Novag Super Expert B

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Novag Super Expert B
Hersteller Novag
Markteinführung 1989
CElo 2026
Programmierer Kittinger, David
Prozessor 65C02
Prozessortyp 8 Bit
Takt 5 und 6 MHz (Quarzoszillator 10 und 12 MHz)
RAM 8 KB
ROM 96 KB
Bibliothek 32.000 Halbzüge + ca. 700 programmierbare
Einführungspreis 1595 DM (800 €)
Rechentiefe 28 Halbzüge
BT-2450 1907
BT-2630 -
Colditz -
Verwandt Novag Super Forte B
Zugeingabe Magnetsensoren
Zugausgabe 64 Feld-LEDs
Display 16 st. Punktmatrix
Stromversorgung Novag 8220, 8.5V / 0.8A AC
Spielstufen 64
Maße 47,3 x 40 x 4,9 cm / Spielfläche: 32 x 32 cm / Königshöhe: 7,8 cm
Sonstiges
Zubehör: Novag Chess Printer und s.h. Novag Super System / Tuning: 7 - 9 MHz vereinzelt möglich
Level Info
Bedenkzeit Level
30 Sek. / Zug A3
30 Min. / Partie C5
60 Sek. / Zug A4
60 Min. / Partie C6
Turnier A7
Analyse Infinite Level

1989 gab es das erste von zwei Programmupdates für den Novag Super Expert. Die Umrüstung wurde für ~100 DM (= ca.50 Euro) durch die Firma Zens aus Nürnberg durchgeführt. Zur erweiterten Ausstattung gehörten nun der Grad der wählbaren selektiven Zugberechnung, einstellbar von 0-7 (Grundeinstellung Sel 3), abrufbare Informationen der gespielten Züge, Stellungskontrolle, Info und Ton.

Thorsten Czub in der CSS 4/90:

Dave Kittinger hatte mit seinen PSH-Algorithmen für viel Freude und Erstaunen gesorgt. Heiße Partien und viel Spielwitz waren die Früchte seiner Arbeit. Doch wo soviel Licht ist, ist auch Schatten. Es kam nicht selten vor, dass die Opfer des Novag Super Constellation nicht korrekt waren, die Angriffe verliefen im Sande. Bei einer durchschnittlichen Rechentiefe von 5 bis 6 Halbzügen zeigte sich das Gerät in den folgenden Jahren den Konkurrenzprodukten nicht gewachsen.
Kittinger versuchte Verschiedenes: Mal erhöhte er die Anzahl der PSH-Algorithmen derart (beim damaligen Expert), dass das Gerät hin- und hergerissen zwischen statischer und dynamischer Berechnung weder ein noch aus wusste; oder er nahm sie drastisch zurück (Forte AB). Beide Versuche waren nicht sehr glücklich und Novag konnte den Anschluss an die Weltspitze nicht halten.

Very Selective Search

Das änderte sich zum Teil mit der Einführung der Super-Forte/Fxpert-Geräteserie. Neben den unglaublich vielfältigen Bedienungsmöglichkeiten gab es auch deutliche Fortschritte in der Spielstärke. Fast schon klammheimlich hatte Kittinger nämlich neue selektive Strategien eingebaut, die über den Rechenhorizont von 5 bis 6 Halbzügen hinausführten. Im Suchbaum wurden nunmehr ausgewählte und für gut befundene Varianten tiefer gerechnet. Das war die berühmte "VSS" (die Very Selective Search). Damit kam der Super-Forte A mitunter selbst in ruhigen Stellungen (in Schlag- und Schachstellungen vertiefen die Programme automatisch, bis eine "ruhige" Endstellung erreicht ist) bis in den achten Halbzug.

Leider war das ganze Verfahren noch etwas unausgegoren, so daß der Super-Forte A bei eingeschalteter Selektiv-Stufe in der Spielstärke vielleicht sogar etwas abnahm. Jedenfalls hat ein schweizer Eidgenosse und Schachtester herausgefunden, dass er bei ausgeschalteter VSS und eingeschaltetem Zufallsgenerator besser spielte (siehe CSS 2/89 S.36ff). Kurt Utzinger konnte dieses obskure Verhalten mit Stellungen beweisen und verwirrte damit viele Novag-Fans: War der Super-Forte A nun stärker mit oder ohne selektiver Vertiefung?

Gott sei Dank brauchten wir das nicht voll auszutesten, denn bald danach erschien die B-Version des Programms - und mit ihr der Durchbruch. Kittinger verbesserte sein Programm ganz grundlegend in allen Partiephasen: die Eröffnungsbibliothek wurde überarbeitet, die Übergänge ins Mittelspiel harmonischer abgestimmt, das Endspiel verbessert. Auch die Features und der Bedienungskomfort kamen nicht zu kurz. Der Clou aber war: Die beim Super-Forte A fest eingestellte VSS wurde nun erheblich verfeinert und als SS (selective search = selektive Suche) neugeboren, wobei man den Grad der selektiven Suche selbst bestimmen konnte. In acht Stufen zwischen 0-7 Halbzügen konnte man den Super-Forte B zwischen reiner Brute Force ("sel.0") bis hochselektiv ("sel.7") einstellen.

Voreingestellt war bei Bedenkzeiten bis zwei Minuten die Stufe 3. Damit kam ein Super-Forte B auf Turnierstufe meist in den achten Halbzug Rechentiefe. Und der Trick dabei: Diese drei Halbzüge Vertiefung rechneten in den meisten Fällen nicht an Schlüsselzügen vorbei. Das wirkte sich in vielen Fällen so aus, als ob der Super-Forte B acht Halbzüge erfassend durchrechnete, denn die meisten Kombinationen löste er bereits auf Turnierstufe! Die selektive Spitze (egal in welcher Einstellung) rechnet bei der B-Version in 95% der Fälle nicht an den relevanten Zügen vorbei.

Wie sich das in der praktischen Partie auswirkte, zeigte das Dilberg-Blitzpokal-Turnier, das im Jahr 1989 vom Schachklub Postbauer-Heng veranstaltet wurde. Unter den Teilnehmern waren auch die ungarische FGM Ildigo Madl (Elo 2310) und FM Ralph Götz von München 1836. Was tat der Super-Forte B? Der Supertaktiker schlug sie alle und landete auf Platz 1 mit 19 Punkten, vor der 2. Madl mit 18,5 und dem 3. Götz mit 18 Punkten. Da staunte man nicht schlecht. Dabei ist so ein Computer von der Zeit her noch sehr benachteiligt, da die Bedienung des Drucksensorbrettes im Blitztempo nicht immer einfach ist. Scheinbar reichten diese Nachteile nicht aus, den überlegen spielenden Super-Forte B zu bremsen.

In Turnierpartien gegen andere Schachcomputer zeigte sich der Super-Forte B von seiner besten Seite: dem feurigen Kombinationsschach! Gegen die großen Spitzengeräte der Konkurrenz holte er stets im Schnitt seine 50% ab - so gegen den Analyst D 8 MHz (5:5), den Dominator 2.04 (auch 5:5) oder Psion ST (hier verlor er knapp 6:4). Gegen den neuen Bit-Riesen Mephisto Portorose hatte er keine richtige Chance, konnte aber mitunter die eine oder andere Partie sehr hübsch gewinnen. Hier ein schönes Beispiel:

Fazit: Das B-Programm war eine große Bereicherung, es hatte sowohl taktisch wie auch strategisch eine Menge dazugelernt.




Weitere Partiebeispiele:

YouTube Video by Vince Gum