Novag Super Constellation
Novag Super Constellation | ||
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Hersteller | Novag | |
Markteinführung | 1984 | |
CElo | 1811 | |
Programmierer | David Kittinger | |
Prozessor | 6502C | |
Prozessortyp | 8 Bit | |
Takt | 4 MHz (8 MHz Quarz) | |
RAM | 4 KB | |
ROM | 56 KB | |
Bibliothek | 20.000 Halbzüge + 2000 programmierbare | |
Einführungspreis | 798 DM (400 €) | |
Rechentiefe | 19 Halbzüge | |
BT-2450 | ||
BT-2630 | ||
Colditz | 1810 | |
Verwandt | Novag Constellation Expert | |
Zugeingabe | Drucksensoren | |
Zugausgabe | 16 Rand-LEDs | |
Display | --- | |
Stromversorgung | Novag 8220, 8,5V / 0.8A (Plus außen) oder 8210, 8,5V / 0.8A AC | |
Spielstufen | 16 | |
Maße | 30,5 x 24,5 x 3,5 cm, Spielfeld = 20 x 20 cm | |
Sonstiges | ||
Anschluss Novag Drucker und Novag Chess Clock möglich | ||
Level Info | ||
Bedenkzeit | Level | |
30 Sek. / Zug | 3 | |
30 Min. / Partie | - | |
60 Sek. / Zug | 4 | |
60 Min. / Partie | - | |
Turnier | 7 | |
Analyse | 8 |
Die Firma Novag und mit ihr der amerikanische Programmierer Dave Kittinger wurden mit dem Release des Super Constellation im Jahre 1984 zu den erklärten Lieblingen sehr vieler Schachcomputerfans. Für damalige Verhältnisse war dieses Gerät äußerst spielstark und fand vor allem wegen seines unkonventionellen, intuitiven, taktisch geprägten und sehr menschlichen Spielstils eine große Anhängerschaft.
Das Programm hatte wie alle damaligen 8 Bit Computer eine mit 3.6 MHz getaktete 6502 CPU. Später gab es auch eine 4.0 MHz Version, die dann auch wohl am meisten verkauft worden sein dürfte. Gerüchteweise sollen bei einer größeren Verkaufsaktion im Jahre 1999 auch Geräte mit 5.0 MHz ausgeliefert worden sein.
Die Programmgröße betrug 56 K plus 4 K RAM und der Computer konnte auf eine 20.000 Halbzüge umfassende Eröffnungsbibliothek zurückgreifen, was seinerzeit rekordverdächtig war. Darüber hinaus bot dieses Gerät dem Benutzer erstmals eine programmierbare Eröffnungsbibliothek von ca. 2000 Halbzügen, ein Ausstattungsmerkmal, das sich bis in die heutige Zeit bei den Novag-Geräten erhalten hat. Es wird in diesem Zusammenhang auch von einem Programmfehler berichtet, der nach der Eingabe von ca. 1400 Halbzügen, das Programm zum Absturz bzw. Einfrieren bringen soll (Wer das ausprobieren möchte... Bitte schön!).
Darüber hinaus konnte trotz fehlendem Display die Information über die Rechentiefe in Form einer Binäranzeige über die LEDs abgelesen werden, ebenfalls eine Neuerung zur damaligen Zeit. Eine Stellungsbewertung fehlte aber noch. Weitere Highlights waren die Anschlußmöglichkeit eines Druckers, sowie einer batteriebetriebenen digitalen Schachuhr (das Gerät besaß wie erwähnt noch kein Display), die mit dem Computer synchronisiert arbeitet, aber auch als normale Schachuhr verwendet werden kann. Der Computer kostete damals ca. 800 DM und war später auch in sehr eleganter Holzausführung als Novag Constellation Expert erhältlich (1985), allerdings schon mit einem geringfügig weiter entwickelten Programm. Dem Expert fehlte auch die programmierbare Eröffnungsbibliothek.
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Novag Super Constellation + Drucker + Uhr
Zwar konnte sich der "Super-Conny", wie er von seinen Anhängern liebevoll genannt wurde, auf den damaligen Computerveranstaltungen nicht gegen die 16 Bit Konkurrenz (Motorola 68000/68020 CPU) der Mephistos entscheidend durchsetzen, aber es konnten vielfach Achtungserfolge und spektakuläre Siege errungen werden. In der Fachwelt sprach man von Kittingers berühmten PSH-Algorithmen (Pre Scan Heuristics eine Art Stellungsschablonen-Technik, scherzhaft vom damaligen CSS Redakteur Dirk Frickenschmidt mit "passt sicher halbwegs" übersetzt), die das Programm häufig "intuitive" Züge und Figurenopfer spielen ließen. Gegen menschliche Gegner war dies durchaus erfolgreich und gipfelte in einem vielbeachteten Sieg gegen die starke US-Meisterin Diane Savereide (US ELO 2240) in einer Turnierpartie am 4. Juni 1984.
Gespielt wurde unter regulären Turnierbedingungen. Der Super Constellation wurde von Scott McDonald, dem damaligen Schachberater von Kittinger, betreut. Gegen 19 Uhr begann die denkwürdige Partie vor einer gewaltigen Kulisse von Meer, Strand und Sonnenuntergang.
Zur Ehrenrettenung der Meisterspielerin sei angefügt, dass sie 3 weitere im Anschluß gespielte Partien für sich entscheiden konnte. Tatsache war aber, dass erstmals ein vergleichsweise starker Schachspieler von einem Microschachcomputer besiegt wurde, was zu Recht international Beachtung fand. Und genau das ist es, was es auch heute noch so reizvoll macht gegen die "Kiste" zu spielen, zumal man als Amateurschachspieler hier gelegentlich ganz gut aussieht, weil sich der Super Constellation halt doch verrechnet.
Die Spielstärke liegt etwa bei 1700 ELO (SSDF alt: 1732, SSDF neu: 1632).
Der Safe-Knacker
Wettkampf-Eindrücke vom neuen Super Constellation (aus Computer Schach & Spiele / Heft 6 / Dezember 1984)
Bereits vor seinem Erscheinen als käufliches Gerät hat der Super Constellation viel Staub aufgewirbelt: Eine ganz neue Qualität des Computerschachs sei hier erreicht, vermuteten die einen, die anderen argwöhnten, dass es sich bei den Meldungen nur um eine geschickte Pressekampagne handelte. Elo-Zahlen wurden von den einen in die Diskussion gebracht und von den anderen wieder verworfen, positive Turnierergebnisse wie das bei der Hongkonger Landesmeisterschaft und beim holländischen Open in Dieren mit Hinweis auf das vergleichsweise schwache Abschneiden beim diesjährigen Porzer Open relativiert.
Quantität und Qualität
Unter einigen Firmenvertretern und unkritischen Fans hat sich in den letzten Jahren das Interesse an der Anzahl gewonnener Partien gegenüber dem Interesse an der Qualität des dabei gebotenen Schachs bis zum Schwachsinn verselbständigt. Für den Besitzer eines Schach-Mikros ist aber die Platzierung seines Gerätes bei irgendwelchen Turnieren nur im Zusammenhang mit den dabei zum Ausdruck kommenden schachlichen Qualitäten von Bedeutung. Gerade für den, der sich in seiner Freizeit mit Computerschach beschäftigt, sollte der Gesichtspunkt der kreativen schachlichen Möglichkeiten, die so ein Gerät bietet, gegenüber der reinen Effektivität beim Sammeln von Punkten im Vordergrund stehen. Bei der heutigen Spielstärke der Schach-Mikros kommt es mehr darauf an, was der Besitzer aus ihren Fähigkeiten zu seiner Unterhaltung und zu Trainingszwecken zu machen versteht, als auf fünfzig Elopunkte und drei Siege mehr oder weniger. Ergebnisse sind lediglich Hilfen, um eine schachliche Bewertung zu bestätigen oder in Frage zu stellen, sie können nicht umgekehrt diese Bewertung ersetzen.
Rote Ohren beim Blitzen
Nach Berichten von Blitzsiegen des "Super Conny" über Spieler mit mehr als 2300 Elo (und nachdem ich selber auch in Varianten, die ich zu kennen glaubte, wiederholt böse Schrecksekunden erleben musste), ließ ich einige gute "Blitzer" gegen das Gerät spielen: Alle erfreuten sich innerhalb kürzester Zeit einer gesunden Gesichtsfarbe. Besonders die eine Szene werde ich so schnell nicht vergessen, in der ein erfahrener Spieler hintereinander zwei Läufer, einen Springer und die Dame des Rechners angegriffen hatte, nun entgeistert auf das Brett starrte und rief: "Kann mir mal einer sagen, welche von seinen Figuren nicht hängt?" Er muss dann wohl die falsche genommen haben, denn der Super Constellation setzte ihn mit den übrigen matt.
So weit, so gut. Aber Turnierpartien verlaufen anders als Blitzpartien, und so beschloss ich, den "Super Conny" einem Wettkampf unter Turnierbedingungen mit einem besonders spielstarken anderen Gerät zu unterziehen. Dabei ging es mir in erster Linie nicht um das Ergebnis, sondern um sein Spielverhalten im Ernstfall gegen einen nicht leicht zu besiegenden "Kollegen". Der Elite A/S mit erhöhter Taktfrequenz schien mir dafür sehr geeignet zu sein: Er hatte sowohl im Colditz-Test seine taktische Stärke bewiesen als auch in vielen Partien seine Ausgewogenheit von einer guten Eröffnungsbibliothek bis hin zu Basiswissen im Endspiel unter Beweis gestellt. Nicht zufällig gewann er wohl auch knapp das Thematurnier im vorigen Heft (CSS 4 + 5/84, S.22).
Glanzkombination
Der Wettkampf begann mit einer bekannten Variante im geschlossenen Spanisch, die bei beiden Geräten bis zum 15. bzw. 16. Zug aus dem Eröffnungsspeicher kam. Nach einigen starken Zügen (17.e5!, 20.Sf5!) konnte der Super-Conny das erste komplizierte, taktische Getümmel mit einem Mehrbauern verlassen und durchlöcherte mit 27.f5! den Bauernschutz des schwarzen Königs endgültig. Der Elite hatte Mühe, seine Felder-schwächen unter Kontrolle zu behalten und kam schließlich in eine Stellung mit unvermeidlichem Qualitätsverlust. Doch Super-Conny verschmähte die Beute und führte zielbewusst die folgende Stellung herbei:
Nun folgte der überraschende Zug 37.Tae1 ! Der angreifende Turm ist völlig ungedeckt, doch auf 37...Txe1 folgt 38.Sf6 + Kh8 39.Th7 matt. Aber auch der hängende Springer ist tabu. Wird er geschlagen, dann entsteht nach 38.Sh6+ Kh8 39.Te7 ebenfalls eine undeckbare Mattdrohung. Diese Art von Kombinationen, in denen die Wirkungskraft angegriffener Figuren durch die Hilfe anderer, ebenfalls ungedeckter Figuren erhöht wird, ist bereits auf Blitzstufe keine Seltenheit beim Super Conny. Dabei geht es immer darum, die gegnerischen Figuren von wichtigen Feldern abzulenken und die eigenen Figuren auch unter Materialverlust auf Felder zu bringen, die gut genug für ein Mattnetz sind.
Doch der Gegenschlag folgte auf dem Fuße. In einem schwierigen Nimzo-Indischen Eröffnungsaufbau verlor der Super Constellation nach dem Verlassen seines Speichers den positionellen roten Faden. Der Freibauer, den der Elite so bereits im 17. Zug auf die 7. Reihe bringen konnte, entscheidet im 25. Zug durch Materialgewinn die Partie so klar für den Elite, dass ich das Spiel in einer Position abbrach, in der wegen völlig fehlendem schwarzem Gegenspiel, aber auch ohne schnell absehbares Matt, der Rest zu langweilig wäre.
Schachcomputer-Partie des Jahres
Die folgende Partie Nr.3 ist die sehenswerteste Schach-Mikro-Partie, die mir je unter die Augen gekommen ist. Schauen Sie sich die Züge an und urteilen sie selbst. Die sizilianische Drachenvariante verspricht immer einen scharfen Kampf. Dennoch hatte ich nicht damit gerechnet, dass der Super Constellation, kaum aus der Eröffnungsbibliothek, bereits in dieser Stellung kompromisslos auf Königsangriff spielen würde:
14.f5! Der Elite konterte im 16. Zug mit einem Springerangriff auf den weißen Turm f1, der zeigt, dass das schwarze Spiel nicht ohne Gegenchancen und schwer zu berechnen ist. Die Antwort des Super Constellation hatte der Elite allerdings in keiner Weise in Betracht gezogen. Lässt man ihn an dieser Stelle selber ziehen, so verfällt er (nach Ausblenden seines jeweiligen Bestzuges) so ziemlich als letztes auf die Fortsetzung:
17.Se3! Ein von einem Schachcomputer gespieltes echtes Qualitätsopfer, um an den gegnerischen König heranzukommen! Wohlgemerkt, nur heranzukommen, denn ein Matt könnte an dieser Stelle nicht einmal ein Großrechner voraussehen. Hier gibt es bereits keine Alternative mehr zur Annahme des Opfers, und nach dem Einbruch der weißen Dame und dem wunderschönen stillen Zug 21.Dg7! treiben dunkle Ahnungen den Elite bereits dazu, sich aus der unmittelbaren Gefahrenzone, aber dafür weiter ins weiße Lager zu begeben, in dem nur scheinbar kein direktes Matt droht.
Der Super Constellation fand aber doch eins, und zwar ein angesagtes 5-zügiges(!) Matt, beginnend mit 24.g3 + . Hätten Sie das auch gesehen?
Angriff entschärft
Im angenommenen Königsgambit hat Weiß zwar einen Bauern weniger, beherrscht aber das Zentrum und kann seine Figuren in vielen Fällen auf gute Angriffspositionen bringen. Das gelang auch dem Elite in der vierten Partie. Nach den Zügen 12.Sg6!, 13.Lb3, 15.Se5 und 16.0-0-0 zielen die weißen Figuren bereits verdächtig auf die schwarze gelockerte Königsstellung, während der weiße König auf cl recht sicher steht. Aber der Super Constellation schien das Problem rechtzeitig zu erkennen, denn nachdem er bereits mit 15...Le6 den Tausch des wichtigen weißen Angriffsläufers herbeigeführt hatte, schlug er den starken weißen Springer auf e5 glatt mit seinem Turm, brach dem weißen Angriff so die Spitze ab und aktivierte seine Figuren dabei so gut, dass er außer einem Bauern später auch noch die Qualität (Turm für Springer) zurückbekam. Ein Vorgehen, das man eher von einem guten menschlichen Spieler als von einem Schachcomputer erwarten würde, oder? Im anschließenden Endspiel konnte er seinen Mehr-bauern dann aber nicht verwerten und die Partie wurde nach beiderseitigen Endspielfehlern schließlich remis.
Die folgende Wiener Partie ging sozusagen gleich von der Eröffnung in ein ausgeglichenes Schwerfigurenendspiel über und endete ebenfalls unentschieden. Hier zeigte sich, dass bei modernen Schachcomputern nicht mehr wie bei ihren Vorgängern noch alles Mögliche in remis-verdächtigen Endspielen passieren kann, sondern dass sie relativ sichere Stellungen inzwischen weitgehend im Gleichgewicht zu halten verstehen.
Wieder Angriff mit Turmeinschlag
In der zweiten sizilianischen Partie des Wettkampfes führte der Super Constellation die schwarzen Figuren. Dass es wieder spannend werden würde, zeigten schon die Rochaden auf verschiedene Sei-ten. In dieser scharfen Variante der Najdorf-Verteidigung spielen beide Parteien üblicherweise auf Königsangriff, Weiß auf dem Königsflügel, Schwarz auf dem Damenflügel, und die Frage, wessen Angriff zuerst durchschlägt, wird oft nur sehr knapp, manchmal um ein einziges Tempo entschieden.
Wieder riss der Super Conny mit einem Turmeinschlag auf b3 im 18. Zug die Initiative an sich, die er im weiteren Verlauf der Partie durch nicht mehr abreißende taktische Sticheleien in Verbindung mit Drohungen gegen den weißen König behaupten konnte. Die Chancen für einen durchschlagenden Angriff wurden allerdings mit jedem Abtausch geringer und die Schwächen seiner eigenen Stellung traten immer deutlicher hervor. Im 31. Zug hatte er Dame und Turm schließlich so spitzfindig an den gegnerischen König heranmanövriert, dass dieser wieder den Gang ins Freie antreten musste. In der dann folgenden harten taktischen Auseinandersetzung arbeiteten Dame, Turm und Läufer des Schwarzen vorbildlich zusammen. Das weiße 34.Tb3? war nur auf den ersten Blick eine Widerlegung des vorangegangenen Läufereinschlags, und der Elite musste sich durch die Antwort 34...Dc1! nach spannendem und lange Zeit unklarem Kampf geschlagen geben.
Matt in 6 angesagt!
Auch in der siebenten Partie war es lange fraglich, wer den Kürzeren ziehen würde, bis der Elite den Vorteil, das Turmpaar gegen Turm und Leichtfiguren seines Gegners einsetzen zu können, verspielte. Nach einigem gegenseitigen Lavieren griff er mit 39...Th8? unnötigerweise den weißen h-Bauern an und wurde zur Einsperrung dieses Turmes durch 40.Le7 Kg8 gezwungen, da er sonst durch weiße Springerzüge sehr in Verlegenheit gebracht worden wäre. Nach diesem Fehler führte der Super Constellation eine mustergültige weitere Abwicklung vor, die schließlich in einem angesagten 6-zügigen Matt endete.
Nach dieser Partie führte das Novag-Gerät mit 5:2 gegen den Elite. Beinahe als wäre es diesem selbst peinlich, setzte er den Neuling in der achten Runde mit starkem weißem Spiel am Damenflügel in einer klassisch geführten königsindischen Partie unter Druck. Der Super Conny dagegen wurde, nachdem er alle seine Königsbauern nach vorn gegen den gegnerischen König stürmen ließ und mit 25... f3 den Safe des weißen Königs nach bewährtem Muster zu knacken begann, durch den guten Blockadezug 28.g3! vorläufig in seinem Schwung gebremst.
Trotz der Tatsache, dass nun die weiße Dame auf seiner siebten und achten Reihe spazieren ging, baute er mit 33...Dh3 und 34...Lh6 wieder raffinierte neue Drohungen auf, die einen hübschen Springerfang im 40. bis 42. Zug ermöglichten. Die mit 43...Lc5! eingeleitete Kombination machte schließlich alles klar für ein gewonnenes Endspiel. Zwar wurden beiderseits noch Damen verwandelt, aber nachdem der Super Constellation ihren Abtausch erzwingen konnte, stand einem weiteren Punkt nichts mehr im Wege.
Sieg der Verteidigung
Beim Stand von jetzt 6:2 tauschte der Super Constellation in der folgenden Italienischen Partie gleich zu Anfang wieder einen seiner Türme gegen Leichtfigur und 2 Bauern. Da er diesmal sogar mehr als genug Material für den Turm bekam, sah ich den Elite bereits ein weiteres Mal in einem Königsangriff untergehen. Das Fidelity-Gerät verteidigte seine Stellung aber so geschickt, dass nach einigen, teilweise erzwungenen Abtäuschen, sein Gegenspieler in ein unangenehmes Endspiel mit Springer und zwei Mehrbauern gegen einen bereits eingedrungenen Turm gedrängt wurde. Dieses Endspiel wurde wiederum vom Super Constellation sehr ansprechend geführt, bis der gegnerische Freibauer - der letzte schwarze Bauer überhaupt - in Zusammenarbeit mit dem Turm um ein Tempo zu schnell einrückte: Ein schöner Sieg der schwarzen Verteidigung, der zeigt, dass der Elite trotz seiner Verlustpartien als ein äußerst zäher Gegner eingestuft werden muss.
Nach einem komplizierten Tausch von Dame gegen zwei Türme entstand in der letzten Partie dann ein Endspiel, in dem die schwarze Dame wegen der offenen weißen Königsstellung die Kraft des Turmpaares aufwiegt, da die Türme weitgehend an die Verteidigung ihres Königs gebunden sind.
Endstand also: 6 1/2 : 3 1/2.
Partieverlauf
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | Endstand | |
Novag Super Constellation | 1 | 0 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 0 | ½ | 6½ |
Fidelity Elite A/S 4.6 MHz | 0 | 1 | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | 1 | ½ | ½ |
Turnierpartien
Bewertung des Wettkampfes
Kommen wir an dieser Stelle noch einmal auf das in der Einleitung gesagte zurück: Ist die Werbung für den neuen Super Constellation nun nur ein billiger Presse-Trick oder handelt es sich um ein bahnbrechendes Schachcomputer-Modell?
Die "Spiele mit Elozahlen" sind inzwischen bereits so oft und so zweifelhaft von verschiedenen Herstellern vorgeführt worden, dass sich eine Firma heutzutage damit eher dem Verdacht maßloser Angeberei aussetzt, als ihrem Produkt einen guten Ruf zu verschaffen. Eine geschickte Understatement-Werbung, bei der die ersten Testberichte und Käufereindrücke die Aussagen der Hersteller noch überholen, wäre die beste Reklame überhaupt, nämlich die zufriedener Kunden, die das Gerät "herumsprechen". Ganz abgesehen davon käme sie, was für viele wohl nur als Nebenprodukt von Wert ist, der Wahrheit näher. Das gilt wohlgemerkt für andere Firmen nicht weniger als für Novag.
Obwohl die Ankündigung des Super Constellation also übertriebene Erwartungen ausgelöst hat, die nicht so leicht zu befriedigen sind, halte ich dieses Programm bei aller Skepsis doch für bahnbrechend, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Das größte Problem schneller und taktisch gefährlicher Typ-A-Programme war bisher ihr mangelndes Positionsverständnis. Umgekehrt neigen Typ-B-Programme wegen ihrer umfangreichen Bewertungsfunktionen zu Langsamkeit und taktischen Schwächen. Mit dem Super Constellation scheint es erstmals gelungen zu sein, menschliches Positionsverständnis in ein schnelles und taktisch gefährliches Typ-A-Programm einzubauen.
2. Diese Verknüpfung scheint zwar bisher nur in Teilbereichen umgesetzt worden zu sein (Qualitätsopfer, Königsangriff, Springer-Läufer-Endspiel, Mattwendungen usw.), aber eine Ausdehnung solcher Kenntnisse auf andere Bereiche (z.B. Minoritätsangriff am Damenflügel, bestimmte Bauernstrukturen und Figuren-Gruppierungen in geschlossenen Stellungen, Turmendspiel-Typen) hätte weitreichende Folgen für die Spielstärke des jetzt bereits sehr beeindruckenden Gerätes. Mit anderen Worten: Es stecken noch einige Möglichkeiten in dieser Art von Programm.
3. Bereits die jetzigen Fähigkeiten reichen aus, um exzellente "Blitzer" in Verlegenheit zu bringen und auf Turnierstufe ein anderes Spitzengerät wiederholt mit Mattangriffen zu schlagen, einmal sogar (ohne eingebaute Eröffnungsfalle) in 27 Zügen.
Der Super Constellation ist kein unwiderstehlicher Super-Computer, aber sicherlich eine der interessantesten Neuerscheinungen des Jahres '84. Auch einen weiteren Spitznamen hat er sich auf Grund seiner Fähigkeiten, die gegnerische Königsstellung für ein Matt zu öffnen, verdient: Der "Safe-
Knacker".