Novag Citrine
Novag Citrine | ||
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Hersteller | Novag | |
Markteinführung | 2006 | |
CElo | 2084 | |
Programmierer | David Kittinger | |
Prozessor | H8/3687 | |
Prozessortyp | {{{Prozessortyp}}} | |
Takt | 20 MHz | |
RAM | 3 KB | |
ROM | 56 KB | |
Bibliothek | 24.000 Halbzüge | |
Einführungspreis | 275 € | |
Rechentiefe | {{{Rechentiefe}}} | |
BT-2450 | 1997 | |
BT-2630 | 1974 | |
Colditz | - | |
Verwandt | Obsidian, Star Ruby | |
Zugeingabe | Magnetsensoren | |
Zugausgabe | 81 Feld-LEDs | |
Display | 6-stelliges externes LCD Display | |
Stromversorgung | Novag 8220, 9,0V / 0.3A (Plus außen!) | |
Spielstufen | 64 | |
Maße | 37 x 37 x 3,5 cm Material: Holz | |
Sonstiges | ||
abnehmbares Display / PC-Anschluss / als PC-Brett mit Arena verwendbar |
Einführung
Natürlich leitet sich Citrine von citrus = Zitrone ab, meint hier aber freilich - wie bei den anderen Edlen von Novag - das Mineral: Citrine sind Quarze mit einer zitronengelben Farbnote. Mit dem Citrine brachte Novag im November / Dezember 2006 (übrigens verbindet man den Zitrusquarz mit dem Geburtsmonat November) endlich ein neues Gerät mit Holzbrett auf den Markt, das nach den ersten Ankündigungen im September 2006 nicht nur bei Novag-Fans freudige Erwartungen weckte. Leider hat das neue Gerät nicht den stärksten Novag-Schachmotor: dies wäre der Star Diamond gewesen, der zuvor zum Bedauern vieler Schachcomputer-Freunde aus dem Programm genommen worden war.
Bei dem Brett handelt es sich um das Universal Electronic Chess Board, das mit dem Programm des Obsidian ausgestattet, allerdings ohne dessen Zeitmanagementfehler zu übernehmen und damit zu einem Schachcomputer komplettiert worden ist. Das UCB war im August 1996 erschienen (Verkaufspreis damals ca. 500 DM) und lag zuletzt bei ca. 200 Euro.
Tatsächlich trugen die ersten Geräte auch den Schriftzug des UCB, ergänzt um den Namen Citrine rechts neben dem Firmennamen.
Aktuell (Mai 2007) ist der Citrine vergriffen, wird aber wieder produziert und wohl im Sommer 2007 wieder auf dem Deutschen Markt verfügbar sein - mit gleichem Schachprogramm und gleicher Ausstattung wie bei der vorhergehenden Produktion.
Ausstattung
Mit einem ca. 30 cm x 30 cm großen reinen Magnetsensor-Spielfeld (Feldgröße 3,8 cm x 3,8 cm) und einer Königshöhe von 6 cm ist das Holzbrett etwas größer als z.B. beim Mephisto Academy und spielt sich angenehm, zumal 81 Feld-LEDs für eine klare Zuganzeige sorgen. Ansonsten ist die Ausstattung spartanisch, insbesondere, wenn man bedenkt, dass der Citrine das aktuelle Spitzengerät von Novag darstellt: Die Spielstufen sind nicht programmierbar, sondern über die 64 Felder vorgegeben. Echte Turnierbedenkzeiten mit 2. Zeitkontrolle lassen sich nicht einstellen, ebensowenig z.B. "Fischer-Uhr", eine Bedienzeit oder andere moderne Zeitvarianten. Die Eröffnungsbibliothek hat keine Einstellmöglichkeiten wie z.B. Turnier, Gambit etc. und ist auch nicht erweiterbar.
Der Spielstil kann nur insofern modifiziert werden, als ein "Zufallsgenerator" fünf verschiedene Einstellungen bietet, die dafür sorgen, dass nicht immer der vom Programm als bester eingeschätzte Zug gespielt wird. Die Berechnung während der gegnerischen Bedenkzeit kann ausgeschaltet werden.
Batteriebetrieb ist leider nicht möglich, was zur Folge hat, dass Partien nach Ausschalten und Trennen vom Stromnetz nicht lange gespeichert bleiben. Eine Backup-Batterie wurde dem Citrine nämlich auch nicht spendiert. Abhilfe kann man dank dieser sehr anschaulichen Anleitung für den Einbau einer Batteriepufferung relativ leicht selbst schaffen: siehe hier im Forum [1].
LCD-Anzeige
Das abnehmbare Display-Modul hat eine sechsstellige 7-Segment-Anzeige, bei der jeweils zwischen zwei der sechs Stellen Sonderzeichen (z.B. für Schach oder Schlagzüge) darstellbar sind. Darüber befindet sich noch eine schmale Zeile mit einem Feld zur Anzeige der Farbe und der sechs verschiedenen Figurentypen. Angeschlossen wird das Display mittels eines RJ-12-Steckers, also einem Standard-Telefonstecker mit 6 Kontakten. Der Anschluss am Brett befindet sich hinten rechts; da das Kabel mit 7 cm kurz ausfällt, müsste man es verlängern wenn man die Anzeige weiter vorn haben möchte.
Angezeigt werden fortlaufend wechselnd folgende Informationen:
1. berechnete Variante (erst der favorisierte Halbzug des Citrine, bei tieferer Berechnung max. bis zu 3 Halbzüge, die hintereinander angezeigt werden)
2. Stellungsbewertung in Bauerneinheiten (z.B. 00.33 bedeutet, der Citrine sieht sich mit ca. 1/3 Bauer im Vorteil)
3. Rechentiefe in Halbzügen (z.B. d 07 heißt, dass 7 Halbzüge tief gerechnet wird)
4. Anzahl der noch zu berechnenden Züge (ersten 2 Stellen) und Gesamtanzahl der aktuell legalen Züge (letzten 2 Stellen)
5. Anzahl der berechneten Stellungen pro Sekunde (z.B. 47 90 n bedeutet, der Citrine berechnet 4790 Stellungen pro Sekunde)
6. verbrauchte Zugzeit
und wieder von vorn. Trotz dieser vielen Informationen gibt es keine Anzeige der Restbedenkzeit in den Blitzstufen. Freilich reklamiert der Citrine im Fall des Falles durchaus eine Zeitüberschreitung. Ein echter Nachteil, wenn man gern Blitzpartien spielt - dann interessieren die angezeigten Informationen kaum und die einzig entscheidenden fehlen.
Trotz der vergleichsweise bescheidenen Ausstattung hat der Citrine auch einen innovativen Trumpf zu bieten:
PC-Verbindung
Der Citrine wird mit einem 2m langen PC-Anschlusskabel geliefert. Am Schachcomputer oder am Display-Modul wird ein RJ-12-Stecker verwendet, am PC ein nicht ganz zeitgemäßer kleiner (weiblicher) serieller Anschluss (RS232). Ein Adapter RS232 - USB funktioniert, es fragt sich jedoch, warum Novag den Citrine nicht gleich mit einem USB-Anschluss ausstattet. Unerfreulich: Was man mit dem PC-Anschluss schönes anfangen kann, wird in der Bedienungsanleitung nicht erklärt; diese beschränkt sich auf eine schematische Darstellung der Verbindung. Einen Treiber oder gar eine Kommunikationssoftware sucht man vergeblich im Lieferumfang. Zum Glück bietet die Freeware Arena in der Version 1.99 beta 4 einen recht gut funktionierenden Novag-Treiber, so dass man
- den Citrine gegen jede Engine unter Arena spielen lassen
- selbst auf dem Citrine-Brett gegen jede Engine unter Arena spielen
- gegen den Citrine bei gleichzeitiger Hintergrundanalyse durch jede Engine unter Arena spielen
kann. Das bietet den schönen Komfort, diese Partien auch alle speichern zu können.
Über die PC-Verbindung ist es wohl (nach einer Jumper-Umstellung, für die das Gerät aufgeschraubt werden muss) möglich, ein Programm-Update einzuspielen. Wenn dieser Ansatz in Nachfolgemodellen noch verbessert wird, könnten sich ganz neue Perspektiven eröffnen. Im Grunde wäre ein solches Gerät dann die "Weiterentwicklung" des modularen Systems.
Verarbeitungs- und Materialqualität
Die Verarbeitung ist nicht zu beanstanden, die Qualität des Holzbrettes jedoch eher grenzwertig. Auf dem Bild (1.Serie...) sieht man bei entsprechender Vergrößerung, dass die Qualität sicherlich (noch) akzeptabel ist, die kleinen Schäden auf f2 und g3 sind aber dem weichen Material geschuldet. Das Furnier - oder handelt es sich um ein Imitat? - erscheint sehr dünn, so dass man bei normal sorgfältigem Gebrauch schnell kleine Druckstellen auf dem Brett haben kann. Die Figuren wirken hochwertiger als das Brett. Verglichen mit den alten Holzbrettern beim Mephisto Monte Carlo und Mephisto Academy wirkt das Brett leider deutlich anfälliger. Fairer Weise muss man sagen, dass diese Geräte preislich auch höher lagen als der Citrine.
Nachtrag: Aufgrund der schlechten Brettqualität, legte Novag Ende 2007 eine neue, dritte Citrine Serie auf, welche keine Mängel mehr aufzeigte.
Spiel- und Bedienkomfort
Durch die Ausstattung mit 81 Feld-LEDs lässt sich die Zuganzeige stets gut ablesen. Leider ist die Zugeingabe nicht besonders komfortabel: Beim Schlagen muss man die ziehende Figur zuerst anheben - man kann nicht (wie z.B. bei Mephisto-Geräten) die zu schlagende Figur als erstes vom Brett nehmen und dann den Spielzug ausführen, dies wird vom Citrine nicht erkannt. Besonders schnell kann man auch nicht spielen, sonst kann einem der Citrine nicht folgen und man muss erst wieder die dem Computer noch vertraute Stellung aufbauen. Manchmal kommt es zu einem Fehler, bei dem keinerlei Eingabe mehr akzeptiert wird. Dann hilft es, mindestens drei beliebige Figuren vom Brett zu nehmen, um in den "Verify-Modus" zu kommen, mit dem die Figurenstellung überprüft werden kann. Im Display werden dann nacheinander die fehlenden Figuren und Felder angezeigt, auf dem Brett leuchten die entsprechenden Dioden.
Das Konzept der Bedienung mit nur einer Taste, die sich hinten rechts bei den übrigen Anschlüssen befindet, und dann weiter durch Auswahl von zugeordneten Feldern ist etwas gewöhnungsbedürftig aber durchaus möglich. Wahrscheinlich kann man es weder innovativ noch misslungen nennen, es ist zumindest akzeptabel und gibt dem Gerät eine gewisse schlichte Eleganz. Den seltsamen dunklen Extrastein (auf dem Bild hinten rechts zu sehen) muss man für die Auswahl der Bedienung nicht verwenden, es kann jeder beliebige Spielstein genommen werden.
Spielweise und Spielstärke
Wohl ungefähr seit dem Super-Conny haben die Kittinger-Programme eine große Fan-Gemeinde. Kann man die Spielweise des Citrine noch mit den "intuitiv" erscheinenden Qualitätsopfern des Super-Conny vergleichen? Vielleicht müsste man solche Glanzpartien mit dem Citrine analysieren, um diese Frage beantworten zu können. "PSH-Algorithmen"? wohl Fehlanzeige. Tatsächlich erscheint die Spielweise des Citrine (Obsidian / Star Ruby) eher nüchtern. Es fällt auf, dass die Entwicklung der Figuren in und nach der Eröffnung beherzigt wird und in taktischen Varianten eine gewisse Stärke zu sehen ist. Im Übrigen: der Citrine spielt einigermaßen materialistisch und kein auffällig schönes Schach.
Die Einschätzung der Spielstärke dürfte sich bei DWZ 2.000-2.050 einpendeln; wenn die Eröffnungsbibliothek besser wäre, könnte der Citrine locker 100 DWZ-Punkte stärker sein. Erstens sind die Eröffnungsvarianten ziemlich breit angelegt und dabei in einigen Abspielen derart früh abgeschnitten, dass der Citrine gar keine Chance bekommt, gut ins Spiel zu gelangen. Als Beispiel sei 1. e4 - c6 2. d4 - d5 3. e5 genannt, wo der Citrine rechnet und dann den fragwürdigen Zug 3.- e6 findet. Auch die gängige Variante 1. e4 - c6 2. d4 - d5 3. Sc3 kennt er nicht! Nur die Abtauschvariante 3. exd5 scheint man berücksichtigt zu haben, was er übrigens von seinen Vorgängern geerbt hat! Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass das Buch des Citrine fast 3x größer sein soll...
Zweitens macht das Buch überhaupt nicht den Eindruck, als käme es der Spielweise des Citrine besonders entgegen.
Beispielpartien
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1. Sf3 Sc6 2. c4 e5 3. Sc3 Sf6 4. g3 d5 5. cxd5 Sxd5 6. Lg2 *
6... Le6 7. |
Die Turnierpartie zeigt sehr schön den Stil des Novag Citrine. Donnerndes Kombinationsspiel sucht man vergebens, auch vom spekulativen Spiel eines Novag Star Diamond ist nichts zu sehen. Der Citrine wählt zumeist den soliden positionellen Weg und versucht seinen Partien einen leicht aktiven Anstrich zu verleihen. Die Schwachstellen im Spiel des Citrine zeigen sich u.a. in der Zentrumsbeherrschung, Läuferpaar Einschätzung oder auch in der Freibauernbehandlung, was sich auch im anschließenden Aktivschachturnier (Partie 4) gegen den Mephisto Academy zeigt.
Zum Nachspielen, bitte Ergebnisse anklicken!
Fazit
Am Ende bleiben Licht und Schatten:
- ein aktuelles Holzgerät
- schöne Figuren, anfälliges Brett (Serie 1 und 2)
- PC-Schnittstelle (veraltet)
- die Spielstärke befriedigend
- die Eröffnungsbibliothek mangelhaft
- nur eingeschränkt blitztauglich
- gute konzeptionelle Ansätze
- fairer Preis