
<pgn>
Die Stellung wird nach '''positionellen Kriterien''' bewertet (Stellungsbewertung)
[Event "6/97-64 Bauermeister"]
[Site "CSS"]
[Date "1983"]
[White "Karpov"]
[Black "Mephisto III"]
[Result "1/2-1/2"]
[ECO "C67"]
[PlyCount "49"]


1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 Nf6 4. O-O Nxe4 5. d4 exd4 6. Re1 f5 {Üblicher und
In jeder Tiefe, aber in Abhängigkeit von Eröffnung, Mittel- und Endspiel:
besser ist 6...d5.} (6... d5) 7. Nxd4 Nxd4 8. Qxd4 Kf7 9. Bc4+ {Ein
* Bauer:    Zentrum, Doppel, isoliert, Frei, Duo, rückständig, Vorposten, Hebel, blockiert, etc.
naheliegendes Schachgebot, doch hätte 9.Dd5+ dem teuflischen Schachcomputer
* Springer: Zentrum, Vorposten, Entwicklung, etc.
mehr Kopfzerbrechen bereitet.} (9. Qd5+) 9... d5 {Ein für einen
* Läufer:  Lange Diagonalen, Fianchetto, Vorposten, Entwicklung, Paar, etc.
Schachcomputer dieser Genera­tion erstaunlicher Zug. Mephisto klebt nicht am
* Turm:    Offene-, Halboffene-Linien, Verdoppelung, hinter Frei-Bauern, hinter potentielle Hebel, 7.Reihe etc.
Ma­terial, sondern gibt im Sinne der Entwicklung seinen Mehrbauern zurück.}
* Dame:    Aktivität, siehe partiell Turm, etc.
10. Bxd5+ Be6 11. Bxe6+ Kxe6 12. Rxe4+ $1 fxe4 13. Qxe4+ Kf6 (13... Kf7) 14.
* König:    Sichere Rochadenstellung (Muster der Bauern, Kontrolle der Umfelder durch Figuren), Angriff auf den König, etc.
Nc3 c6 15. Be3 Be7 16. Re1 Qd7 17. Qf4+ Kg6 18. h4 Qf5 (18... a6 {Hilfszug!}
* Zusammenspiel der Figuren: Druck auf unbewegliche Figuren (gefesselt, direkt unbeweglich, überlastet),Deckung, Fesselung, Eröffnungstempi, spezielle Endspielregeln, etc.
19. h5+ $1 Kxh5 20. Qf7+ g6 21. Bf4 {mit vielfältigen, unparierbaren
Drohungen. Zum Beispiel} Raf8 22. Re5+ Kg4 23. f3+ Kh4 24. g3+ Kh3 25. Rh5+
gxh5 26. Qxh5+ Bh4 27. Qxh4#) 19. h5+ Qxh5 (19... Kf6 $2 20. Bd4+ Kf7 21. Qxf5+
) 20. Bd4 $2 {Nach dieser Ungenauigkeit kann Schwarz seine Stellung
konsolidieren.} ({Sofort gewonnen hätte hingegen:} 20. g4 $3 Qa5 21. b4 $1
Bxb4 22. Bb6 $1 axb6 23. Re6#) 20... Bf6 21. g4 Qg5 22. Qe4+ Kf7 23. Qe6+ Kg6
24. Qe4+ Kf7 25. Qe6+ 1/2-1/2
</pgn>
Bei der offenen Weltmeisterschaft 1983 in New York bestätigte das Programm dann seine guten Resultate und schloss als bestes Markengerät mit drei Punkten aus fünf Partien ab. Im Schachecho 7/84 (S. 268: »[[Das Mephisto 3-Projekt]]«) erläuterte Thomas Nitsche dann die Programmierung und ließ Laien wie Fachleute über seinen Ansatz mit »utopischen, optimistischen und realistischen« Zügen staunen.


So revolutionär das Konzept auch war, in der Praxis zeigte sich dann doch ein gewichtiger Nachteil: Taktik und Endspiel waren der Konkurrenz schließlich aufgrund der geringen Rechenleistung deutlich unterlegen, weshalb noch einmal eine bahnbrechende Neuerung her musste. Diese zeigte sich dann auf der Weltmeisterschaft 1983 in Budapest.
==== Suche ====
Für jeden einzelnen Zug muß neu entschieden werden, ob er weiterverfolgt werden soll oder ob dies keinen Sinn mehr macht.
Einige Fälle sind vorstellbar:


=== Motorola 68000 ===
* Bis jetzt ist noch nichts passiert,
:- alle taktisch interessanten Züge werden weiter analysiert.


Man hatte wohl im Vorfeld der Weltmeisterschaft bei Mephisto schmerzlich feststellen müssen, dass die Mephisto III-Programme in der kommerziellen Version ihren direkten Konkurrenten voraussichtlich nicht das Wasser reichen konnten. So beschloss man, einen Pfeil aus dem Köcher zu ziehen, den andere Firmen erst 1987 (Fidelity Excel 68000) bzw. 1988 (Novag Scorpio / Diablo und Sphinx 68000) hervorzauberten. Bei Hegener & Glaser kam im neuen und nur in 100 Exemplaren aufgelegten Excalibur erstmals der 68000-Prozessor von Motorola in einem kommerziellen Schachcomputer zum Einsatz. Die Konkurrenz staunte nicht schlecht: Mit einer Rechengeschwindigkeit von nunmehr 5-6 Stellungen pro Sekunde war das nur unwesentlich veränderte Programm seinen Widersachern nicht nur ebenbürtig, sondern wäre beinahe sogar Weltmeister geworden. Am Schluss belegte der Mephisto X (baugleich mit [[Mephisto Excalibur]]) mit fünf Punkten den zweiten Platz unter 18 teilnehmenden Computern. Die beiden anderen Geräte, Mephisto Y und Mephisto Excalibur, belegten die Plätze 9 und 10 mit 3,5 bzw. 3 Punkten. Beim Porzer Open im selben Jahr konnte das 4.995,- DM teure und mit einer Messingplakette mit Namensschriftzug versehene Stück wiederum überzeugen: Es erreichte eine für damalige Verhältnisse phantastische Ingo-Zahl von 120, was einer Elozahl von 1880 entspricht.
* Eine nette Kombination ist gefunden, mit der dem Gegner z.B. die Qualität abgenommen wird.  
:- Nur Züge, die mehr als diese Qualität erwarten lassen, z.B. einen Bauerndurchmarsch oder eine Mattdrohung, werden selektiert.


=== Endlich der Titel! ===
* Das Programm hat bereits z.B. einen Springergeopfert.
:- Es werden nur noch Züge angeschaut, die diesen Springer oder mehr zurückgewinnen.


Bei der Weltmeisterschaft 1984 in Glasgow war es dann so weit: Die letzte Entwicklungsstufe des Mephisto III-Programms konnte punktgleich mit zwei weiteren Computern und einem PC-Programm tat-sächlich den Weltmeistertitel erringen. Das nun Mephisto III-S genannte Programm im Exclusive-Brett kostete in seiner kommerziellen Ausführung 3.000,-DM und holte zusätzlich noch den Titel des kommerziellen Weltmeisters. Es war nicht nur noch einmal schneller geworden (6-7 Stellungen pro Sekunde), sondern hatte taktisch und im Endspiel durch neue Algorithmen auch schachlich gewonnen.
Leider war es das letzte Schachprogramm von Thomas Nitsche und Elmar Henne. Beide zogen sich nach diesem Erfolg von der Schachprogrammierung zurück und gingen anderen Aktivitäten nach. Obwohl Thomas Nitsche beispielsweise niemals ganz das Interesse an der Schachprogrammierung verloren hat, konnte er bis heute nicht mehr dazu bewegt werden, ein neues Programm zu schreiben. Dafür ging bei der [[4. WMCCC Glasgow 1984|WM in Glasgow]] ein neuer Programmierstar am Himmel auf: Das geteilter Weltmeister gewordene PC-Programm Psion-Chess stammte nämlich von einem jungen Engländer namens [[Richard Lang]], dessen Programme in den Folgejahren die Konkurrenz geradezu deklassierten... Doch das ist eine andere Geschichte!




[[Kategorie:Schachcomputer]]
[[Kategorie:Schachcomputer]]
[[Kategorie:Hegener & Glaser]]
[[Kategorie:Mephisto]]
[[Kategorie:1805]]

Version vom 3. April 2019, 16:43 Uhr

Mephisto III Special
Hersteller Hegener & Glaser
Markteinführung 1983
CElo ca. 1570
Programmierer Nitsche, Thomas & Henne, Elmar
Prozessor Takt RAM ROM
1805 12 MHz 4 KB 32 KB
Rechentiefe BT-2450 BT-2630 Colditz
21 Halbzüge - - ~1485
Bibliothek >500 Varianten
Display 4-stellige 7-Segment Anzeige
Spielstufen 8 x Durchschnittszeit, Analyse

• L 0 = Anfängerstufe 1, ca. 1-3 Sekunden
• L 1 = Anfängerstufe 2, ca. 5 Sekunden
• L 2 = Blitzschachstufe 1, ca. 10-15 Sekunden
• L 3 = Blitzschachstufe 2, ca. 20-30 Sekunden
• L 4 = Schnellpartie 1, ca. 1 Minute
• L 5 = Schnellpartie 2, ca. 2 Minuten
• L 6 = Turnierstufe 40 Züge/2 Stunden
• L 7 = Analysestufe 1, ca. 10 Minuten
• L 8 = Analysestufe 2, ca. 1-2 Stunden
• L 9 = Fernschachstufe, ca. 1-5 Tage

Zugeingabe Tastatur
Zugausgabe 64 Feld-LEDs
Einführungspreis ca. 550 €
Prozessortyp 8 Bit
Stromversorgung Batterie = 4 x AA, Netz = HG 4200 oder HGN 5002
Maße 17 x 11 x 4 cm
Verwandt Mephisto III
Sonstiges
Mephisto III Special mit höherer Taktfrequenz von 12 MHz



Infos
Für kurze Zeit wurde für die 8-Bit-Geräte eine "Mephisto III-Special"-Variante mit 12 Mhz von der Hobby Computer Centrale zu einem Aufpreis von 295,00 DM angeboten. Eigenen Tests zufolge lag diese Variante mit 3,5 - 4 Knoten pro Sekunde leistungsmäßig zwischen der 8 Mhz-Version und dem Mephisto Excalibur.

Der auf dem Bild angezeigte Wert 1289 ist die Anzahl der berechneten Stellungen nach etwa 6 Minuten (aus der Grundstellung im Level 9 Berechnung nach 1.f3).


Nachtrag 01.01.2016:

Mittlerweile haben wir nun auch exakte Werte, mit denen verschiedene Geräte genau identifiziert werden können:

Mephisto III 3,5MHz: 376 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 6,1MHz: 623 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 11MHz: 1184 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 12MHz "Special": 1280 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Excalibur "Serie" 8MHz: 2026 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Excalibur "WM Version New York" 8MHz: 2028 Stellungen nach exakt 6 Minuten




Das MEPHISTO 3-Projekt

von Thomas Nitsche

aus der Schach Zeitschrift "Schach-Echo" 7/1984 eingescannt und aufbereitet.

Schach-Echo 7/1984


Die Autoren

Elmar Henne (29 Jahre, Diplom Informatiker) und Thomas Nitsche (31 Jahre, Diplom Mathematiker) sind Mitbegründer der Münchner Software Firma P1 GmbH. Seit einigen Jahren befassen sie sich intensiv mit der Entwicklung von Schachprogrammen. Unter anderem haben sie 1980-1982 Experimentalprogramme für den BTX-Einsatz, sowie den Parallelrechner SMS 201 von Siemens entwickelt.

Seit 1980 arbeiten P1 und Hegener + Glaser eng im Bereich der Mephisto Schachcomputer-Entwicklung zusammen. E.Henne und T.Nitsche haben dabei von Anfang an die Programme Mephisto 1, 2 und 3 entworfen und realisiert, wobei z.B. die Eröffnungsbibliothek mit Hilfe von Ossi Weiner entstand. Neuerdings zeichnet P1 in Zusammenarbeit mit R.D. Klein, vielen aus der NDR-Informatik-Serie und von seinen Büchern her bekannt, auch für die Entwicklung der "schnellen"-bzw. der Mephisto-Experimental-Hardware, verantwortlich.

Der Anfang

Mephisto 3, das Brikett

Sommer '81 standen wir vor der Notwendigkeit ein neues Mephisto Schachprogramm zu konzipieren. Zwar war MEPHISTO 2 ein gutes Programm, aber erstens geht die Entwicklung weiter und zweitens hatten wir das Gefühl, daß trotz laufender Verbesserungen eine Grenze absehbar war. Etwas Neues mußte passieren.

Vorstellungen davon, wie MEPHISTO 3 aussehen könnte, hatten wir bereits:

  • er sollte noch mehr dem Menschen vergleichbar Schach spielen.

Sorgfältig begannen wir, MEPHISTO 3 zu planen. Alles, was uns einfiel, wurde aufgeschrieben. Insbesondere hatten wir eine MEPHISTO 3 Eigenschaftsliste aufgestellt, die all das enthalten sollte, was wir uns für die Zukunft unter einem guten Schachprogramm vorstellten. Sicherlich waren und sind die Ziele hochgesteckt, doch mit weniger wollten wir uns nicht zufrieden geben. Uns war klar, daß die Brute-Force-Programme nur noch minimal zu steigern seien.

  • Der jetzige Weltmeister Cray-Blitz verlor erst kürzlich 4Partien klar gegen David Levy (etwa 2300 Elo). Anzumerken ist, daß Cray-Blitz mit einem Rechner arbeitet, der etwa 200 mal schneller rechnet, als der 1806-Micro-Prozessor des Mephisto.

MEPHISTO 3 Ziele

  • Klare Unterscheidung zwischen einer ruhigen und einer dynamischen Stellung.
  • Das Programm soll in der Lage sein zu planen und zielgerichtet zu handeln (z.B. Bauerndurchmarsch).
  • Die Stellungsbewertung soll Feinheiten in jeder Tiefe des Baumes erkennen (z.B. rückständige Bauern).
  • Taktisch erzwungene Zugfolgen sollen durchgerechnet werden. Taktische Wendungen am Ende einer solchen Zugfolge sollen erkannt werden. Insbesondere sollen lange Mattkombinationen gesehen werden.
  • Abspiele in positionell vorteilhafte Stellungen sollen erkannt werden (z.B. gewonnenes Endspiel).
  • Opferkombinationen der eigenen Seite wie des Gegners sollen gesehen werden.
  • Bei Abspielen (erzwungene Zugfolgen) soll der Baum nicht exponentiellen Charakter haben.
  • Der Horizonteffekt soll weitgehend eliminiert werden.

Die technischen Aspekte

In Verbindung mit der Ziel-Vorgabe war ein weiteres Problem zu lösen. - Die Wahl der Programmiersprache. Assemblerprogrammierung kam nicht in Frage, denn unsere Zielvorgaben enthalten insbesondere die Forderung nach viel Schachwissen, welches aber in adäquater Zeit nur mit einer angepaßten höheren Sprache zu lösen ist. PASCAL, von uns in anderen Bereichen bevorzugt, schied aus, dazu ineffiziente ablauffähige Programme entstehen (Faktor 5-6 gegenüber Assembler), ebenso "Nicht-Sprachen" wie BASIC, FORTRAN etc. In einem kleinen Fachzeitungs-Artikel stießen wir auf CDL2, das unseren Forderungen sehr nahe kam:

Effizienz

nur Faktor 1,5-2,0 langsamer als Assembler.

Möglichkeit der angepaßten Formulierung

hohe Sprach-Konstrukte, wie etwa Freibauer, rückständiger Bauer etc. sind direkt und bequem, nach einmaliger Definition, im Programm als Begriffe verfügbar.

Portabilität

Die Anpaßbarkeit an neue Prozessoren ist mit vertretbarem Aufwand möglich, so daß MEPHISTO 3 gleichzeitig in der jeweils neuesten Programm-Version auf 3 verschiedenen Ziel-Prozessoren läuft: DEC PDP11 (als Test-und Trace-Version), RCA 1806 (als Markt-Normal-Version) und Motorola 68000 (als Spitzen-Version).

Einige Sätze zu den mehr technischen Teilen des Programms. Sicherlich stellt die Art der legalen Zuggenerierung mit all ihren Facetten (schnell/langsam, legal/pseudolegal) ein Problem dar. Dies ist aber bei MEPHISTO 3 im Vergleich zu der schachlichen Seite stark in den Hintergrund getreten; schließlich wußten wir nach M1 und M 2 ziemlich genau, wie ein effizienter Zuggenerator auszusehen hat. Etwas aufwendiger war da schon die EA-Konzeption. Der Ruf nach Systematik, Klarheit und Einfachheit wurde laut.

Folgende gänzlich neue Zielvorgaben waren zu beachten

  • Die Information über das Spielgeschehen ist jederzeit, (unabhängig, ob der Computer am Zug ist oder nicht) abrufbar.
  • Die Benutzereingaben sind durch eine Menüwahl gekennzeichnet, die klar unterschiedene Bereiche des Programms ansprechen.
MEMO: Spielhistorie, Züge vor und zurück etc.
POS: Kontrolle der aktuellen Spielsituation, neue Stellung aufsetzen etc.
LEV: Kontrolle der Spielweise Level, Problem, Zufall, Zeitverhalten etc.
INFO: Information über die aktuelle Zugentscheidung, Hauptvariante, Wert, Zeit, Knoten, Tiefe etc.

Menschliche Spielweise und der erste Blick

Stellen Sie sich vor, Sie rechnen eine Schach-Kombination durch. Sie haben einen netten Schlüsselzug gefunden, etwa eine Gabel mit Opfer, und der Gegner hat nur wenige Antworten. Bei ihnen und bei Mephisto wird jetzt vor allen Dingen eine Fähigkeit gefordert:

  • Auf einen "ersten Blick" zu entscheiden, welche vernünftigen Züge es für den Gegner gibt und was es darauf lohnt, weiterzuspielen.

Gibt es in einer Stellung lohnende Züge, so müssen diese weiterverfolgt werden, gibt es keine, so muß die Stellung bewertet werden und damit die hinzuführende Zugfolge. Man hat dafür nur wenig Zeit. Nach De Groot bewerten Großmeister etwa 180 Stellungen pro Zug, haben also für diesen ersten Blick jeweils nur eine Sekunde Zeit. Das Problem des ersten Blickes ist nicht trivial. Werden in einer Stellung systematisch zu viele "interessante" Züge ausgewählt, so verliert man sich im Dschungel der Kombinationen, werden aber zu wenige ausgesucht, so übersieht man evt. eine gewinnversprechende Variante. D.h. die ausgewählten Züge sollen möglichst exakt bewertet werden und sollte ein Zug mit interessanten Möglichkeiten vorkommen, so sollte er auch mit hoher Sicherheit gefunden und entsprechend bewertet werden.


Die Zieleinengung

Wesentlich beim Erfolg dieser Idee ist das Konzept der Zieleinengung: "Je tiefer man sich in einer Kombination befindet, desto weniger wird nach sensationellen Zügen gesucht." Es gilt jedoch der Grundsatz, daß ein Zug, der den Gegner zu einer einzigen klar definierten Reaktion zwingt, immer angeschaut wird. - Der Entscheidungsbaum (Darstellung der untersuchten Varianten) wird durch solche Züge nicht wesentlich (exponentiell) größer.


MEPHISTO 3 unterteilt den Entscheidungsbaum in 3 Abschnitte

  • Utopische Züge (gut, falls der Gegner nichts tut):

Eine Stellung kommt in einer Tiefe von etwa 1-3 vor. Der Beginn einer Kombination. Fast jeder irgendwie erfolgversprechende Zug wird selektiert, auch wenn die Wahrscheinlichkeit des Erfolges recht gering ist. Der Mensch nennt manche dieser Züge Opfer.

  • Optimistische Züge (gut, falls der Gegner nur die zweitbeste Antwort hat):

Die Kombination hat eine Tiefe von 4-8 erreicht. Nur noch Züge mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von größer als 30% werden selektiert. I.A. sind dies Züge, bei denen hohe Figuren angegriffen werden, Schach gedroht wird, etc. Diese Züge sollen aber selbst nichts opfern.

  • Realistische Züge (gut, falls der Gegner den besten Gegenzug wählt):

Die Stellung kommt in einer Tiefe größer als 8 vor. Nur noch klare Abwicklungen werden untersucht. D.h. das Programm greift nicht mehr auf Verdacht an, sondern verfolgt Züge mit hoher Trefferrate. Etwa eine angegriffene Figur in Sicherheit bringen, d.h. realisieren, daß die Figur auch wirklich sicher ist und nicht etwa gefesselt oder überlastet ist.

Noch eine kurze Bemerkung zum Wesen der Kombination beim Schachspiel

"Finde einen Schlüsselzug, der dem Gegner zu einer oder zu wenigen Antworten zwingt; setze 1-2 Züge mit Druck fort; rechne sie i.A. klare Abwicklung durch." Wenn Sie als Leser die mehr oder weniger berühmten Kombinationen unter diesem Gesichtspunkt betrachten, so werden Sie feststellen, daß sich 90%-95% unter diesem Schema subsumieren lassen.

Die "Kopec-7-Teststellung"

Zur Klarheit wird an folgendem Beispiel, welches sicherlich vielen bereits aus Bild der Wissenschaft bekannt ist, die Arbeitsweise von MEPHISTO 3 verdeutlicht. 2-3 Gründe machen das Beispiel interessant.

1.) Als die Stellung etwa 30 menschlichen Schachspielern vorgelegt wurde (es war nicht klar, ob die Lösung taktischer oder positioneller Natur sei), war nur ein einziger, ein Großmeister, in der Lage, den Schlüsselzug innerhalb der vorgegebenen Zeit zu finden.

2.) Alle mir bisher bekannten Brute-Force Programme scheitern an dieser Stellung wegen eines interessanten "Horizonteffektes". Der Zwischenzug - La4xc2 (Horizont) schiebt den für dei Kombination entscheidenden Zug - Bf6-f7 (Gabel- und kein Schlagzug) in die Tiefe 7 und das Ansetzen der Schlagfolgen in dieTiefe9. Ein Brute-Force Programm braucht somit eine Tiefe von 8, um den Schlüsselzug zu finden (BELLE, das bisher schnellste Brute-Force Programm, schafft im Mittelspiel etwa die Tiefe 7).

3.) Für uns war es diejenige Stellung, in der MEPHISTO 3 das erste Mal sein ganzes Können unter Beweis stellen konnte.

Partie: Golyak - Gaiduk


Sh5-f6  Bg7xf6  Be5xf6  Se7-g6  Bf6-f7  0,53
                        -0,54
                        Se7-c6  Bf6-f7  0,53
                        -0,54
                        La4xc2  Dd1xc2  Se7-g6  Bf6-f7  -0,53
                                        -0,54
                                        Se7-c6  Bf6-f7  -5,70
                        -0,54   0,53    -5,70
                        Sb8-c6  Bf6-f7  2,14
                0,53    -2,14
                La3-b4  -0,14
        -0,54
        Sb8-d7  Sf6xe8  0,53
        -0,54
        La4xc2  La3xe7  Lc2xd1  Ta1xa5  Ld1xe2  Sf6xg8  Le2xf3  Ta5-c5  Kc8-d7  -0,35
                                                0,34    -0,35   0,34
                                                Sf6xe8  Tg8xe8  Tf3-e3  0,12
                                                                Tf3-f2  0,00
                                0,34    -0,35   0,34    -0,35
                                Le2xd1  Da5xa1  -0,35
                0,34    -0,35   0,34
                Sf6xe8  Lc2xd1  -0,35
                0,34
                Dd1xc2  Bg7xf6  Be5xf6  Se7-g6  Bf6-f7  0,53
                                        -0,54
                                        Se7-c6  Bf6-f7  5,70
        -0,54   0,53    -0,54   0,53    -5,70
        Bh7-h6  Sf6xe8  0,53
        -0,54
        Te8-f8  Sf6xg8  0,53
        -0,54
        Tg8-h8  Sf6xe8  0,53
        -0,54
        Tg8-f8  Sf6xe8  0,53
0,53    -0,54
h5xf6   g7f6    e5f6
Le2xc4  d5xc4   La3-b4  Da5-b5  -0,54
                0,53
                La3xe7  Te8xe7  -0,54

Baum: 1 127.194 0,53 0287

Folgendermaßen findet MEPHISTO 3 die Lösung

  • "Utopischer Zug": MEPHISTO 3 opfert zwar den Springer, erwartet aber bei "Nichtstun" die Qualität.

  • "Optimistischer Zug": MEPHISTO 3 steht zwar 2 Bauern schlechter, erwartet aber bei "Nichtstun" einen Springer als Gewinn.

  • "Realistischer Zug": Das Ergebnis der Gabel am Schluß ist bei Springer-Wegzug 2 Bauern, sonst 1 Bauer.


Die Knotenentscheidung

In einer gegebenen Stellung findet MEPHISTO 3 unabhängig von der Tiefe folgende taktisch motivierten Züge in etwa einer halben Sekunde (1806-Modular) bzw. einer zehntel Sekunde (68000-Excalibur).

Gabel


Abzugsangriff


Angriff auf eingesperrte Figur


Gegenpläne: "Gegen-Bauern-durchmarsch"


Angriff auf überlastete Figur


Angriff auf gefesselte Figur


Schlagzug mit rückschlagen einer unbeweglichen Figur


Bauern aufhalten


Schach mit "0 Antworten"


Schach mit "1 Antwort"


MEPHISTO 3-Endspielpläne: Plan: Bauerndurchmarsch


König ins Quadrat


Weitere Kriterien

Zusätzlich zum prinzipiellen Finden dieser taktischen Züge muß MEPHISTO 3 aber noch einiges mehr bewältigen:

Stellungsbewertung

Die Stellung wird nach positionellen Kriterien bewertet (Stellungsbewertung)

In jeder Tiefe, aber in Abhängigkeit von Eröffnung, Mittel- und Endspiel:

  • Bauer: Zentrum, Doppel, isoliert, Frei, Duo, rückständig, Vorposten, Hebel, blockiert, etc.
  • Springer: Zentrum, Vorposten, Entwicklung, etc.
  • Läufer: Lange Diagonalen, Fianchetto, Vorposten, Entwicklung, Paar, etc.
  • Turm: Offene-, Halboffene-Linien, Verdoppelung, hinter Frei-Bauern, hinter potentielle Hebel, 7.Reihe etc.
  • Dame: Aktivität, siehe partiell Turm, etc.
  • König: Sichere Rochadenstellung (Muster der Bauern, Kontrolle der Umfelder durch Figuren), Angriff auf den König, etc.
  • Zusammenspiel der Figuren: Druck auf unbewegliche Figuren (gefesselt, direkt unbeweglich, überlastet),Deckung, Fesselung, Eröffnungstempi, spezielle Endspielregeln, etc.

Suche

Für jeden einzelnen Zug muß neu entschieden werden, ob er weiterverfolgt werden soll oder ob dies keinen Sinn mehr macht. Einige Fälle sind vorstellbar:

  • Bis jetzt ist noch nichts passiert,
- alle taktisch interessanten Züge werden weiter analysiert.
  • Eine nette Kombination ist gefunden, mit der dem Gegner z.B. die Qualität abgenommen wird.
- Nur Züge, die mehr als diese Qualität erwarten lassen, z.B. einen Bauerndurchmarsch oder eine Mattdrohung, werden selektiert.
  • Das Programm hat bereits z.B. einen Springergeopfert.
- Es werden nur noch Züge angeschaut, die diesen Springer oder mehr zurückgewinnen.