Mephisto Magellan

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Mephisto Magellan
Modulset
Hersteller Saitek
Markteinführung 1998
CElo 2241
Programmierer Morsch, Frans
Prozessor SH7034
Prozessortyp 32 Bit
Takt 20 Mhz
RAM 4 KB + 512 KB RAM für Hashtables
ROM 64 KB
Bibliothek 50.000 Halbzüge
Einführungspreis 998 DM
Rechentiefe 23 Halbzüge
BT-2450
BT-2630 2244
Colditz
Verwandt Mephisto Atlanta, Mephisto Senator
Zugeingabe Magnetsensoren
Zugausgabe LC-Display und 64 Feld LEDs
Display 5-stellige 7-Segment Anzeige
Stromversorgung HGN 5009
Spielstufen 64
Maße abhängig vom verwendeten Brett
Sonstiges
Werbeprospekt für Modul-Set New York
  • Saitek kündigte dieses Modulset bereits im Jahr 1996 unter dem Namen "New York" an.
  • Enthält Datenbank für Bauernendspiele und beherrscht das Endspiel KB-K perfekt.
Level Info
Bedenkzeit Level
30 Sek. / Zug 8 (a8)
30 Min. / Partie 29 (d5)
60 Sek. / Zug 10 (b2)
60 Min. / Partie 31 (d7)
Turnier 21 (c5)
Analyse 40 (e8)

Nach langer Ankündigungszeit von über 2 Jahren kamen im Dezember 1998 endlich zwei neue Spitzenmodule für die Besitzer der Bretter der modularen Reihe (Modular, Exclusive, München) auf den Markt: Senator und Magellan. Diese boten die gleiche Technik wie die bereits geraume Zeit zuvor lancierten Modelle Milano Pro (Nachfolger 2003: Master Chess) und Atlanta.

Das Modulset Magellan zeichnet sich durch eine sehr hohe Spielstärke in der Größenordnung von etwa 2150 Elo-Punkten aus und besitzt eine sehr gute Ausstattung sowie eine große Eröffnungsbibliothek (50.000 Halbzüge).

Der Magellan ist eigentlich ein "Fritz" im Brett, d. h. sein Stil ist sehr stark taktisch geprägt. Für ihn gibt es nur eine Richtung im Spiel - Angriff. Wenn er erst einmal in Fahrt gekommen ist, haben selbst Geräte wie der R30 so ihre Probleme. Der große Schwachpunkt aber ist das Endspiel. Wenn sich keine Angriffspunkte in der Partie finden, sie in positionellen Bahnen verläuft, wird es schwer für den Magellan. Zwar kann er sich viele Wissenslücken errechnen, aber wenn reines Endspielwissen gefragt ist, versagt er häufig recht kläglich.

Hard- und Software sind bis auf die Hash-Table RAMs identisch mit dem Mephisto Senator. Die Software wurde vom Mephisto Atlanta entlehnt und geringfügig verändert, u. a. damit sie automatisch mit und ohne Hash-Tables spielt. Allerdings sind Senator und Magellan trotz der späteren Entwicklung etwas schwächer als der Atlanta.

Kleiner Fritz im Brett

Die Mephisto-Module Senator und Magellan (aus Computerschach und Spiele / Heft 2 / April-Mai 1992)

Lange mussten die Besitzer eines Mephisto Schachcomputers der modularen Serie auf ein neues spielstarkes Modul warten. Im Dezember 1998 erbarmte sich die Firma Hegener+Glaser dann endlich und brachte Magellan und Senator auf den Markt. Karsten Bauermeister hat sich die beiden Modulsets für CSS angeschaut.

1983 war ein geschichtsträchtiges Jahr im Computerschach: Zum Weihnachtsgeschäft kam nämlich von der deutschen Firma Hegener+Glaser ein neues Schachcomputersystem auf den Markt, dem ein großer Erfolg beschieden sein sollte - die sogenannte modulare Reihe. Diese bestand zunächst aus. den Modellen Exclusive (einem Holzbrett mit einer Kantenlänge von 40 cm) und Modular (Kunststoff, 36 cm Kantenlänge). 1985 kam dann noch das turniergroße Holzbrett München hinzu. Allen dreien gemeinsam ist das Modulsystem mit drei Schächten in einer Schublade.

Über die Jahre gab es eine ganze Reihe von Programmen, die das Gerät bis zum heutigen Tage aktuell bleiben ließen. Doch mit dem Aufkommen leistungsstarker PCs schrumpfte der Markt für Schachcomputer immer mehr, was dazu führte, dass die Entwicklung wirklich spielstarker Module unter dem Druck der PC-Programme nicht mehr lohnte und schließlich unterblieb. 1996 wurden jedoch auf der Nürnberger Spielwarenmesse zwei neue Module für den oberen Spielstärkebereich angekündigt: Boston und New York. Deren Markteinführung dauerte dann allerdings fast drei Jahre bis zum Dezember 1998, und ihre Namen wurden in Magellan und Senator geändert.

Alte Bekannte

Gänzlich neu sind diese Module allerdings nicht. Als Komplettgeräte Atlanta und Milano Pro sind die Programme bereits seit geraumer Zeit erhältlich. Neu ist lediglich, dass sie nun endlich auch den Besitzern der modularen Geräte zur Verfügung stehen und die schönen Bretter wieder mit einem aktuellen Programm ausgerüstet werden können. Das Modul Magellan (798,- DM) entspricht dem Atlanta, und das Modul Senator (498,- DM) dem Milano Pro. Das teurere Modul verfügt über Hashtables und eine kleine Datenbank für das Endspiel König + Bauer gegen König. Über die Größe der Hashtables schweigen sich sowohl die Anleitung als auch der aktuelle Prospekt aus; doch das Modul selbst zeigt bei der Initialisierung die verräterische Zahl 512 an. Ein dezenter Hinweis auf den Speicher für die Hashtabellen (512 KByte). Nicht eben üppig, aber bei der geringen Rechengeschwindigkeit ausreichend. Besitzer sehr alter Bretter (vor 1985) sollten wissen, dass die Module zwar kein besonderes Netzteil benötigen, aber unter Umständen die Spannungsversorgung des Brettes dennoch ein Update braucht.

Hundertstel Bauern

Die Programme von Magellan und Senator sind sehr ähnlich, aber nicht identisch. In vielen Positionen kann man in der Stellungsbewertung Abweichungen von einem Hundertstel Bauern feststellen! Unterschiede in der Spielführung konnte ich jedoch nicht beobachten. Die Spielstärke ist in Schweden mittlerweile in mehreren hundert Partien ausgetestet worden. Dort standen im Januar 1999 Elozahlen von 2082 für den Milano Pro (Senator) zu Buche, der Atlanta (Magellan) lag sogar bei 2182. Zum Vergleich: Das bekannte Vancouver 32-Bit-Modul wurde zuletzt mit nur 2159 Elo notiert, das Risc-Modulset mit 2200. Technisch und vom Programm her liegt Magellan damit also ziemlich weit oben.

Ausstattung komplett

An der Ausstattung gibt es nur wenig auszusetzen. Komplette Spielstufeneinteilungen, ein veränderbarer Infomodus, verschiedene Einstellungen der Eröffnungsbibliothek (Aktiv, Passiv, Vollständig, Turnier), Bronstein Zeitmessungsmodus, Stellungsspeicher und eine supereinfache Stellungseingabe sind völlig aus-reichend. Besonders letztere verdient Erwähnung. Wie vor Jahren bei den Weltmeisterprogrammen und den meisten Novag-Schachcomputern ist es nämlich möglich, komplette Stellungen unter Umständen mit nur zwei Tastendrücken aufzubauen! Das geht so: Im Positionsmodus wird nicht das Brett gelöscht, sondern sämtliche Figuren werden einfach umgestellt. Der Computer springt beim Entfernen eines Steines jeweils auf die entsprechende Farbe und Figur, und diese kann beliebig neu platziert werden. Auf diese Weise müssen nur Tasten gedrückt werden, wenn Figuren eingesetzt werden sollen, die zuvor nicht auf dem Brett waren. Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Weniger gut gefallen hat mir, dass bei Partien, in denen der Computer die weißen Steine führt, grundsätzlich automatisch das Brett gedreht wird, und dass nur die eine laufende Partie gespeichert werden kann, nicht mehrere. Auch die Platzierung des unseligen ACL-Schalters an der Unterseite des Moduls ist unpraktisch. Wenn es schon diese fürchterliche Reset-Funktion geben muss, dann doch bitte oben auf dem Modulgehäuse wie einst beim Renaissance.

Gipfeltreffen

Zuständig für die Spielstärke der Module ist Frans Morsch (der Autor von Fritz), der mittlerweile für sämtliche Programme im Hause Saitek/ Mephisto verantwortlich zeichnet. In einem älteren Prospekt fand sich daher nicht ganz zu Unrecht der Hinweis, dass es sich um ein »weiterentwickeltes Weltmeisterprogramm« handele. Zwar wurde der Atlanta bereits besprochen (CSS 6/97, S.45). Doch ein paar Partien mussten aber dennoch gespielt werden, um die Spieleigenschaften des Programms zu demonstrieren. Als Gegner kam eigentlich nur ein Programm in Frage: Der CSS-Sieger bei den Geräten über 500,- DM, Novags Sapphire de Luxe. Wie es sich für die Stärksten ihrer Klasse gehört, schenkte keiner dem anderen etwas, und der Wettkampf ging schließlich denkbar knapp aus. Am Ende hatte das Magellan-Modul mit 5,5:4,5 die Nase vorn. Sämtliche Partien befinden sich selbstverständlich wieder auf der Service-Diskette. Sie waren allesamt spannend, wenn auch bei weitem nicht fehlerfrei. Gleich die erste Partie zeigte Stärken und Schwächen der beiden Kontrahenten.

Beide Programme können ihre Wurzeln nicht verleugnen. Das Magellan-Modul als klassisches Morsch-Programm rechnet im Schnitt einen, manchmal sogar zwei Halbzüge tiefer als der Sapphire, scheint aber positionell nicht ganz so gut zu spielen wie das Novag Gerät. Das Kittinger-Programm hingegen opfert gern mal Material für Angriff, scheitert jedoch gelegentlich an seinem mangelnden Rechenvermögen. Die vierte Partie des Wettkampfes ist ein weiteres gutes Beispiel für diese These.

Die neunte Partie zeigte deutlich die Grenzen eines 32-Bit Single-Chips mit lediglich 512 KB Hashtables auf. Es entstand ein interessantes Endspiel, das durchaus einige Gewinnaussichten für Schwarz aufwies, doch das Magellan-Modul verpasste die Möglichkeit. Eine nachträgliche Überprüfung ergab, dass auch gute PC-Programme in dieser Stellung lange brauchen, um den richtigen Weg zu finden.

In Stellungstests kann das Magellan-Modul hingegen nicht glänzen, zumindest, wenn man als Maßstab heutige PC-Programme der Spitzenklasse ansetzt, die um den Faktor 100 bis 150 schneller rechnen (Magellan ca. 3000 Stellungen pro Sekunde, Fritz 5 bis zu 500.000). Im BS-Test versagt das Programm fast gänzlich. Nur zwei gefundene Lösungen (Aufgaben Nr. 2 in 13'27" und Nr. 27 in 5'00") dokumentieren, dass der Abstand zu den PC-Programmen doch beträchtlich ist! Der Test ist einfach zu schwer für heutige Brettcomputer.

Kleine Programmfehler

Bei dieser Gelegenheit konnte ich noch ein überaus merkwürdiges Verhalten im Zusammenhang mit der dreimaligen Stellungswiederholung feststellen. Gibt man eine zweimalige Zugwiederholung im Monitormodus vor und lässt das Programm danach rechnen, bewertet es die dritte Zugwiederholung während des Rechnens nicht mit 0.00. Steht das Programm also schlechter, kann es sein, dass es die Gelegenheit zum Remis bei diesem erstmaligen Rechnen sogar auslässt! Im Spiel erkennt das Magellan-Modul Zugwiederholungen aber bereits im Suchbaum, wie jedes gute Schachprogramm. Einen kleinen Programmfehler zum Glück der harmloseren Art - konnte ich schließlich noch im Selbstspielmodus entdecken: Lässt man eines der Module auf einer höheren Stufe im Autoplay agieren, spielt das Programm nach einer Weile Blitzschach. Der Grund hierfür dürfte sein, dass die verbrauchten Zeiten intern auf eine Uhr gerechnet werden und das Modul daher in Zeitnot gerät. Dieses merkwürdige Verhalten weisen Atlanta und Milano Pro übrigens nicht auf.

Diese Punkte dürften jedoch potentielle Käufer nicht schrecken. Wer anspruchsvolle Analysen durchführen möchte, besitzt heute einen PC. Nicht nur, dass der aufgrund der schnelleren Komponenten bessere Ergebnisse liefert, auch die umfangreichere Ausstattung (Analyse- und Datenbankfunktionen) machen dies fast unumgänglich. Gegen die schönen Holz-Schachcomputer wird jedoch in der Regel selbst gespielt, und dafür reichen die fast 2200 Elopunkte für die meisten Spieler vollkommen aus. Daher ist es uneingeschränkt zu begrüßen, dass es mit dem Magellan und dem Senator endlich wieder spielstarke Programme für die weit verbreiteten modularen Geräte gibt. Hoffen wir, dass es nicht die letzten bleiben.

Beispielpartien

  • Angriffspartie


  • Endspielschwäche

YouTube Video by Vince Gum