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SciSys KSO: Unterschied zwischen den Versionen

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* Eröffnungsmodul (Eprom, 8 KB) für [[SciSys]] Schachcomputer; erweitert das Eröffnungsrepertoir von 8000 auf ca. 36.000 [[Halbzüge]] (einschl. Zugumstellungen)
* Eröffnungsmodul (Eprom, 8 KB) für [[SciSys]] Schachcomputer; erweitert das Eröffnungsrepertoir von 8000 auf ca. 36.000 [[Halbzüge]] (einschl. Zugumstellungen)
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[[Bild:Turbostar432_KSO_Modul.jpg|thumb|left|450px|KSO Eröffnungs Modul ([[ROM]])]]
<br style="clear:both;" />
== Ein Turbo auf der Überholspur ==
Dirk Frickenschmidt stellt das neue Kasparow-Modul vor
''(aus Computer Schach & Spiele / Heft 5 / Oktober-November 1985)''
Für alle Besitzer eines Superstar oder Turbostar hat die Firma SciSys einen echten Leckerbissen herausgebracht. Das 8 Kilobyte große Erweiterungs-Modul enthält eine umfangreiche und dazu brandaktuelle Eröffnungs-Bibliothek mit vielen von Garry Kasparow gespielten oder empfohlenen Zugfolgen.
Das sogenannte KSO-Modul (KSO steht für "Kasparov Selected Openings") wird in den Superstar einfach eingesteckt. Etwas komplizierter ist es beim Turbostar. Hier muss man die entsprechende Erweiterung in einem SciSys Service Center (Electronics International, Augustinusstr.7-11, 5020 Frechen 4) durchführen lassen. Der Preis soll sich nach Auskunft der Firma um ca. 100 DM für das Modul (ohne Einbau) und ca. 120 DM für die Einbauversion bewegen, so dass man seinen Schach-Mikro ohne allzu kostspielige Investitionen erheblich aufwerten kann.
=== Umfangreiche Gesamt-Bibliothek ===
Das Modul verdoppelt den Umfang der bereits in den Geräten enthaltenen Eröffnungen um weitere ca. 8000 Halbzüge auf insgesamt ca. 15.000. Damit erreicht die Bibliothek eine Größenordnung, wie man sie sonst nur vom Super Constellation oder von mit dem CB16-Modul erweiterten Fidelity-Geräten kennt. Alle gängigen Eröffnungen kann man mit Weiß und Schwarz gegen das Gerät spielen, ohne unfreiwillig in seltenen Nebenvarianten zu landen oder nach frühem Verlassen der Bibliothek ganz andere (z.T. fragwürdige) Fortsetzungen als gegen menschliche Spieler zu erleben. Das Repertoire des KSO unterscheidet sich von anderen Bibliotheken noch dadurch positiv, daß "geschlossene" Spielweisen (nach 1.d4, 1.c4 oder zum Teil auch 1.Sf3) hier genauso zahlreich und aktuell vertreten sind wie (halb-)offene (nach 1.e4). Auch seltene Gambitvarianten sind jetzt gründlicher berücksichtigt. Der Turbostar ohne Modul musste zum Beispiel nach 1.e4 e5 244 exd4 3.c3 (Mittelgambit oder Nordisches Gambit) mit Schwarz passen und kam durch Annahme des Opfers den weißen Absichten entgegen. Jetzt dagegen geht es auch in so einem relativ selten gespielten System mit bewährten Theoriezügen munter weiter: 3...d5 (der Gegenschlag im Zentrum leitet über zu Positionen des Göring-Gambits, statt den Bauern zu halten) 4.exd5 Dxd5 5.Sf3 Sc6 6.cxd4 Lg4 7.Le2 Lb4 + 8.Sc3 Lxf3 9.Lxf3 Dc4, und nun "kennt" das KSO-Modul die Fortsetzungen 10.Lxc6 bis zum 13.Zug, 10.Le3 bis zum 18.Zug und 10.Db3 bis zum 19.Zug (Remis nach 3-maliger Stellungswiederholung wie in Marshall"Capablanca, Lake Hopatcong 1926). Dieses kleine Beispiel macht bereits deutlich, mit wie viel Sorgfalt die Leute von SciSys das Modul entwickelt haben und wie umfangreich das Repertoire jetzt geworden ist.
=== KSO erkennt Zugumstellungen ===
Mephisto-Schachcomputer gleichen den Nachteil des gegenüber anderen Spitzengeräten kleineren Eröffnungs-Repertoires ja bekanntlich sowohl in der IIIer-Serie als auch in der B&P-Version zum Teil durch den Vorteil der Stellungs-Wiedererkennung aus. So können diese Geräte erneut auf die bereits verlassene Bibliothek zurückgreifen, sobald sich eine dem Gerät bekannte Stellung nach einer vertauschten Zugfolge ergibt. Die Effektivität auch eines etwas kleineren Repertoires wird durch das Erkennen von Zugumstellungen natürlich erheblich gesteigert, weil eine solche Bibliothek ja effektiv viel mehr Zugfolgen einschließt, als die bereits vorgegebenen.
Doch nun kommt der Knüller: Julio Kaplan, der Autor der SciSys-Programme, war offensichtlich in der Lage, beides zu verbinden. Er entwickelte eine Wiedererkennung von Zugumstellungen, wie von den Mephistos bekannt, schaffte das aber für den wesentlich größeren Bibliotheks-Umfang, wie man ihn von den oben genannten Fidelity- und Novag-Geräten kennt. Trotzdem zögert der Turbostar in einer beliebigen Eröffnungs-Stellung nur etwa eine Sekunde länger als ohne KSO-Modul, um eventuelle Zugumstellungen innerhalb der um-fangreichen Bibliothek auszumachen. Mit Modul wird er also zu demjenigen unter den Spitzengeräten, das die zur Zeit mit Abstand größte Eröffnungs-Bibliothek mit Wiedererkennung von Zugumstellungen enthält (ca. 36 000 Halbzüge effektiv).
=== Aktuelle Eröffnungen ===
In einer ersten Probierpartie mit dem neuen KSO-Modul entstand nach 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 d6 eine Grundstellung des sizilianischen Scheveninger Systems, das eine der Lieblingswaffen Kasparows gegen 1.e4 ist. Also erlaubte ich mir den Spaß, wie Karpow in der ersten WM-Partie 1984 mit dem scharfen Keres-Angriff 6.g4!? fortzusetzen. Der Turbostar antwortete bis zum 15. Zug wie aus der Pistole geschossen: 6...h6 7.h4!? Sc6 8.Tg1 h5 9.gxh5 Sxh5 10.Lg5 Sf6!? (Kasparows Neuerung) 11.Dd2 Db6 12.Sb3 Ld7 13.0-0-0 a6 14.f4. Erst in dieser zum eigenen Weiterspielen wirklich spannenden Stellung muss der Turbostar seinen ersten Zug berechnen.
Es macht natürlich viel mehr Spaß, mit aktuellen Zügen aus der letzen Schach-WM konfrontiert zu werden, als mit langweiligen Computer-Selbst-schutzvarianten, wie man sie auf dem einen oder anderen Schach-Mikro schon gesehen haben soll. Das Kasparow-Modul ist in dieser Hinsicht vor-bildlich. Neben der geschilderten Eröffnung ist noch wesentlich mehr Material aus der WM 84/85 enthalten.
Aber die Aktualität des Moduls ist durchaus nicht auf WM-Material beschränkt. Die folgenden Züge stammen aus einer Partie Geller"Kasparow, Mos-kau 1982: 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 d6 6.Le2 Le7 7.0-0 0-0 8.f4 Sc6 9.Le3 e5 10.fxe5 dxe5 11.Sf5 Lxf5 12.Txf5 Da5 13.Kh1 Tad8 14.Df1. Hätte Julio Kaplans Team es sich leicht gemacht und diese Partie einfach übernommen, so müsste jetzt wie bei Kasparow damals 14...Db4 folgen. Kasparow fand aber später das stärkere 14...Sd4, und diese Neuerung spielt auch das KSO.
Folgende Eröffnungen wurden im neuen Modul besonders berücksichtigt: Sizilianisch, Russisch, offenes Spanisch und Caro Cann, Benoni und Sla-wisch mit Schwarz; Damengambit, Damenindisch (Petrosjan-System) und Katalanisch mit Weiß. Die Tartakower-Variante des abgelehnten Damengambits zum Beispiel lässt sich mit Hilfe des Turbostar nun wahrscheinlich besser studieren und trainieren als mit vielen Eröffnungsbüchern.
=== Schneller und stärker ===
Neben dem großen Umfang und der Erkennung von Zugumstellungen bietet das KSO-Modul noch einen weiteren Vorteil. Julio Kaplan hat den Turbostar mit Hilfe einiger Programmänderungen auch ein wenig schneller gemacht, so dass zum Unterhaltungs-und Lernwert des Moduls eine deutlich erkennbare Spielstärke-Steigerung hinzu-kommt. Der Kasparow-Turbostar spielt nicht nur vielfarbiger, sondern auch schlagfertiger als das Grundgerät. Vom Superconny ist man ja tolle Königsangriffe gewohnt. Aber plötzlich zu sehen, wie der Turbostar im offenen Spanisch mit Schwarz die superscharfe Dilworth-Variante spielt (Schwarz gibt Läufer und Springer gegen Turm und Bauer mit Königsangriff), das ist schon eine Überraschung.
<pgn>
[Event "CSS 5/1985"]
[Site "CSS"]
[Date "1985.??.??"]
[Round "?"]
[White "Novag Super Constellation"]
[Black "SciSys Turbostar 432 + KSO"]
[Result "0-1"]
[PlyCount "72"]
1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Nxe4 6. d4 b5 7. Bb3 d5 8. dxe5
Be6 9. c3 Bc5 10. Nbd2 O-O 11. Bc2 Nxf2 $5 12. Rxf2 f6 13. exf6 Bxf2+ 14. Kxf2
Qxf6 {Das ist die Ausgangsstellung des schwarzen Opferangriffs, der nun zu
haarsträubenden und bis heute nicht ausanalysierten Verwicklungen führt.
Man sollte nun meinen, dass der selektive Turbostar solche Verwicklungen
schlechter bewältigt als der taktisch starke Superconny. Der weitere Verlauf
der Partie zeigt aber, dass das SciSys-Gerät mit dem eingebauten KSO-Modul
erstaunlich gut durchs Variantengestrüpp findet. Zunächst kann es noch den
15.Zug aus der Bibliothek spielen.} 15. Kg1 Rae8 16. a4 b4 17. Nb3 Ne5 18. Nbd4
Bg4 19. Kh1 $2 c5 20. Bg5 Qf7 {Hier sah sich der Superconny bereits gezwungen,
Material zu geben.} 21. cxb4 cxd4 22. Qxd4 Bxf3 $1 23. Kg1 Bxg2 $1 24. Kxg2 Nf3
25. Bxh7+ Kxh7 26. Qd3+ Re4 $1 27. b3 Qf5 28. Be7 {Mit diesem Zug gab der
Superconny auf. Auf "Befragen" ging es so weiter:} Ne1+ 29. Rxe1 Qf2+ 30. Kh1
Qxe1+ 31. Kg2 Rf2+ 32. Kh3 Qh1 $1 33. Qxe4+ Qxe4 34. Bd6 Rf5 35. Bc5 Qf3+ 36.
Kh4 g5# {Dass der Superconny, selbst ein Spezialist für tolle Königsangriffe,
mit Weiß im 36. Zug von einem anderen Computer mattgesetzt wird, sieht man
sicher nicht alle Tage.} 0-1
</pgn>
=== Erfolg beim US Open ===
Wie vorher bereits andere Firmen, so erprobt auch SciSys seine Geräte zunehmend in offiziellen Turnieren. Beim diesjährigen US-Open spielten zwei Geräte mit: Ein auf 6 MHz laufender Turbostar ohne KSO und ein ganz normales Seriengerät mit KSO. Runde 1 am 4. August, Brett 30: Das Seriengerät stößt gleich zu Beginn des Turniers auf Jerry Hanken, einen amerikanischen Spieler (und Schachfunktionär) mit 2253 Elo.
<pgn>
[Event "US-Open 19985"]
[Site "CSS"]
[Date "1985.08.04"]
[Round "1"]
[White "SciSys Turbostar 432 + KSO"]
[Black "Jerry Hanken"]
[Result "1-0"]
[BlackElo "2253"]
[PlyCount "95"]
1. d4 c5 2. dxc5 e6 3. b4 a5 4. Ba3 axb4 5. Bxb4 b6 6. e4 bxc5 {Der Bauer war
eben doch nicht zu halten und Weiß wird nun in die Defensive gedrängt.} 7.
Bc3 Nf6 8. e5 Nd5 9. Nf3 Nxc3 10. Nxc3 Qa5 11. Qd2 Bb7 12. Nb5 Nc6 13. Bc4 Nd4
14. Nfxd4 cxd4 15. Qxa5 Rxa5 16. O-O Be4 17. Rac1 Bc5 {Trotz der
Vereinfachungen steht Weiß nun mit seiner schwachen Bauernstruktur am
Damenflügel gegen das schwarze Läuferpaar alles andere als gut. Bei dem
folgenden Versuch, die Lage im Zentrum zu klären, handelt sich der Turbostar
auch noch einen gefährlichen Freibauern ein.} 18. c3 d3 19. Rb1 O-O 20. Rfe1
Bg6 21. Rb2 Rc8 {wohl mit der kleinen Kombination Lxf2+ / Txc4 im Auge.} 22.
Rd1 $1 {Ignoriert die Kombinations-Idee von Hanken, weil sie nicht
funktioniert. Das wird nun anscheinend auch Hanken klar.} Rb8 (22... Bxf2+ $2
23. Kxf2 Rxc4 24. Nd6 {mit Mattdrohung auf b8 und gleichzeitigem Angriff auf
den Turm c4).}) 23. Rdb1 h6 24. Nd6 Rxb2 25. Rxb2 Ra3 {Nun scheint Weiß
ersatzlos den ersten seiner schwachen Bauern zu verlieren und gleichzeitig in
große Schwierigkeiten wegen des immer stärker werdenden schwarzen Freibauern
zu kommen. Statt krampfhafter Verteidigungs-Manöver spielt der Turbostar aber
einen Gegenangriff, der so fein und weit berechnet ist, dass er damit wohl
auch den siegessicheren Hanken beeindruckt.} 26. h4 {Anmerkung: h4 verdient 2
Fragezeichen und ist leider kein Gewinn- sondern ein Verluszug.} Rxc3 27. Ba6 (
27. h5 Bxh5 28. Rd2 Rc1+ 29. Kh2 Bd4 30. f4 Be3 31. Rxd3 Bxf4+ 32. g3 Bxe5 33.
Bb3 Bg6 34. Rd2 Rc3 35. Kg1 Bd3 36. Nb7 d5 37. g4 Be4 $19) 27... Rc2 28. Rb8+
Kh7 29. h5 Rc1+ 30. Kh2 Bxh5 $2 $11 (30... Bf5 31. Nxf7 g6 32. Rb7 d2 33. Be2
d1=Q 34. Bxd1 Rxd1 $19) 31. Bxd3+ Bg6 32. Bxg6+ Kxg6 33. Rc8 f6 34. Rc7 fxe5
35. Ne4 Ba3 36. Rxd7 Rc2 37. Ra7 Rxa2 38. Nc5 e4 39. Ra6 Kf5 40. Nxe6 Rxf2 $2 {
In der Annahme, dass der von König und Turm unterstützte schwarze Freibauer
nun nicht mehr aufzuhalten sein wird, opfert Hanken seinen (allerdings auch
unangenehm gefesselten) Läufer.} 41. Nxg7+ Kf4 42. Rxa3 e3 43. Nh5+ Ke4 44.
Kg1 Rd2 45. Ra6 Rd1+ 46. Kh2 Kd3 47. Ng3 e2 {Nun würde die Partie nach 48.
Sxe2 wohl remis enden. Aber der Turbostar denkt gar nicht daran, seinen
Springer gegen den Freibauern zu opfern.} 48. Ra3+ {Hanken gab auf, weil er
nach dem ersatzlosen Verlust des Freibauern (48...Kd2 49.Ta2 +) keine Chance
mehr hat. Dieser Sieg eines Schach-Mikros in einer ganz normalen Turnierpartie
gegen einen wirklich starken Spieler ist deshalb besonders bemerkenswert, weil
das Gerät nicht aufgrund eines groben Schnitzers des menschlichen Gegners
(Figur eingestellt oder ähnliches) gewann, sondern aus einer schlechteren
Stellung heraus nach langer und guter Verteidigung dem menschlichen Spieler
ausgerechnet im Endspiel Fehlkalkulationen nachweisen konnte.} 1-0
</pgn>
Insgesamt hat der Serien-Turbostar mit KSO beim US-Open 6,5 von 12 möglichen Punkten erreicht. Die Elo-Auswertung ergab 2151 Punkte, zehn mehr als der von Mephisto B + P erreichte Höchststand beim Computer-Open in Mobile (vgl. CSS 4/85 S.19). Mit dieser Leistung hat das SciSys-Gerät die Konkurrenz im internationalen Elo-Rennen überholt und sich vorerst an die Spitze gesetzt.


[[Kategorie:Schachcomputer]]
[[Kategorie:Schachcomputer]]
[[Kategorie:SciSys]]

Version vom 12. Januar 2019, 01:17 Uhr

KSO (Kasparov Selected Openings)

  • Eröffnungsmodul (Eprom, 8 KB) für SciSys Schachcomputer; erweitert das Eröffnungsrepertoir von 8000 auf ca. 36.000 Halbzüge (einschl. Zugumstellungen)


KSO Eröffnungs Modul (ROM)


Ein Turbo auf der Überholspur

Dirk Frickenschmidt stellt das neue Kasparow-Modul vor (aus Computer Schach & Spiele / Heft 5 / Oktober-November 1985)


Für alle Besitzer eines Superstar oder Turbostar hat die Firma SciSys einen echten Leckerbissen herausgebracht. Das 8 Kilobyte große Erweiterungs-Modul enthält eine umfangreiche und dazu brandaktuelle Eröffnungs-Bibliothek mit vielen von Garry Kasparow gespielten oder empfohlenen Zugfolgen.

Das sogenannte KSO-Modul (KSO steht für "Kasparov Selected Openings") wird in den Superstar einfach eingesteckt. Etwas komplizierter ist es beim Turbostar. Hier muss man die entsprechende Erweiterung in einem SciSys Service Center (Electronics International, Augustinusstr.7-11, 5020 Frechen 4) durchführen lassen. Der Preis soll sich nach Auskunft der Firma um ca. 100 DM für das Modul (ohne Einbau) und ca. 120 DM für die Einbauversion bewegen, so dass man seinen Schach-Mikro ohne allzu kostspielige Investitionen erheblich aufwerten kann.

Umfangreiche Gesamt-Bibliothek

Das Modul verdoppelt den Umfang der bereits in den Geräten enthaltenen Eröffnungen um weitere ca. 8000 Halbzüge auf insgesamt ca. 15.000. Damit erreicht die Bibliothek eine Größenordnung, wie man sie sonst nur vom Super Constellation oder von mit dem CB16-Modul erweiterten Fidelity-Geräten kennt. Alle gängigen Eröffnungen kann man mit Weiß und Schwarz gegen das Gerät spielen, ohne unfreiwillig in seltenen Nebenvarianten zu landen oder nach frühem Verlassen der Bibliothek ganz andere (z.T. fragwürdige) Fortsetzungen als gegen menschliche Spieler zu erleben. Das Repertoire des KSO unterscheidet sich von anderen Bibliotheken noch dadurch positiv, daß "geschlossene" Spielweisen (nach 1.d4, 1.c4 oder zum Teil auch 1.Sf3) hier genauso zahlreich und aktuell vertreten sind wie (halb-)offene (nach 1.e4). Auch seltene Gambitvarianten sind jetzt gründlicher berücksichtigt. Der Turbostar ohne Modul musste zum Beispiel nach 1.e4 e5 244 exd4 3.c3 (Mittelgambit oder Nordisches Gambit) mit Schwarz passen und kam durch Annahme des Opfers den weißen Absichten entgegen. Jetzt dagegen geht es auch in so einem relativ selten gespielten System mit bewährten Theoriezügen munter weiter: 3...d5 (der Gegenschlag im Zentrum leitet über zu Positionen des Göring-Gambits, statt den Bauern zu halten) 4.exd5 Dxd5 5.Sf3 Sc6 6.cxd4 Lg4 7.Le2 Lb4 + 8.Sc3 Lxf3 9.Lxf3 Dc4, und nun "kennt" das KSO-Modul die Fortsetzungen 10.Lxc6 bis zum 13.Zug, 10.Le3 bis zum 18.Zug und 10.Db3 bis zum 19.Zug (Remis nach 3-maliger Stellungswiederholung wie in Marshall"Capablanca, Lake Hopatcong 1926). Dieses kleine Beispiel macht bereits deutlich, mit wie viel Sorgfalt die Leute von SciSys das Modul entwickelt haben und wie umfangreich das Repertoire jetzt geworden ist.

KSO erkennt Zugumstellungen

Mephisto-Schachcomputer gleichen den Nachteil des gegenüber anderen Spitzengeräten kleineren Eröffnungs-Repertoires ja bekanntlich sowohl in der IIIer-Serie als auch in der B&P-Version zum Teil durch den Vorteil der Stellungs-Wiedererkennung aus. So können diese Geräte erneut auf die bereits verlassene Bibliothek zurückgreifen, sobald sich eine dem Gerät bekannte Stellung nach einer vertauschten Zugfolge ergibt. Die Effektivität auch eines etwas kleineren Repertoires wird durch das Erkennen von Zugumstellungen natürlich erheblich gesteigert, weil eine solche Bibliothek ja effektiv viel mehr Zugfolgen einschließt, als die bereits vorgegebenen.


Doch nun kommt der Knüller: Julio Kaplan, der Autor der SciSys-Programme, war offensichtlich in der Lage, beides zu verbinden. Er entwickelte eine Wiedererkennung von Zugumstellungen, wie von den Mephistos bekannt, schaffte das aber für den wesentlich größeren Bibliotheks-Umfang, wie man ihn von den oben genannten Fidelity- und Novag-Geräten kennt. Trotzdem zögert der Turbostar in einer beliebigen Eröffnungs-Stellung nur etwa eine Sekunde länger als ohne KSO-Modul, um eventuelle Zugumstellungen innerhalb der um-fangreichen Bibliothek auszumachen. Mit Modul wird er also zu demjenigen unter den Spitzengeräten, das die zur Zeit mit Abstand größte Eröffnungs-Bibliothek mit Wiedererkennung von Zugumstellungen enthält (ca. 36 000 Halbzüge effektiv).

Aktuelle Eröffnungen

In einer ersten Probierpartie mit dem neuen KSO-Modul entstand nach 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 d6 eine Grundstellung des sizilianischen Scheveninger Systems, das eine der Lieblingswaffen Kasparows gegen 1.e4 ist. Also erlaubte ich mir den Spaß, wie Karpow in der ersten WM-Partie 1984 mit dem scharfen Keres-Angriff 6.g4!? fortzusetzen. Der Turbostar antwortete bis zum 15. Zug wie aus der Pistole geschossen: 6...h6 7.h4!? Sc6 8.Tg1 h5 9.gxh5 Sxh5 10.Lg5 Sf6!? (Kasparows Neuerung) 11.Dd2 Db6 12.Sb3 Ld7 13.0-0-0 a6 14.f4. Erst in dieser zum eigenen Weiterspielen wirklich spannenden Stellung muss der Turbostar seinen ersten Zug berechnen. Es macht natürlich viel mehr Spaß, mit aktuellen Zügen aus der letzen Schach-WM konfrontiert zu werden, als mit langweiligen Computer-Selbst-schutzvarianten, wie man sie auf dem einen oder anderen Schach-Mikro schon gesehen haben soll. Das Kasparow-Modul ist in dieser Hinsicht vor-bildlich. Neben der geschilderten Eröffnung ist noch wesentlich mehr Material aus der WM 84/85 enthalten. Aber die Aktualität des Moduls ist durchaus nicht auf WM-Material beschränkt. Die folgenden Züge stammen aus einer Partie Geller"Kasparow, Mos-kau 1982: 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 d6 6.Le2 Le7 7.0-0 0-0 8.f4 Sc6 9.Le3 e5 10.fxe5 dxe5 11.Sf5 Lxf5 12.Txf5 Da5 13.Kh1 Tad8 14.Df1. Hätte Julio Kaplans Team es sich leicht gemacht und diese Partie einfach übernommen, so müsste jetzt wie bei Kasparow damals 14...Db4 folgen. Kasparow fand aber später das stärkere 14...Sd4, und diese Neuerung spielt auch das KSO.

Folgende Eröffnungen wurden im neuen Modul besonders berücksichtigt: Sizilianisch, Russisch, offenes Spanisch und Caro Cann, Benoni und Sla-wisch mit Schwarz; Damengambit, Damenindisch (Petrosjan-System) und Katalanisch mit Weiß. Die Tartakower-Variante des abgelehnten Damengambits zum Beispiel lässt sich mit Hilfe des Turbostar nun wahrscheinlich besser studieren und trainieren als mit vielen Eröffnungsbüchern.

Schneller und stärker

Neben dem großen Umfang und der Erkennung von Zugumstellungen bietet das KSO-Modul noch einen weiteren Vorteil. Julio Kaplan hat den Turbostar mit Hilfe einiger Programmänderungen auch ein wenig schneller gemacht, so dass zum Unterhaltungs-und Lernwert des Moduls eine deutlich erkennbare Spielstärke-Steigerung hinzu-kommt. Der Kasparow-Turbostar spielt nicht nur vielfarbiger, sondern auch schlagfertiger als das Grundgerät. Vom Superconny ist man ja tolle Königsangriffe gewohnt. Aber plötzlich zu sehen, wie der Turbostar im offenen Spanisch mit Schwarz die superscharfe Dilworth-Variante spielt (Schwarz gibt Läufer und Springer gegen Turm und Bauer mit Königsangriff), das ist schon eine Überraschung.

Erfolg beim US Open

Wie vorher bereits andere Firmen, so erprobt auch SciSys seine Geräte zunehmend in offiziellen Turnieren. Beim diesjährigen US-Open spielten zwei Geräte mit: Ein auf 6 MHz laufender Turbostar ohne KSO und ein ganz normales Seriengerät mit KSO. Runde 1 am 4. August, Brett 30: Das Seriengerät stößt gleich zu Beginn des Turniers auf Jerry Hanken, einen amerikanischen Spieler (und Schachfunktionär) mit 2253 Elo. Insgesamt hat der Serien-Turbostar mit KSO beim US-Open 6,5 von 12 möglichen Punkten erreicht. Die Elo-Auswertung ergab 2151 Punkte, zehn mehr als der von Mephisto B + P erreichte Höchststand beim Computer-Open in Mobile (vgl. CSS 4/85 S.19). Mit dieser Leistung hat das SciSys-Gerät die Konkurrenz im internationalen Elo-Rennen überholt und sich vorerst an die Spitze gesetzt.

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